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Die Leopardin

Titel: Die Leopardin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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hatte ich schon befürchtet.«
    »Ich weiß nicht, ob meine Ehe noch existiert«, sagte sie verbittert.
    »Es tut mir leid.«
    »Es würde mir helfen, wenn ich mir sagen könnte, dass ich ein Opfer gebracht habe, für einen guten Zweck. Einen tollen Coup durchgezogen, der die Erfolgschancen der Invasion erhöht.«
    »Du hast in den letzten beiden Jahren schon mehr getan als die meisten anderen.«
    »Aber einen zweiten Sieger gibt’s im Krieg nicht, oder?«
    »Nein.«
    Sie erhob sich. Sie war Percy dankbar für die liebevolle Zuneigung, spürte jedoch, wie sie dadurch sentimental wurde. »Dann werd ich jetzt mal den neuen Funker einweisen.«
    »Sein Deckname ist Helicopter. Er wartet im Arbeitszimmer. Nicht gerade der Hellste, fürchte ich, aber ein tapferer Bursche.«
    Schlamperei, dache Flick. »Wieso schickst du ihn rüber, wenn er nicht der Hellste ist? Er könnte andere gefährden.«
    »Wie du schon mal sagtest: Dies ist unsere große Chance. Wenn die Invasion scheitert, können wir das europäische Festland abschreiben. Wir müssen jetzt mit allen verfügbaren Mitteln gegen den Feind vorgehen – eine bessere Gelegenheit bekommen wir vielleicht nicht.«
    Flick nickte finster. Er hatte ihre eigenen Argumente gegen sie gekehrt – und er hatte Recht. Der einzige Unterschied bestand darin, dass zu den Menschen, deren Leben gefährdet wurde, in diesem Fall auch Michel gehörte. »Okay«, sagte sie. »Bringen wir ‘s hinter uns.«
    »Er ist schon ganz versessen darauf, dich zu sehen.« Sie runzelte die Stirn. »Versessen? Wieso?« Percy lächelte kryptisch. »Geh und find’s selber raus.« Flick verließ das Wohnzimmer, in dem Percy Thwaites Schreibtisch stand, und ging durch den Flur. Percys Sekretärin, die in der Küche an der Schreibmaschine saß und tippte, verwies Flick auf ein weiteres Zimmer.
    Vor der Tür hielt Flick kurz inne. Es ist, wie es ist, sagte sie zu sich selbst: Du reißt dich jetzt zusammen, tust weiter deine Arbeit und kannst nur hoffen, dass du irgendwann mal darüber hinwegkommst.
    In dem kleinen Arbeitszimmer standen ein quadratischer Tisch und ein paar nicht dazu passende Stühle. Helicopter war ein hellhäutiger junger Mann von etwa zweiundzwanzig Jahren. Er trug einen Tweedanzug mit Schachbrettmuster in den Farben Senfgelb, Orange und Grün. Dass er Engländer war, sah man ihm von weitem an. Ein Glück, dass man ihn, bevor er an Bord des Flugzeugs ging, noch entsprechend ausstaffieren würde, sodass er in einer französischen Stadt nicht auffiel. Die SOE beschäftigte französische Schneider und Schneiderinnen, die den Agenten Kleider im kontinentaleuropäischen Stil nähten – und dann viele Stunden darauf verwandten, die Sachen gebraucht und abgetragen erscheinen zu lassen, damit sie nicht durch ihre Neuheit auffielen. Gegen Helicopters rosigen Teint und sein rotblondes Haar war allerdings kein Kraut gewachsen. Man konnte nur hoffen, dass die Gestapo deutsches Blut in seinen Adern vermuten würde.
    Nachdem Flick sich vorgestellt hatte, sagte er: »Wir kennen uns eigentlich schon, ehrlich gesagt.«
    »Tut mir leid, ich kann mich nicht erinnern.«
    »Sie haben mit meinem Bruder Charles in Oxford studiert.«
    »Charlie Standish – ja, natürlich!« Flick erinnerte sich an einen anderen blonden Jungen in Tweed, größer zwar und schlanker als Helicopter, aber wahrscheinlich auch nicht klüger; er hatte keinen
    Abschluss geschafft. Sie entsann sich an eine Gemeinsamkeit mit Charlie: Wie sie sprach auch er fließend Französisch.
    »Sie waren sogar mal bei uns zu Hause in Gloucestershire, ehrlich gesagt.«
    Ja, sie hatte in den dreißiger Jahren mal ein Wochenende in einem Landhaus verbracht, bei einer Familie mit einem liebenswürdigen englischen Vater und einer schicken französischen Mutter. Charlie hatte damals einen kleinen Bruder, Brian, einen etwas linkischen Knaben in der Pubertät, der knielange Shorts trug und ein großes Gewese um seinen neuen Fotoapparat machte. Flick hatte sich ein wenig mit ihm unterhalten, worauf er sich sofort in sie verknallte. »Und wie geht’s Charlie?«, fragte sie ihn jetzt. »Ich hab ihn seit dem Studium nicht mehr gesehen.«
    »Er ist tot, ehrlich gesagt.« Brian sah auf einmal todtraurig aus. »Gefallen. Einundvierzig, in der be-be-beschissenen Wüste, ehrlich gesagt.«
    Flick fürchtete, er würde gleich in Tränen ausbrechen. Mit beiden Händen ergriff sie seine Rechte und sagte: »Das tut mir furchtbar leid, Brian.«
    »Nett von Ihnen,

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