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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Scotch?«
    »Selbstverständlich«, sagte Yvette. »Für alle, die ihn sich leisten können.« Sie zauberte eine Flasche Dewar’s White Label hervor und schenkte einen Finger breit davon in ein Glas.
    »Ich suche Michel«, sagte Flick.
    »Ich hab ihn schon seit einer Woche nicht mehr gesehen«, antwortete Yvette.
    »Verdammt.« Flick nippte an ihrem Whisky. »Na, ich warte mal ein Weilchen, vielleicht taucht er ja noch auf.«
    Dieter Franck war der Verzweiflung nahe. Die Leopardin hatte ihn ausmanövriert und war nicht in die Falle gegangen, die er ihr gestellt hatte. Jetzt trieb sie sich irgendwo in Reims oder in der Umgebung herum, aber er war am Ende seines Lateins und wusste nicht mehr, wie er sie finden sollte.
    Er konnte keine Resistance-Mitglieder in Reims mehr überwachen lassen und darauf hoffen, dass die Clairet mit ihnen Kontakt aufnehmen würde, denn alle, die dafür infrage kamen, saßen bereits in Haft. Michel Clairets Haus und die Wohnung dieser Gilberte Duval hatte er unter Beobachtung stellen lassen – nur versprach er sich davon herzlich wenig. Madame war viel zu durchtrieben, um sich von einem durchschnittlichen Gestapo-Polypen erkennen zu lassen. Die ganze Stadt hing voller Steckbriefe, doch sie musste ihr Erscheinungsbild verändert haben – die Haare gefärbt oder so etwas Ähnliches –, denn es hatte sich noch kein Mensch gemeldet und behauptet, er habe sie gesehen. Bislang war noch jede Runde ihres Duells an sie gegangen.
    Er brauchte einen genialen Einfall.
    Und er hatte auch einen gehabt – zumindest bildete er sich das ein.
    Er saß auf einem Fahrrad am Straßenrand, direkt vor dem Theater in der Stadtmitte. Er trug eine Baskenmütze, eine Autobrille und einen groben Baumwollpullover. Seine Hosenbeine hatte er in die Socken gestopft. Niemand würde ihn erkennen, niemand ihn verdächtigen. Die Gestapo benutzte keine Fahrräder.
    Er starrte auf die Straße, die gen Westen führte, und kniff, von der untergehenden Sonne geblendet, die Augen zusammen. Er sah auf die Uhr: Jede Minute konnte der schwarze Citroen kommen, auf den er wartete.
    Auf der anderen Straßenseite saß Hans Hesse am Steuer eines keuchenden alten Peugeots, dessen langes, verdienstvolles Leben sich rapide seinem Ende zuneigte. Der Motor lief: Franck wollte nicht riskieren, dass er im entscheidenden Moment nicht ansprang. Leutnant Hesse war ebenfalls verkleidet. Zu einer Sonnenbrille und einer Mütze trug er einen schäbigen Anzug und abgewetzte Schuhe, sodass er äußerlich problemlos als Franzose durchging. Er hatte so etwas noch nie zuvor getan, die entsprechenden Befehle jedoch mit unerschütterlicher Ruhe entgegengenommen und ausgeführt.
    Auch Major Franck hatte so etwas noch nie getan, und er hatte keine Ahnung, ob es funktionieren würde. Irgendetwas konnte immer schiefgehen.
    Sein Plan war aus Verzweiflung geboren, aber was hatte er noch zu verlieren? Dienstagnacht war Vollmond. Er rechnete fest damit, dass die Alliierten dann losschlagen würden. Aber Felicity Clairet war der große Preis – und beinahe jedes Risiko wert.
    Allerdings hatten sich seine Prioritäten verändert. Der Endsieg interessierte ihn kaum noch. Da seine Zukunft ohnehin zerstört war, konnte es ihm gleichgültig sein, wer Europa regierte. Er dachte nur noch an Felicity Clairet. Sie hatte Stephanie ermordet und damit sein Leben ruiniert. Er wollte dieses Weib aufspüren, verhaften, in den Keller des Schlosses von Sainte-Cecile schleppen und dort seine Rache auskosten. In seiner Fantasie folterte er sie bereits unentwegt, brach ihr mit Eisenstangen die kleinen Knochen, jagte ihr Elektroschocks der höchsten Stärke durch den Leib, verabreichte ihr Injektionen, die schlimmste Übelkeit und lang anhaltendes, krampfartiges Erbrechen auslösten. Er steckte sie ins Eisbad, wo sie sich in Kälteschaudern wand und ihr das Blut in den Fingern gefror. Die Zerschlagung der Resistance und die Abwehr der Invasoren waren für ihn nur noch ein Nebenaspekt seiner Strafaktion gegen Felicity Clairet.
    Doch zuerst musste er sie finden.
    In der Ferne tauchte ein schwarzer Citroen auf.
    Franck starrte ihm entgegen. War es der Richtige? Es war das zweitürige Modell, das man immer dazu benutzte, Verhaftete abzutransportieren. Im Innern saßen anscheinend vier Personen – ja, dann war es sicher der Wagen, auf den er wartete. Der Citroen kam näher, und Franck erkannte auf dem Rücksitz das hübsche Gesicht von Michel Clairet, der von einem uniformierten

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