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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sagte Greta.
    »In meinem Heimatland brauche ich Ausländer nicht um Erlaubnis zu bitten.«
    »Ich bin kein Ausländer, du fette Kuh.«
    »Oh!« Die Beleidigung saß. Jelly war so empört, dass sie Greta an den Haaren zog – und im nächsten Augenblick deren braune Perücke in der Hand hielt.
    Der entblößte Kopf mit dem kurz geschnittenen dunklen Haar entlarvte Greta unversehens als Mann. Percy und Paul waren bereits in das Geheimnis eingeweiht, und Ruby hatte sich ihre eigenen Gedanken gemacht – Maude und Diana hingegen erstarrten vor Schreck. »Herr im Himmel!«, japste Diana, und Maude stieß einen ängstlichen Schrei aus.
    Jelly war die Erste, die ihre Sprache wiederfand. »Ein Perverser!«, trompete sie. »Oh, mein Gott, ein perverser Ausländer!«
    Greta war in Tränen aufgelöst. »Du beschissene blöde Nazisse!«, schluchzte sie.
    »Ich wette sonst was, dass sie ‘ne Spionin ist!«, setzte Jelly noch eins drauf.
    »Halt die Klappe, Jelly!«, sagte Flick. »Sie ist keine Spionin. Ich wusste von Anfang an, dass sie ein Mann ist.«
    »Du hast das gewusst?«
    »Ja. Paul und Percy waren auch im Bilde.«
    Jelly sah Percy an, der feierlich nickte.
    Greta machte Anstalten, das Zimmer zu verlassen, doch Flick ergriff sie am Arm. »Bleib hier«, sagte sie, »bitte. Und setz dich.«
    Greta nahm wieder Platz.
    »Jelly, gib mir diese verflixte Perücke.«
    Jelly tat es.
    Flick baute sich vor Greta auf und setzte ihr die Perücke wieder auf den Kopf. Ruby, die sofort verstand, was Flick damit im Sinn hatte, hob den Spiegel vom Kaminsims und hielt ihn Greta vor, die prompt ihr Konterfei musterte, während sie die Perücke zurechtzupfte und sich ihre Tränen mit einem Taschentuch abtupfte.
    »Jetzt hört mir mal alle genau zu«, sagte Flick. »Greta ist Ingenieur, und ohne einen solchen können wir unsere Mission nicht ausführen. Tatsache ist, dass unsere Chancen, lebend wieder aus dem besetzten Gebiet herauszukommen, wesentlich größer sind, wenn wir als reines Frauenteam auftreten. Wie dem auch sei: Wir brauchen Greta, und wir brauchen sie als Frau. Also gewöhnt euch an sie.«
    Jelly gab ein verächtliches Schnauben von sich.
    »Und ich will euch gleich noch etwas erklären«, fuhr Flick fort und sah dabei Jelly streng in die Augen. »Euch dürfte aufgefallen sein, dass Denise nicht mehr bei uns ist. Wir haben sie heute Abend einem kleinen Test unterzogen, den sie leider nicht bestanden hat. Damit gehört sie nicht mehr zu uns. Bedauerlicherweise hat sie Einblick in verschiedene geheime Vorgänge bekommen, sodass man ihr nicht erlauben kann, in ihre gewohnte Umgebung zurückzukehren. Sie ist auf einen abgelegenen Stützpunkt in Schottland versetzt worden, wo sie vermutlich bis zum Kriegsende bleiben muss. Und zwar ohne Urlaub.«
    »Das kannst du doch nicht machen!«, sagte Jelly.
    »Natürlich kann ich das!«, herrschte Flick sie an. »Darf ich dich daran erinnern, dass wir uns im Krieg befinden? Und was mit Denise geschehen ist, geschieht mit jeder von euch, die sich aus dem einen oder anderen Grund unmöglich macht und von uns gefeuert wird.«
    »Ich bin ja nicht mal bei der Armee!«, protestierte Jelly.
    »Selbstverständlich bist du das. Gestern nach dem Abendessen bist du als Offizier verpflichtet worden – genauso wie die anderen. Und ihr kriegt sogar – auch wenn ihr bis jetzt noch keinen roten Heller gesehen habt – den entsprechenden Sold, aber ihr untersteht der militärischen Disziplinarordnung. Und außerdem wisst ihr alle inzwischen schon zu viel.«
    »Also sind wir Gefangene?«, fragte Diana.
    »Ihr seid Soldatinnen«, erwiderte Flick, »aber das läuft so ungefähr auf das Gleiche hinaus. So, und nun trinkt schön euern Kakao aus und geht ins Bett.«
    Sie trollten sich eine nach der anderen, bis nur noch Diana übrig war. Flick hatte schon damit gerechnet. Es war ein Schock für sie gewesen, dass sie die Frauen beim Sex überrascht hatte. In der Schule, erinnerte sie sich, hatten manchmal Mädchen für ihresgleichen geschwärmt, einander Liebesbriefchen geschrieben und Händchen gehalten und sich bisweilen sogar geküsst; weiter waren sie jedoch, soweit Flick das beurteilen konnte, nie gegangen. Einmal hatte sogar sie selbst mit Diana Zungenküsse geübt – sie musste schließlich wissen, was zu tun war, wenn sie mal einen richtigen Freund hatte. Jetzt dämmerte ihr, dass diese Küsse Diana wohl mehr bedeutet hatten als ihr selbst. Eine erwachsene Frau, die andere Frauen begehrte, war ihr

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