Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
haben wir dieses Manöver stundenlang geübt. Ich könnte es im Schlaf ausführen.«
    »Genau das macht mir Sorgen. Schöpf ein bisschen Atem, trink einen Schluck und teste mochmal dein SAFER.«
    »Verdammt.« Aber als Capcom war sie heute gewissermaßen der Boss. Er trank ein bisschen Wasser aus dem Beutel in seinem Helm.
    Und er drückte auf die Taste an seiner Taille. Sein SAFER gab ihm einen leisen Tritt in den Hintern, und er spürte, wie die Armkonstruktion schaukelte und erzitterte, als sie den Impuls absorbierte. Sein SAFER – Simplified Aid For EVA Rescue, Vereinfachte Hilfe zur Rettung bei Außenarbeiten im Weltraum – war ein kleines Düsentriebwerk, das mit komprimiertem Stickstoff arbeitete; er konnte damit zur Arche zurückfliegen, wenn es zum Schlimmsten kam und er vollständig vom Schiffsrumpf getrennt wurde. Wie der Arm und sein Anzug war auch das SAFER ein Relikt der Internationalen Raumstation ISS. Er wartete darauf, dass die Vibrationen des Arms nachließen.
    Gewissermaßen der Boss. Nachdem er sich jahrelang mit seinem Spezialgebiet, den externen Systemen des Schiffes, beschäftigt hatte, war er verdammt sicher, dass er weitaus besser als Venus wusste, wie man diese routinemäßige Inspektions-EVA durchführen musste, die im Prinzip schon geplant worden war, als die Arche noch nicht viel mehr als ein Entwurf auf Papier auf einem Schreibtisch in Denver gewesen war. Aber es hatte keinen Sinn, Venus anzumeckern. Sie war nur ein Glied in einer Befehlskette, die über die nominelle Bordkommandantin der Arche, Kelly Kenzie, bis zu Gordo Alonzo führte, der behaglich im Kontrollzentrum in Alma saß, das die Leitung der Mission von
Pikes Peak übernommen hatte, nachdem das Orion-Triebwerk abgeschaltet worden war. Diese Befehlskette würde für die nächsten zwei Jahre bestehen bleiben, bis sie ihre Mission beim Jupiter abgeschlossen hatten und in einer Warp-Blase zu den Sternen schossen. Danach würde die Überlicht-Arche nicht mehr erreichbar sein, und Alma selbst würde von der Flut eingenommen werden und sowieso aufhören zu senden. Die Arche würde auf sich allein gestellt sein.
    Aber die Entfernung war auch jetzt schon ein Problem. Die Erde war fünf Lichtminuten entfernt, so dass Gordo die EVA nicht mehr direkt zu betreuen vermochte. Dafür konnte Venus nichts. Wenn die Lichtgeschwindigkeit nicht wäre, würde Gordo ihn auf dieselbe Weise zusammenstauchen. Und er musste sich sowieso eingestehen, dass es ihm wirklich ein bisschen besser ging, weil er sich ein paar Sekunden ausgeruht hatte.
    »Kuppel, Argent. Okay, Venus, ich bin so weit.«
    »Bitte nicht aus dem Wagen lehnen.«
    »Roger.« Dieser Spruch war das Mantra der Simulationsleiter in Gunnison gewesen, vielfach alternde Veteranen des Raumfahrtprogramms vor der Flut. Da alle Vergnügungsparks auf der Erde geschlossen worden waren, bevor Wilson oder Venus das Licht der Welt erblickt hatten, wusste keiner der Kandidaten, was er bedeutete. Aber es war wie ein Glückwunsch, als er nun wiederholt wurde.
    Der Arm vibrierte. Wilson spürte das Summen der Hydraulik, und dann wurde er sanft vom Modul weggeschwenkt.
     
    Er stieg durch ein Gewirr von Streben, Holmen, Rohren und Kabeln nach oben. Es fühlte sich an, als würde er sich schnell bewegen, und er kam beunruhigend nahe an einigen der schweren Streben und Tankwände vorbei. Außerdem wackelte und
vibrierte der Arm mehr, als er nach den Simulationen erwartet hätte, aber schließlich stellte er selbst ja eine schwere Masse am Ende einer langen Konstruktion mit vielen Gelenken dar. Er konzentrierte sich auf seine Atmung und achtete darauf, keine Miene zu verziehen. Er wollte keine Endlosschleifen seines Gesichts mit hervorquellenden Augen und verängstigter Miene auf den Bildschirmen in den Modulen und auf der Erde.
    Schon nach ein paar Sekunden hatte er das Orion-Gerüst hinter sich gelassen, und der Arm hob ihn aus dem Schatten. Die Sonne ging auf, eine Laterne, die hinter dem Schiffsbug hing, und seine Sichtscheibe färbte sich sofort dunkel und sperrte einen Großteil des grellen Lichts aus. Irgendwo da draußen waren Sterne, die Erde und der Mond, die Planeten, aber er sah nichts als die Sonne.
    Als er noch höher stieg, hatte er schließlich einen guten Blick auf die Arche in ihrer vollen Länge – der erste Mensch seit dem Start, der das mit bloßem Auge sah, rief er sich mit einigem Stolz ins Gedächtnis, obwohl seit der Abschaltung der Orion Roboterdrohnen zu Inspektionen

Weitere Kostenlose Bücher