Die Letzte Arche
unvollständige Notizen über den Fall durchgegangen waren. »Und du hast keine Einwände dagegen, dich dem Verfahren zu unterziehen? «
»Selbst eine teilweise Integration wird uns – uns alle – stärken, dessen bin ich mir sicher. Und außerdem bin ich heute nicht bedroht; ich rechne nicht damit, eine Veränderung zu spüren.«
In dem Programm, das sie entwickelt hatten, eine Abfolge von Schritten ohne festen Zeitplan, würde Jerry das letzte Alter Ego sein, das integriert wurde.
Theo beugte sich vor. »Jerry, du weißt, dass es noch einen anderen Grund gibt, weshalb wir beschlossen haben, heute mit dem Prozess zu beginnen. Wenn alles nach Plan gelaufen
ist, müsste Seba ungefähr um diese Zeit wieder bei der Erde eintreffen. Und wenn sie das geschafft haben, verdanken sie das ganz allein dir. Du hast die Warp-Blase programmiert.« Theo tat so, als würde er einen Basketball werfen. »Du hast sie genommen und im Korb versenkt.«
Zane grinste. »Na ja, dessen bin ich mir natürlich bewusst. Wenn alles geklappt hat, ist es ein großer Triumph – wenn . Aber wir werden es nie erfahren, nicht wahr?«
Holle berührte Theo am Arm. »Ich glaube, das reicht. Es war schön, mit dir zu sprechen, Jerry.«
»Ist mir immer ein Vergnügen, Holle.«
»Ist Zane 3 da? Vielleicht könntest du ihn nach vorn kommen lassen.«
»Gleich.« Zane schloss die Augen und legte sich hin. Einen Moment lang schien es, als wäre er eingeschlafen. Dann bewegte er sich unruhig. Sein Gesicht wurde weicher, die Lippen schoben sich vor und formten eine Art Schmollmund. Er schlug die Augen auf und schaute sich im OP um. »Ach du Scheiße, ich bin immer noch hier.«
»Hallo. Spreche ich mit Zane?«
»Du weißt, wer ich bin.«
»Und du weißt, weshalb du heute hier bist.«
»Du willst diese alberne sogenannte Reintegrationsprozedur ausprobieren.«
»Hast du was dagegen?«
Er lachte, ein dumpfer, bitterer Laut. »Was spielt es schon für eine Rolle, ob ich etwas dagegen habe oder nicht?«
Theo sagte: »Seba sollte ungefähr um diese Zeit bei der Erde eintreffen. Macht dich das nicht stolz?«
»Sie haben das Modul verlassen«, sagte Zane. »Kelly und die anderen. Sie sind entweder tot oder sitzen irgendwo in einem
Käfig. Wir werden sie nie wiedersehen.« Er starrte Theo an, bis dieser den Blick abwandte.
»Darf ich davon ausgehen, dass du der Prozedur zustimmst?«, fragte Holle.
»Ja, ja. Bringen wir’s einfach hinter uns.« Seine Augen schlossen sich.
Holle begann mit dem geduldigen Hypnoseprozess. »Entspann dich einfach. Du fühlst, wie die Spannung, die Energie aus deinen Fingern, deinen Zehen strömt, wie eine Flüssigkeit. Du sinkst tiefer in dich hinein …« Die Schlüsselworte, mit denen Wetherbee Zane in hypnotischen Trance versetzt hatte, wirkten immer sehr schnell.
Wie schon seit sieben Jahren merkte Holle auch diesmal wieder, wie anstrengend es war, einfach nur mit Zane 3 im selben Raum zu sein. Seine Passivität, seine Depressionen, sein abgrundtiefes Selbstmitleid waren schrecklich. Es bedeutete nur einen schwachen Trost für sie, dass Mike Wetherbee den Randbemerkungen in seinen Aufzeichnungen zufolge oftmals dasselbe empfunden hatte.
Nach der Aufteilung und Mike Wetherbees Entführung hatte Wilson Freiwillige finden müssen, die verschiedene Aspekte von Wetherbees ärztlicher Rolle übernahmen. Grace Gray, ernst und ängstlich, aber auch verantwortungsbewusst, war mit gutem Beispiel vorangegangen und als Autodidaktin in die Rolle des Schiffsarztes geschlüpft, so gut sie konnte. Und Holle hatte sich erboten, Zanes komplexen Fall zu übernehmen. Sie hatte bereits einige von Wetherbees Sitzungen miterlebt, wusste ungefähr, was die Arbeit umfasste, und war sich im Klaren darüber, dass sie weitergeführt werden musste, wenn Zane gerettet werden sollte.
Und es war Wilson gewesen, der vorgeschlagen hatte, dass Theo sie unterstützen sollte. Wilson, der seine übrig gebliebene Crew nach Kellys Meuterei, wie er es nannte, umstrukturiert hatte, war der Ansicht gewesen, dass Theo einen anderen Schwerpunkt brauchte, eine andere Hauptaufgabe neben seiner Rolle als HeadSpace-Türsteher. Nach anfänglichem Widerstreben hatte Theo gute Arbeit geleistet. Er hatte sich in die Unterlagen vertieft. Seine Erfahrung mit virtuellen Systemen war in gewissem Sinn hilfreich, denn es war, als lebte Zane in einer eigenen, defekten virtuellen Realität.
Als Holle ihn besser kennenlernte, bekam sie allmählich mit, was für eine
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