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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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der zuständige Funker zum Telefon und rief drei Funkpeilstationen an: zwei in Süddeutschland, nämlich in Augsburg und Nürnberg, und eine in der Bretagne, und zwar in Brest. An die gab er die Frequenz des Schwarzsenders durch. Die Suchstationen waren mit Goniometern ausgestattet, Apparaturen zur Winkelbestimmung, sodass sie binnen Sekunden sagen konnten, aus welcher Richtung gesendet wurde. Diese Information wurde dann wieder nach Paris weitergegeben, wo der Funktechniker drei Linien auf eine riesige Landkarte an der Wand zeichnete, an deren Schnittpunkt sich der verdächtige Sender befand. Der Funker benachrichtigte daraufhin telefonisch die nächstgelegene Gestapo-Dienststelle, wo Fahrzeuge mit eigenen Funkpeilgeräten in Bereitschaft standen.
    In einem solchen Automobil, einem langen, schwarzen Citroen, der am Stadtrand von Reims geparkt war, saß Dieter Franck. In seiner Begleitung befanden sich drei Gestapo-Beamte mit entsprechenden Erfahrungen im Aufspüren von illegalen Funkstationen. An diesem Abend brauchten sie keine Hilfe von der Zentrale in Paris: Die Frequenz, derer sich Helicopter bediente, war Franck bereits bekannt. Überdies ging er davon aus, dass Helicopter von irgendeinem Punkt innerhalb der Stadt senden würde – vom freien Land aus war es zu kompliziert. Der Empfänger im Citroen war auf seine Frequenz eingestellt und maß die Sendestärke ebenso wie die Richtung, aus der der Funkspruch kam. Je mehr man sich dem Sender näherte, desto weiter rückte die Nadel auf der Anzeige nach oben.
    Der Gestapo-Beamte, der neben Franck saß, trug unter seinem Regenmantel zusätzlich einen Empfänger samt Antenne. An seinem Handgelenk war ein Messgerät befestigt, das aussah wie eine Armbanduhr und die Stärke des Funksignals anzeigte. Sobald die Suche auf eine bestimmte Straße, einen Häuserblock oder ein Gebäude eingegrenzt war, würde der Mann aussteigen und zu Fuß weitersuchen.
    Der Gestapo-Mann auf dem Vordersitz hielt auf dem Schoß einen Vorschlaghammer bereit, um im Bedarfsfall rasch eine Tür einschlagen zu können.
    Franck hatte einmal an einer Jagd teilgenommen. Die Hatz auf dem Land war nicht unbedingt nach seinem Geschmack, denn er gab den kultivierteren Freuden des Stadtlebens den Vorzug. Immerhin war er ein guter Schütze. Er musste an sein Jagderlebnis denken, während er auf Helicopters verschlüsselten Funkspruch nach England wartete. Es war, als läge er wieder in der Morgendämmerung auf der Lauer: gespannt vor Erwartung, voller Ungeduld der ersten
    Bewegung des Wilds harrend und dabei in vollen Zügen die Vorfreude genießend.
    Die Resistance ist kein Rotwild, dachte er, das sind lauter Füchse, die sich in ihrem Bau herumdrücken und sich nur hervorwagen, um ein Blutbad im Hühnerhaus anzurichten. Danach verkriechen sie sich sofort wieder in ihre unterirdischen Schlupfwinkel. Dass ihm Helicopter durch die Lappen gegangen war, empfand er als persönliche Schmach. Er war so versessen darauf, den Mann wieder in seine Hände zu bringen, dass es ihm kaum etwas ausmachte, dabei auf die Hilfe von Willi Weber angewiesen zu sein. Er hatte nur ein Ziel: den Fuchs zu erwischen.
    Es war ein schöner Sommerabend. Der Wagen parkte am Nordrand der Stadt. Reims war nicht groß, und Franck schätzte, dass man die Stadt mit dem Auto in knapp zehn Minuten von einem Ende zum anderen durchqueren konnte.
    Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr: eine Minute nach acht. Helicopter war heute spät dran. Womöglich sendete er heute überhaupt nicht. Nein, das war unwahrscheinlich. Immerhin hatte er sich heute mit Michel Clairet getroffen. Er würde seinen Erfolg so schnell wie möglich an seine Vorgesetzten durchgeben und ihnen berichten wollen, wie viele Mitglieder der Gruppe Bollinger noch übrig waren.
    Vor zwei Stunden hatte Clairet im Haus in der Rue du Bois angerufen, als Franck gerade dort gewesen war. Was für ein riskanter Augenblick! Stephanie war an den Apparat gegangen und hatte sich mit ihrer Imitation von Mademoiselle Lemas’ Stimme gemeldet. Michel hatte seinen Decknamen genannt und gefragt, ob »Bourgeoise« sich an ihn erinnere – eine Frage, die Stephanie in Sicherheit wiegte, verriet sie ihr doch, dass Michel Mademoiselle Lemas nicht sonderlich gut kannte und folglich auch nicht merken würde, dass er es mit einer Imitatorin zu tun hatte.
    Dann hatte er nach dem Neuen mit dem Decknamen Charenton gefragt. »Das ist mein Cousin«, hatte Stephanie schroff erwidert.
    »Ich kenne ihn seit

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