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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Gestapo-Beamten bewacht wurde.
    Er war heilfroh, dass er ausdrücklich befohlen hatte, Clairet in seiner Abwesenheit nicht zu foltern, denn in diesem Fall wäre sein neuer Plan undurchführbar gewesen.
    Als der Citroen fast auf gleicher Höhe war, fuhr Leutnant Hesse in dem alten Peugeot plötzlich an. Der Wagen löste sich von der Bordsteinkante, schoss auf die Fahrbahn und knallte frontal in den entgegenkommenden Citroen.
    Metall schepperte und verbog sich, berstendes Glas klirrte. Die zwei Gestapo-Männer auf den Vordersitzen sprangen heraus und fingen an, Hesse in schlechtem Französisch zu beschimpfen. Dass sich ihr Kollege auf dem Rücksitz offenbar den Kopf angeschlagen hatte – er saß in sich zusammengesunken und anscheinend bewusstlos neben seinem Gefangenen –, war ihnen offenbar entgangen.
    Jetzt kommt’s drauf an, dachte Franck. Seine Nerven waren gespannt wie Drahtseile. Würde Clairet nach dem Köder schnappen? Im Augenblick starrte er noch entgeistert auf die Szene vor sich auf der Straße.
    Er brauchte lange, bis er seine Chance erkannte. Franck fürchtete schon, er würde sie sich entgehen lassen, als Clairet endlich reagierte. Er streckte seine gefesselten Hände über die Lehne des Vordersitzes, fummelte am Türknopf herum, brachte die Tür schließlich auf, stieß den Sitz vor und wand sich aus dem Wagen.
    Die beiden Gestapo-Männer, die sich mit Leutnant Hesse stritten, standen mit dem Rücken zu ihm. Clairet drehte sich um und ging rasch davon. Seine Miene verriet, dass er sein Glück kaum fassen konnte.
    Dieter Franck sah ihm triumphierend nach. Sein Plan ging auf.
    Er folgte Clairet mit dem Fahrrad.
    Hans Hesse folgte Franck zu Fuß.
    Um Clairet nicht zu überholen, stieg Franck schon nach ein paar Metern wieder ab und schob das Rad am Trottoir entlang. Michel Clairet bog gleich in die erste Querstraße ein. Aufgrund seiner Schusswunde hinkte er noch ein wenig, kam aber trotzdem recht schnell voran. Seine gefesselten Hände ließ er vor seinem Körper herabhängen, damit sie weniger auffielen. Franck folgte ihm unauffällig, mal auf dem Fahrrad, mal es schiebend. Wo immer möglich, hielt er sich außer Sichtweite von Clairet und nutzte jede Deckung, wie sie sich zum Beispiel durch größere Fahrzeuge bot. Clairet sah sich immer wieder um, unternahm jedoch keinen systematischen Versuch, eventuelle Verfolger abzuschütteln. Er ahnte nicht, dass er nach allen Regeln der Kunst manipuliert wurde.
    Wie zuvor besprochen, überholte Hesse nach ein paar Minuten den Major, und der ließ sich zurückfallen und folgte dem Leutnant in gebührendem Abstand. Später wechselten sie erneut die Positionen.
    Ich frage mich, wo er hingeht, dachte Franck und hoffte, dass Clairet ihn, wenn schon nicht zu anderen Mitgliedern der Resistance, so doch vielleicht zu Sympathisanten oder einer bislang unbekannten konspirativen Wohnung führen würde. Es war entscheidend für seinen Plan: Nur über Michel Clairet konnte er die Fährte von Felicity Clairet wieder aufnehmen.
    Überraschenderweise bog Clairet wenig später in die Straße unweit der Kathedrale ein, in der sein eigenes Haus stand. Konnte er sich nicht denken, dass es überwacht wurde? Nein, so naiv war er nicht: Nicht sein Haus war das Ziel, sondern die Bar auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
    Franck lehnte sein Fahrrad an die Wand des Nebenhauses, einem leer stehenden Laden mit einem verblassten Charcuterie- Schild, und wartete ein paar Minuten, ob Clairet gleich wieder herauskam.
    Erst als klar war, dass der Verfolgte blieb, betrat er selbst die Bar. Es ging ihm eigentlich nur darum, festzustellen, ob Clairet tatsächlich in der Bar saß. Er verließ sich auf seine Tarnung – die Baskenmütze und die Autobrille – und hatte vor, sich unter dem Vorwand, ein Päckchen Zigaretten kaufen zu wollen, ein wenig umzusehen und danach die Bar gleich wieder zu verlassen.
    Aber Clairet war nirgendwo zu sehen. Das war irritierend. Unschlüssig blieb Franck stehen.
    Der Barmann fragte: »Monsieur?«
    »Ein Bier bitte«, sagte Franck. »Vom Fass.« Er hoffte, wenn er die Unterhaltung mit dem Barkeeper auf wenige Worte beschränkte, würde sein leichter deutscher Akzent nicht auffallen.
    »Kommt sofort.«
    »Wo ist die Toilette?«
    Der Barmann deutete auf eine Tür in der Ecke, und Franck ging hindurch. Clairet war nicht dort. Franck riskierte einen Blick in die Damentoilette: Auch dort war niemand. Er öffnete eine Tür, die wie eine Schranktür aussah, und

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