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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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nicht besser als diese hohlköpfigen Ladenmädchen, die mit ihren Yankees ins Bett steigen, bloß weil die wie Filmstars reden?
    Das Schlimmste war, dass ihre Gefühle für Paul sie inzwischen von ihrem Auftrag abzulenken drohten. Das Leben von sechs Men schen lag in ihrer Hand, dazu ein entscheidendes strategisches Element des Invasionsplans. Es war einfach unangebracht, sich ausgerechnet jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen, ob seine Augen haselnussbraun oder grün waren. Mit seinem großen Kinn und dem abgeschossenen Ohr war er schließlich alles andere als ein Film-Idol … obwohl … obwohl man seinem Gesicht einen gewissen Charme nicht absprechen konnte.
    »Woran denkst du?«, fragte er.
    Flick merkte, dass sie ihn angestarrt haben musste. »Ich frage mich, ob wir die Sache durchziehen können«, log sie.
    »Mit ein bisschen Glück – ja!«
    »Bisher habe ich immer Glück gehabt.«
    Maude setzte sich neben Paul. »Apropos Glück«, sagte sie und klimperte mit den Wimpern. »Kann ich eine von Ihren Zigaretten haben?«
    »Bedienen Sie sich.« Er schob ihr die Lucky-Strike-Packung zu, die auf dem Tisch lag.
    Maude steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, und er gab ihr Feuer. Flick warf einen Blick zur Bar hinüber und fing einen gereizten Blick von Diana auf. Maude und Diana waren dicke Freundinnen geworden, und Teilen war noch nie Dianas Stärke gewesen. Wieso also flirtete Maude jetzt mit Paul? Vielleicht nur, um Diana zu ärgern. Gut, dass Paul nicht mit nach Frankreich kommt, dachte Flick. In einer Gruppe aus lauter jungen Frauen konnte ein Mann wie er für Unfrieden sorgen.
    Sie sah sich in der Gaststube um. Jelly und Percy spielten ein Spiel namens Spoof, bei dem es darum ging, zu erraten, wie viele Münzen der Gegenspieler in der geschlossenen Faust hält. Percy bestellte eine Runde nach der anderen, und zwar mit voller Absicht. Flick musste wissen, wie ihre Dohlen unter Alkoholeinfluss reagierten. Je nachdem, ob sie aggressiv wurden, zu viel ausplauderten oder sich einfach nur danebenbenahmen – Flick musste es wissen und für den Ernstfall entsprechende Vorkehrungen treffen. Am meisten Sorgen machte ihr Denise, die auch jetzt wieder in einer Ecke saß und lebhaft auf einen Mann in Hauptmannsuniform einredete.
    Auch Ruby trank unentwegt – ihr allerdings vertraute Flick. Sie war eine merkwürdige Mischung: Einerseits konnte sie kaum schreiben und lesen und hatte sich beim Kartenlesen und beim Chiffrieren als hoffnungsloser Fall erwiesen – andererseits war sie die Hellste und Erfindungsreichste in der ganzen Truppe. Hin und wieder bedachte sie Greta mit kritischen, Blicken. Vielleicht ahnte sie inzwischen, dass Greta ein Mann war – aber bisher hatte sie noch kein Wort darüber verloren, das musste man ihr lassen.
    Ruby saß mit Jim Cardwell, dem Waffenausbilder, an der Bar und unterhielt sich gerade mit dem Barmädchen, streichelte aber gleichzeitig mit ihrer kleinen braunen Hand sanft die Innenseite von Jims Oberschenkel. Die beiden verband inzwischen eine stürmische Romanze. Immer wieder kam es vor, dass sie sich heimlich verdrückten – vormittags während der Kaffeepause, in der halben Stunde Ruhezeit nach dem Mittagessen, zur nachmittäglichen Teatime oder wann immer sonst sich eine Gelegenheit ergab, verschwanden sie für ein paar Minuten. Jim sah aus, als wäre er aus dem Flugzeug gesprungen und hätte seinen Fallschirm noch nicht geöffnet. Seine Miene verriet einen Zustand permanenter verwirrter Glückseligkeit. Ruby war mit ihrer Hakennase und dem aufwärts gebogenen Kinn alles andere als eine Schönheit, aber ganz offenkundig eine Sexbombe, deren Detonation Jim in einen Taumel versetzt hatte. Flick empfand beinahe so etwas wie Eifersucht. Nicht, dass Jim ihr Typ gewesen wäre – alle Männer, in die sie sich bisher verliebt hatte, waren Intellektuelle oder zumindest hoch intelligent. Aber sie neidete Ruby ihr lusterfülltes Glück.
    Greta lehnte am Klavier, in der Hand einen rosafarbenen Cocktail. Sie unterhielt sich mit drei Männern, die nichts mit dem Mädchenpensionat zu tun zu haben schienen, sondern eher wie Einheimische aussahen. Offenbar hatten sie den Schock über Gretas deutschen Akzent überwunden – sie hatte ihnen zweifellos die Geschichte von ihrem Liverpool’schen Vater erzählt und hielt sie nun mit aufregenden Episoden aus der Hamburger Nachtclubszene bei Laune. Flick sah den Männern an, dass sie Gretas Geschlecht nicht infrage stellten; sie behandelten sie

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