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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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umgebracht?«
    »Wasser.«
    Dieter Franck wusste, dass dem jungen Mann nicht mehr viel Zeit für die Antwort blieb. Dennoch zwang er sich, ihm seinen Wunsch zu erfüllen. Er ging zur Spüle, füllte die Tasse noch einmal mit Wasser und hielt sie dem Mann an den Mund. Der trank sie noch einmal leer und stieß einen erleichterten Seufzer aus, der alsbald in ein grauenvolles Stöhnen überging.
    »Wer hat Stephanie umgebracht?«, wiederholte Franck.
    »Die Kleine«, sagte der Gestapo-Mann.
    »Die Clairet«, sagte Franck, und kaum bezähmbare Wut und Rachsucht stiegen in ihm auf.
    Der Mann flüsterte: »Es tut mir leid, Herr Major .«
    »Wie hat sie ‘s gemacht?«
    »Schnell. ganz schnell.«
    »Wie genau?«
    »Sie haben sie gefesselt. Verräterin genannt. Waffe an den Hinterkopf. dann sind sie weg.«
    »Verräterin?«, fragte Dieter nach.
    Der Mann nickte.
    Franck unterdrückte ein heftiges Aufschluchzen. »Sie hat nie jemanden von hinten in den Kopf geschossen«, sagte er. Seine Stimme war nur noch ein tieftrauriges Flüstern.
    Der Gestapo-Mann hörte ihn nicht. Seine Lippen bewegten sich nicht mehr. Er hatte aufgehört zu atmen.
    Mit den Fingerspitzen der Rechten drückte ihm Franck sanft die Lider zu und sagte: »Ruhe in Frieden.«
    Dann wendete er der toten Frau, die er geliebt hatte, den Rücken zu und ging zum Telefon.
    Es war nicht leicht, fünf Personen in den Simca Cinq zu zwängen. Ruby und Jelly quetschten sich auf die winzige Hinterbank. Paul fuhr. Greta setzte sich auf den Beifahrersitz und nahm Flick auf den Schoß.
    Unter normalen Umständen hätten sie darüber gekichert, aber die Umstände waren nicht normal, und ihnen war nicht zum Lachen zumute. Sie hatten drei Menschen getötet und waren der Verhaftung durch die Gestapo nur um ein Haar entgangen. All ihre Sinne waren geschärft, um auf jede Bedrohung sofort zu reagieren. Im Augenblick dachten sie ausschließlich ans nackte Überleben.
    Flick dirigierte Paul zu der kleinen Straße, die parallel zu jener verlief, in der Gilbertes Wohnung lag. Vor genau sieben Tagen habe ich da meinen verwundeten Ehemann hingeschleppt, dachte sie und sagte zu Paul, er solle das Auto am Ende der Gasse abstellen. »Wartet hier«, befahl sie. »Ich seh mich erst mal um.«
    »Mach bloß schnell, um Gottes willen«, sagte Jelly.
    »So schnell ich kann.« Flick stieg aus, lief durch den schmalen Gang auf der Rückseite der Fabrik und erreichte die Tür, die durch die Mauer führte. Rasch durchmaß sie den Garten und schlüpfte durch die Hintertür ins Haus. Im Treppenhaus war alles still, kein Mensch war zu sehen. Leise stieg sie die Treppen zum Dachgeschoss hinauf.
    Vor dem Eingang zu Gilbertes Wohnung blieb sie stehen. Der Anblick erfüllte sie mit böser Ahnung. Die Tür stand offen. Sie war aufgebrochen worden und hing wie trunken nur noch an einer Angel. Flick lauschte angestrengt, vernahm aber keinen Laut. Irgendetwas sagte ihr, dass der Einbruch schon einige Tage zurücklag. Vorsichtig trat sie ein.
    Es war nur eine oberflächliche Durchsuchung gewesen. In dem kleinen Wohnzimmer lagen die Kissen unordentlich auf dem Sofa, und in der Küchenecke standen die Schranktüren offen. Im Schlafzimmer sah es nicht viel anders aus. Aus der Kommode waren sämtliche Schubladen herausgezogen worden, der Kleiderschrank stand offen, und irgendjemand war mit schmutzigen Stiefeln aufs Bett gestiegen.
    Flick trat ans Fenster und blickte auf die Straße hinunter. Auf der dem Haus gegenüberliegenden Seite parkte ein schwarzer Citroen Traction Avant mit zwei Männern auf den Vordersitzen.
    Das sieht gar nicht gut aus, dachte Flick, der Verzweiflung nahe. Irgendwer hatte geplaudert, und Dieter Franck hatte entsprechend reagiert. Minutiös war er einer Spur gefolgt, die ihn zuerst zu Mademoiselle Lemas, dann zu Brian Standish und schließlich zu Gilberte geführt hatte. Und was war mit Michel? War er in Haft? Alles sprach dafür.
    Flick dachte über Dieter Franck nach. Als sie vor ein paar Tagen die vom MI6 erstellte Kurzbiografie auf der Rückseite seines Fotos gelesen hatte, war ihr ein Angstschauer über den Rücken gelaufen. Jetzt wusste sie, dass die Furcht nicht übertrieben war. Der Mann war mit allen Wassern gewaschen und ließ nicht locker. Bei La Chatelle hat er mich beinahe erwischt, dachte sie. In Paris hat er in der ganzen Stadt meinen Steckbriefaushängen lassen, und meine Kameradinnen und Kameraden hat er eine nach dem anderen verhaftet und verhört.
    Sie hatte ihn nur

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