Die Lerche fliegt im Morgengrauen
Uniform ohne Gesicht. Nichts, was sich be schreiben läßt.«
»Genau. Ich habe früher mal für einen großen Iren namens Frank Barry gearbeitet. Schon mal von ihm gehört?«
»Aber sicher. Ein echter Carlos.«
»Er war noch besser als Carlos. Er wurde neunundsiebzig ausgeschaltet. Ich weiß nicht, von wem. Er trat häufig als CRSCop mit Motorrad auf. Briefträger sind auch sehr gut. Niemand beachtet sie.«
Er folgte dem Russen ins Wohnzimmer. »Erzählen Sie«, forderte Makeev ihn auf.
Dillon setzte ihn ins Bild. »Es war ein Risiko, die beiden zu benutzen, und es ist danebengegangen, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
»Und nun?«
»Wie ich gestern gesagt habe, ich verschaffe Ihnen ein Er
satzziel. Ich meine, bei dem vielen Geld. Ich muß schließlich an meine alten Tage denken.«
»Unsinn, Sean, Ihr Alter interessiert Sie doch gar nicht. Es ist allein das Spiel, um das es Ihnen geht.«
»Da könnten Sie recht haben.« Dillon zündete sich eine Ziga rette an. »Eins weiß ich aber genau. Ich mag es nicht, wenn ich verliere. Ich lasse mir für Sie etwas einfallen und begleiche vorher noch eine Rechnung.«
»Die Joberts? Sind sie es wert?«
»O ja«, erwiderte Dillon. »Das ist eine Frage der persönli
chen Ehre, Josef.«
Makeev seufzte. »Ich fahre zu Aroun und überbringe ihm die schlechte Nachricht. Wir hören voneinander.«
»Hier oder auf dem Kahn.« Dillon lächelte. »Keine Sorge, Josef. Ich habe noch nie einen Rückzieher gemacht, wenn ich mir mal etwas in den Kopf gesetzt hatte.«
Makeev ging die Treppe hinunter. Seine Schritte hallten durch die Lagerhalle, die kleine Tür im Torflügel fiel hinter ihm ins Schloß. Dillon kehrte ins langgestreckte Wohnzimmer zurück und pfiff leise vor sich hin.
»Aber ich verstehe nicht«, sagte Aroun. »Im Fernsehen kam kein Wort darüber.«
»Das wird es auch nicht.« Makeev stand vor den Balkontüren über der Avenue Victor Hugo und wandte sich um. »Dieser Vorfall hat niemals stattgefunden, so behandeln es die Franzo sen. Die Vorstellung, daß Mrs. Thatcher auf französischem Boden in irgendeiner Gefahr geschwebt haben könnte, würde als Affront gegen die gesamte Nation empfunden.«
Aroun war bleich vor Wut. »Ihr Mann hat versagt. Viele Worte, Makeev, aber am Ende war nichts dahinter. Nur gut, daß ich heute morgen nicht die Million auf sein Züricher Konto überwiesen habe.«
»Aber Sie haben es zugesagt«, meinte Makeev. »Er kann trotzdem jederzeit anrufen und nachprüfen, ob das Geld einge gangen ist.«
»Mein lieber Makeev, ich habe Einlagen von fünfhundert Millionen Dollar bei der Bank. Mit der Möglichkeit konfron tiert, daß ich meine Geldgeschäfte woanders abwickle, war der Direktor nur allzu bereit, einem kleinen Schwindel zuzustim men, als Rashid heute morgen mit ihm telefonierte. Wenn Dillon anruft, um nachzufragen, dann wird die Überweisung bestätigt.«
»Sie haben es hier mit einem überaus gefährlichen Mann zu tun«, warnte Makeev. »Wenn er herausbekommt …«
»Wer sollte es ihm verraten? Sie bestimmt nicht, und am Ende wird er ja bezahlt, aber nur, wenn er Erfolg hatte.«
Rashid schenkte ihm eine Tasse Kaffee ein und meinte zu Makeev: »Er hat ein Ersatzziel versprochen und dabei den englischen Premierminister erwähnt. Was hat er vor?«
»Er meldet sich, wenn er sich entschieden hat«, sagte Ma
keev.
»Geschwätz.« Aroun ging zur Balkontür, blieb davor stehen und trank seinen Kaffee. »Alles nur Geschwätz.«
»Nein, Mr. Aroun«, widersprach Josef Makeev ihm. »Da irren Sie sich gründlich.«
Martin Brosnans Wohnung lag am Fluß auf dem Quai de Montebello gegenüber der Ile de la Cité und bot eine der schönsten Ansichten von Notre Dame in Paris. Außerdem war es von der Sorbonne bis dorthin nur ein Spaziergang, was er geradezu als ideal empfand. Es war kurz nach vier Uhr, als er darauf zuschlenderte, ein hochgewachsener Mann mit breiten Schultern in einem altmodischen Trenchcoat. Trotz seiner fünfundvierzig Jahre zeigte sein Haar noch immer keine Spur von Grau, und es war auch viel zu lang und verlieh ihm das Aussehen eines edlen Recken aus dem sechzehnten Jahrhun dert. Martin Aodh Brosnan. Das Aodh war das gälische Wort für Hugh, und seine irische Herkunft zeigte sich in seinen hohen Wangenknochen und in den grauen Augen.
Es wurde wieder kälter, und er fröstelte, während er in den Quai de Montebello einbog und zu seinem Wohnhaus eilte. Es gehörte ihm ganz, weshalb er sich die
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