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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Lebensmittel kaufen zu können. Thwaite erhob sich und ging zur Tür. »Ich sehe jetzt zu, dass er fortkommt. Schau dir unterdessen mal unsere Verbrecheralben an, ja?« Er deutete auf die Fotos, die auf dem Schreibtisch lagen. »Das sind sämtliche Bilder, die der MI6 von deutschen Offizieren hat. Sollte der Mann darunter sein, den du auf dem Platz in Sainte-Cecile gesehen hast, dann sag’s mir. Ich wüsste gerne, wie er heißt.« Er ließ sie allein.
    Flick nahm eines der Bücher zur Hand. Es war das Jahrbuch der Abschlussklasse einer Militärakademie mit ein paar Hundert briefmarkenkleinen Porträtfotos gesunder junger Männer. Insgesamt handelte es sich um ein gutes Dutzend ebenso oder ähnlich aussehender Bücher. Dazu kamen mehrere Hundert Einzelfotos.
    Flick hatte keine Lust, die ganze Nacht Feindbilder durchzusehen. Vielleicht ließ sich das Spektrum ja einengen. Der Mann auf dem Platz musste um die Vierzig gewesen sein, das hieß, dass er so um das Jahr 1926 seinen Abschluss gemacht haben musste. So alt aber war keines der Jahrbücher auf dem Schreibtisch.
    Sie richtete ihre Aufmerksamkeit nun auf die Einzelfotos und versuchte sich an den Mann zu erinnern. Er war ziemlich groß gewesen und gut gekleidet – aber das würde man auf einem Foto vermutlich nicht sehen. Er hatte dichtes, dunkles Haar, und obwohl er glatt rasiert war, wirkte er wie ein Mann mit kräftigem Bartwuchs. Sie erinnerte sich auch an dunkle Augen, scharf konturierte Brauen, eine gerade Nase, ein markantes Kinn. ein richtiger Film-Beau, ehrlich gesagt.
    Die Einzelfotos waren bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten entstanden. Manche waren ganz neu und zeigten Offiziere beim Handschlag mit Adolf Hitler, bei Truppeninspektionen oder vor Panzern und Flugzeugen. Einige wenige, darunter die am wenigsten gestellten, waren wohl Schnappschüsse, die von Spionen gemacht worden waren, geknipst aus Menschenansammlungen heraus, aus Autos oder durch Fensterscheiben hindurch. Sie zeigten die Offiziere beim Einkaufen, im Gespräch mit Kindern, nach einem Taxi rufend oder beim Pfeife anzünden.
    Flick überflog die Bilder, so schnell sie konnte, und legte die geprüften auf einen eigenen Stapel. Bei jedem dunkelhaarigen Mann ließ sie sich ein bisschen länger Zeit, doch keiner sah so gut aus wie der auf dem Stadtplatz von Sainte-Cecile. Das Foto eines Mannes in Polizeiuniform hatte sie bereits beiseitegelegt, nahm es dann aber noch einmal zur Hand. Die Uniform hatte sie zunächst irritiert, doch als sie das Bild nun näher betrachtete, wuchs ihre Überzeugung, den Gesuchten gefunden zu haben.
    Sie drehte das Foto um. Auf der Rückseite klebte ein maschinengeschriebener Zettel. Sie las:
    FRANCK, Dieter Wolfgang, geb. am 3. Juni 1904 in Köln. Studium an der Humboldt-Universität in Berlin (ohne Abschluss) und der Polizeihochschule in Köln. Verheiratet seit 1930 mit Waltraud Loewe, 1 Sohn, 1 Tochter. Bis 1940 Kriminalrat bei der Kriminalpolizei in Köln; Major, Aufklärung, Afrika-Korps, jetzt? Der Mann ist ein Star in Rommels Spionagetruppe. Gilt als Verhörspezialist und unbarmherziger Folterer.
    Flick schauderte bei dem Gedanken daran, dass sie einem so gefährlichen Mann so nahe gekommen war. Ein erfahrener Kriminalpolizist, der seine Kenntnisse dem militärischen Abwehrdienst zur Verfügung stellte, war ein Feind, vor dem man sich in Acht nehmen musste. Dass er in Deutschland eine Familie hatte, hinderte ihn offensichtlich nicht daran, sich in Frankreich eine Geliebte zu halten.
    Percy Thwaite kam zurück, und Flick gab ihm das Foto. »Das ist der Mann.«
    »Dieter Franck!«, sagte Percy. »Von dem haben wir schon gehört. Wie interessant. Nach dem, was du von seinem Gespräch auf dem Platz mitbekommen hast, scheint Rommel ihm eine Art AntiResistance-Auftrag erteilt zu haben.« Er trug ein paar Worte in sein Notizbuch ein. »Ich informiere am besten gleich den MI6, denn der hat uns die Bilder geliehen.«
    Es klopfte an der Tür, und Thwaites Sekretärin schaute herein. »Da ist jemand, der Sie sprechen möchte, Colonel Thwaite.« Die junge Frau gab sich kokett. Da der väterliche Percy bei Sekretärinnen nie ein solches Verhalten auslöste, ging Flick davon aus, dass es sich bei dem Besucher um einen attraktiven Mann handeln musste. »Ein Amerikaner«, fügte die Sekretärin hinzu. Aha, dachte Flick, das erklärt alles. Glanz und Gloria der Amerikaner waren unwiderstehlich – zumindest für Sekretärinnen.
    »Wie hat der hier hergefunden?«,

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