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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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hinausgeschickt worden waren. Die beiden Module des Schiffes waren noch immer in die Komponenten der Orion-Startstufe eingebunden – Module, die jetzt Seba und Hawila hießen, nach den Brüdern des biblischen Nimrod, allesamt Urenkel von Noah. Er sah die Raumfähren, die sie eines Tages zur Oberfläche der Erde II hinunterbringen würden, vier leuchtend weiße Nachtfalter, die sich an die Flanken der Module klammerten. Eine Konstellation künstlicher Lichter verteilte sich über das gesamte wirre Archenkonstrukt, und das Sonnenlicht tüpfelte Glanzlichter auf poliertes Metall. Das ganze Gebilde sah außergewöhnlich schön aus, dachte er, wie es so im interplanetaren Raum trieb, und dennoch merkwürdig, nicht so sehr wie ein Raumschiff als vielmehr wie eine Industrieanlage,
die irgendwie aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen und ins Licht geschleudert worden war. All dies würde beim Jupiter auseinandergenommen und neu zusammengebaut werden, wenn die Orion ausrangiert und die Arche für ihre interstellare Reise vorbereitet wurde. Aber vorher würde die Orion noch einmal feuern müssen, um die Arche abzubremsen und in die Jupiterumlaufbahn zu bringen. Und darum musste Wilson diese Inspektion der Prallplatte durchführen. Während der Startsequenz hatte es zwei Fehlzündungen von Pulseinheiten gegeben, die erste nur ein paar Sekunden nach dem Abheben. Es musste überprüft werden, ob das Schiff durch die längs verlaufende Erschütterung aufgrund dieser ausgebliebenen Pulse oder die Prallplatte durch etwaige fehlplatzierte Bomben Schaden genommen hatte.
    Als er an seinen Füßen vorbei nach unten schaute, konnte er die matten roten Lichter der Kuppel ausmachen, in der Venus saß und ihm auf seinem Weg folgte. Die Kuppel war ein weiteres Relikt der Raumstation, eine seitlich an Seba angebrachte, hexagonale Glasblase; die Lukendeckel der Fenster waren aufgeklappt. Sie war Venus’ Reich, und während des größten Teils der Mission würde Venus darin ihre astronomischen Beobachtungen durchführen und die Lenk-, Navigations- und Kontrollfunktionen wahrnehmen, für die sie zuständig war. Aus einem spontanen Impuls heraus winkte er und sah Bewegung im Innern der Kuppel, einen Schatten in der heruntergedimmten augenschonenden Beleuchtung.
    »Wir sehen dich, Wilson.«
    »Kuppel, ich sehe euch auch, ihr seht gut aus.«
    »Wie sieht das Schiff aus?«
    »Aus dieser Perspektive kann ich keinen offensichtlichen Schaden erkennen. Keine Anzeichen von Leckagen aus den
Wandtanks.« Ein großer Teil des Wassers, das die Arche mitführte, befand sich in dünnen, gebogenen Tanks direkt unter der Außenhaut jedes Moduls; das um die Wohnbereiche herum liegende Wasser bot einen gewissen Schutz vor der kosmischen Strahlung. »Versengte Stellen um die Steuerdüsen herum. Vielleicht ein paar Narben in den Wärmeisolierungskacheln der Nasenverkleidung. «
    »Der Geigerzähler zeigt keine Überreste der Orion-Bomben an deiner Position, Wilson. Nur kosmische Hintergrundstrahlung. «
    »Wie beruhigend«, sagte er trocken. Der Arm knickte in seinen diversen Gelenken ab und schwenkte ihn wieder davon. Er passierte die riesigen Säulen der Stoßdämpfer-Kolben und näherte sich dem unteren Ende des Schiffes. Der kreisrunde Rand der Prallplatte war jetzt deutlich sichtbar, er schimmerte im beständigen Sonnenlicht. »Ich sehe die Platte. Trete bald in ihren Schatten ein.«
    »Roger, Wilson. Geh kein Risiko ein.«
    »Bestimmt nicht.« Als der scharfe Rand der Platte näher kam, schloss er die Hände fest um die Motorrollergriffe und bemühte sich, seine Gesichtsmuskeln unter Kontrolle zu halten und gleichmäßig zu atmen. »Auf geht’s …« Verdammt, seine Stimme war ein Quieken.
    Der Arm sank herab, und der Rand der Platte glitt über das gleißende Licht der Sonne und tauchte ihn in Dunkelheit. Ein paar Sekunden lang reagierte seine Sichtscheibe nicht auf die Veränderung der Lichtstärke, und er war im Dunkeln gestrandet. Der Arm blieb stehen; langsame Vibrationen durchliefen ihn auf ganzer Länge. Er fühlte sich sehr weit entfernt und sehr zerbrechlich am Ende dieser merkwürdigen hydraulischen Hebebühne.

    Dann klärte sich die Sichtscheibe, und Lampen am Arm leuchteten auf und ließen Licht über den Stahlgong vor ihm spielen. »Ich bin da«, sagte er. »Ich sehe die Platte.« Er streckte die Hand aus. »Fast so nah, dass ich sie anfassen kann.«
    »Roger, Wilson. Immer mit der Ruhe. Mach nochmal eine Pause, damit deine Augen sich anpassen

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