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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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Fotoevaporation, davon, dass das Sternenlicht den Mantel eines Jupiter wegreißen konnte, um einen Neptun oder Uranus freizulegen.
    Die Kuppel war leer bis auf die beiden und Venus, die sich mit aufgesetzten Kopfhörern und Virtual-Brille in ihre Arbeit vertieft hatte und praktisch abwesend war.

    Helen war schön, dachte Grace, die ihre Tochter, deren Profil sich als Silhouette vor dem Sternenfeld abzeichnete, eingehend betrachtete. Schön auf eine Art, wie sie selbst es nie gewesen war, nicht einmal mit siebzehn, wenn jeder schön war, obwohl sie denselben Teint wie Helen besaß. Helens Vater, Hammond Lammockson, Nathans Sohn, war klein, gedrungen und bullig gewesen wie sein Vater. Grace sah nur wenig von Hammond in Helen – vielleicht etwas von Nathans Entschlossenheit. Vielleicht war sie auch eine Expression königlichen saudischen Blutes. Möglicherweise hatte es aber auch etwas mit der Mikrogravitation zu tun, die sie alle seit nunmehr sieben Jahren ertrugen, seit die Aufteilung die Erzeugung künstlicher Rotationsschwerkraft unmöglich gemacht hatte. Helen war damals erst zehn gewesen. Alle seither aufgewachsenen Kinder waren schlank und anmutig, wenn auch wider Erwarten nicht groß. Vielleicht sah sie auch wie Graces Mutter aus, deren Namen sie trug und an die Grace selbst sich nicht mehr erinnern konnte.
    Wie dem auch sein mochte, Helen war eine Gewinnerin der Gen-Lotterie – »begabt«, hatte Venus Jenning sie einmal genannt, eine der Handvoll Angehörigen der nächsten Generation, die man für intelligent genug hielt, um ihnen eine intensive Ausbildung angedeihen zu lassen. Grace hatte das immer vermutet, schon damals, als Helen ihr die Regeln von Zanes Unendlichkeitsschach beizubringen versucht hatte. Und sie sah nie schöner aus, als wenn sie sich auf ihre Studien konzentrierte.
    Grace merkte, dass Helen aufgehört hatte zu reden.
    »Kommst du noch mit?«
    »So einigermaßen.«
    »Möchtest du vielleicht einen Kaffee, bevor ich dir mehr zeige?«

    Venus schob die Brille in ihr ergrauendes Haar hinauf. »Hat da jemand was von Kaffee gesagt?«
    »Vielleicht ist noch welcher in der Thermosflasche.«
    »Ich glaube, der ist inzwischen schon ziemlich abgestanden. Warum füllst du sie nicht für uns auf?«
    »Oh.« Helen schaute von einer zur anderen. »Ihr wollt ohne mich miteinander sprechen, stimmt’s?«
    Grace lächelte und strich eine schwebende blonde Locke in den Knoten zurück, den ihre Tochter am Hinterkopf trug. »Nun ja, ich bin hergekommen, weil ich Venus besuchen wollte, Schatz.«
    »Ich versteh schon.« Helen hatte die Beine um einen T-Hocker geschlungen; jetzt löste sie sie voneinander, stieg in die Luft, schoss mit fischartiger Präzision nach unten und nahm die Flasche aus der Halterung neben Venus. »Ich gebe euch zehn Minuten. Dann muss ich dir noch mehr tolle Sachen zeigen, Mum. Abgemacht?«
    Grace lächelte. »Abgemacht.«
     
    Als sie durch die Luftschleuse hinausgesegelt war, wandte sich Venus an Grace. »Ich nehme an, du bist hier, um über Wilson zu reden.«
    »Ja. Und über Steel Antoniadi. Bei diesem Mädchen ist er zu weit gegangen. Das ganze Modul redet darüber. Ich treffe mich später mit Holle. Vielleicht könntest du auch kommen. Wenn wir ihn zu dritt zur Rede stellen …«
    »Okay.« Venus gähnte und reckte sich; sie trug keinen Gurt, und als sie den Rücken wölbte, stieg sie von ihrem Stuhl empor. »Es geht wohl nicht anders. Ich muss zugeben, dass es mir immer schwerer fällt, mich mit so einem Scheiß zu befassen.« Sie starrte zu den Sternen hinaus. »Manchmal verliere ich mich einfach
hier drin. Und Gott sei Dank ist Wilson Sprecher geworden und nicht ich. Helen ist wirklich eine der Besten, die wir haben, weißt du. Hast du was dagegen, wenn ich sie hierherhole, um ihr was beizubringen?«
    »Nein. Sie verbringt sogar noch mehr Zeit mit der Ausbildung zur Shuttle-Pilotin als hier drin. Ich bin dankbar, dass sie diese Möglichkeiten hat. Aber es gibt eine Menge Gemecker über deine Schüler und ihre Privilegien. Eins muss man Wilson lassen, er verteidigt dich, er betont immer, wie sehr wir die Planetensuch- und Navigationsfunktionen brauchen.«
    »Ist ja auch so. Aber wie steht er zu meinen Grundlagenforschungsprogrammen? Grundbegriffe der Physik, der Kosmologie …«
    »Darüber habe ich mit ihm noch nie gesprochen.«
    Venus schaute wieder zu den Sternen hinaus. »Ich finde einfach, wir sollten mehr tun als – na ja – Wände abschrubben und verstopfte Latrinen

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