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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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hin und wieder unterdrückte Flüche vor sich hin murmelte. »Ist das die komplette Erhebung?«
    »Ich habe mit jedem in beiden Modulen gesprochen«, sagte Grace. »Ich habe ihre Bordmarken, soweit vorhanden, und ihre biometrischen IDs überprüft. Ich habe sogar ihre Namen von unabhängiger Seite verifizieren lassen und ihre Behauptungen bezüglich ihrer Qualifikationen und ihres genetischen Hintergrunds mit Gordo am Boden gecheckt.«
    »Hattest du keine Schwierigkeiten, die Daten zu kriegen?«, fragte Grace.
    Grace zuckte die Achseln. »Es ging schon. Ich schätze, die Tatsache, dass ich zu keiner der Fraktionen gehöre, war von Vorteil. Alle misstrauen mir gleichermaßen.«
    Holle musterte Graces Bauch. »Du bist jetzt im neunten Monat, aber du kommst mit der Schwerelosigkeit besser zurecht als manch anderer von uns Kandidaten. Das Leben im All ist echt ätzend, was? All die Kleinigkeiten. Man kann sich nicht so waschen oder duschen wie auf dem Boden. Man kann sich nicht mal die Zähne putzen, ohne dass einem Zahnpasta in die Augen fliegt …«
    Grace lächelte vorsichtig. Holle war so ziemlich die offenste unter den Kandidatinnen und Kandidaten, und sie war immer freundlich gewesen, seit Gordo ihr Grace letztes Jahr aufs Auge gedrückt hatte. Aber selbst Holle kam ihr verwöhnt vor. Die Kandidaten meckerten ständig über ihr Los und zeigten nur selten Mitgefühl mit der schrecklichen Lage jener Millionen, vielleicht sogar noch Milliarden, die auf der im Wasser versinkenden
Erde litten. Grace tätschelte ihren Bauch. »Ich finde das nicht so tragisch. Die Raumkrankheit war nicht schlimmer als die morgendliche Übelkeit. Und die Schwerelosigkeit hilft mir, diesen Klumpen herumzuschleppen, schätze ich.« Allerdings traten andere Nebenwirkungen auf. Manchmal gab ihr Körper erschreckende gurgelnde Geräusche von sich, wenn er das Fehlen des Schwerefelds zu kompensieren versuchte, in das jedes andere Baby seit Kain und Abel hineingeboren worden war. Aber zumindest würde sie nicht die Erste sein, die hier draußen im Weltraum ein Kind bekam; zwei bei der Einschiffung ebenfalls schon schwangere Kandidatinnen hatten bereits erfolgreich in Doc Wetherbees fachkundigen, wenn auch überlasteten Händen entbunden, und die genetische Diversität der Crew hatte folglich zugenommen.
    »Da kommen sie«, sagte Kelly. »Wird Zeit, die Schutzwesten anzulegen, Amigos.«
    Grace schaute sich um. Die Leute kamen von allen Seiten auf Kellys Platz zu, über die Rutschstange durch die Decks oder durch den Verbindungstunnel vom zweiten Modul.
    Kelly hatte ihre engsten Verbündeten bereits bei sich, Zane, Holle und Venus, die per Monitor aus der Kuppel zugeschaltet war, wo sie Wilson Argents Außenbordeinsatz überwachte. Nun erschienen auch andere Kandidaten: Joe Antoniadi, großäugig wie immer, als wäre die Welt eine unausgesetzte Überraschung, Thomas Windrup und Elle Strekalow, die aneinanderklebten, und Cora Robles, die missmutig und gelangweilt dreinschaute, ein Partygirl, fünf Lichtminuten vom nächsten Club entfernt. Doc Wetherbee kam ebenfalls; er brachte einen eigenen Handheld mit und trug eine wütende Miene zur Schau.
    Dann trafen ein paar der »Eindringlinge« ein, wie die Kandidaten abschätzig Leute wie Grace nannten, die der Crew in
einem späten Stadium des Auswahlprozesses durch spezielle Interessengruppen aufgezwungen worden waren. Theo Morell wirkte noch nervöser als sonst. Und es kamen auch einige der noch beleidigender etikettierten »Illegalen« – abtrünnige Elemente aus den Sicherheitstruppen, die, angeblich mit der Aufgabe betraut, das Schiff zu bewachen, in den letzten Momenten selbst an Bord gestürmt waren. Grace kannte mittlerweile ihre Namen, zum Beispiel die Shaughnessy-Brüder sowie Jeb Holden und Dan Xavi, zwei knallhart aussehende ehemalige Eye-Dees. Die Illegalen wurden inoffiziell von Masayo Saito angeführt, einem jungen japanisch-amerikanischen Lieutenant, dem höchstrangigen Militärangehörigen an Bord. Masayo behauptete, er sei nicht freiwillig hier, sondern einfach von den anderen mitgerissen worden. Grace glaubte ihm sogar; sie hatte Bilder der Frau und des Babys gesehen, die er auf der Erde zurückgelassen hatte und jetzt vermutlich nie wiedersehen würde.
    Nachdem das Triebwerk der Orion erloschen war und sie angefangen hatten, sich frei im Schiff und durch den Verbindungstunnel zwischen den beiden Modulen zu bewegen, war Grace erstaunt über den Anblick der Illegalen in ihren

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