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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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Nicht beide. Eine Augenblicksentscheidung. Magda konnte noch mehr Kinder bekommen. Sie packte Magda, pflückte sie aus der Luft. Magda wehrte sich schwach, streckte die Hand nach dem Kind aus. Holles Sicht trübte sich. Ihre Haut kribbelte schmerzhaft. Sie zog sich mit Magda zur Shuttle-Schleuse hinunter.
    So etwas würde nie wieder passieren, schwor sich Holle. Nie wieder.

86
    Von ihrem Standort auf dem Manipulatorarm aus sah Venus, wie die abmontierte Wandverkleidung herausgepurzelt kam, gefolgt von Abfall, einem Sprühnebel und Körpern, die wie aufs Trockene gezogene Fische zappelten. Sie war froh, dass sie zu weit entfernt war, um zu erkennen, wer sie waren, besonders die Kinder.
    All dies sah sie aus der Wärme ihres Anzugs heraus, das Summen der Ventilatoren ihres Lebenserhaltungssystems in den Ohren, umgeben von ihrem eigenen, ein wenig moschusartigen Geruch. Sie erwog, dort hinunterzutauchen, um zu helfen, sich vielleicht vom Arm zu lösen, mit Hilfe ihres Raketenrucksacks zu den sich überschlagenden Menschen zu fliegen und sie durch dieses Loch wieder ins Licht zu zwängen. Aber es würde vergebliche Liebesmüh sein. Selbst wenn sie nicht schon tot waren, gab es keine Luft mehr im Modul, keine Möglichkeit, sie rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Und sie würde sich wahrscheinlich nur selbst zum Tode verurteilen. Es war am besten, abzuwarten und dann auf dem Arm nach unten zu sinken, das Modul in ihrem Anzug zu betreten und nachzusehen, wer noch übrig war, um gerettet zu werden.
    Falls überhaupt jemand. Ihr kam abrupt der Gedanke, dass niemand überlebt haben könnte, niemand außer ihr. Dass sie vielleicht bald in ein Modul zurückkrabbeln würde, das sich in ein luftleeres Grab verwandelt hatte, allein, siebzig Lichtjahre von der Erde entfernt.

    Aus dem Augenwinkel heraus sah sie einen Lichtfunken. Es war das Shuttle, das seine Korrekturtriebwerke zündete. Sie verspürte eine jähe Aufwallung von Erleichterung. Natürlich war sie nicht allein, zumindest hatte jemand in der Raumfähre überlebt. Jetzt manövrierte sie bestimmt, um wieder anzudocken.
    Aber dann sah sie zu ihrem Schrecken, dass die Lichtpunkte der Korrekturtriebwerke das Shuttle vom Modul weg schoben. Die Triebwerke feuerten immer wieder, und Abgasprodukte kamen in kurzen Fontänen schubweise aus ihren winzigen Düsen. Aber jeder kleine Schub ging in die falsche Richtung; das Shuttle beschleunigte vom Modul weg und zu den Sternen.
    Nein, nicht zu den Sternen. Zur Warp-Blase. Und Venus verstand. Das Shuttle war sabotiert worden; jemand hatte die Steuerschaltkreise umgedreht. Man hatte es absichtsvoll sabotiert, um den oder die Insassen in die Blasenwand zu schicken.
    Wer immer an Bord des Shuttles war, begriff es endlich auch. Eine neue Konstellation von Impulsen leuchtete um den Rand des Shuttles, um seine Stummelflügel herum auf. Wenn man nach unten wollte, musste man nach oben steuern … Aber es war zu spät, um den bereits aufgebauten Schwung wieder loszuwerden.
    Eine Gestalt in einem Druckanzug wand sich aus einer Luftschleuse. Sobald sie das Shuttle verlassen hatte, wurde sie von einem Rückstoß aus einem SAFER-Rucksack vorwärtsgetrieben. Sie erkannte den Anzug an den Ident-Markierungen an den Beinen. Es war der von Wilson Argent.
    Es dauerte lange Sekunden, bis die Warp-Gezeiten den Rumpf der Raumfähre zerknüllt hatten wie eine unsichtbare Hand, die ein Papierspielzeug zerquetschte. Als die Druckkabine nachgab, quoll die Innenluft heraus, und Wassereiskristalle blitzten auf. Ein einzelner Körper schwebte im All, nackt und zierlich, bevor er in die Warp-Barriere stürzte und zu einem blutigen Kometen wurde.

87
    »Ist schon gut. Nicht mehr lange, mein Schatz, wir schaffen das schon, ist alles okay, halte einfach meine Hand …«
    »O Gott, o Scheiße, warum musste das passieren warum jetzt warum heute ich kann nicht glauben dass mir das passiert …«
    »Ich will Billy-Bob! Dad, ich will meinen Billy-Bob! Du hast mir nicht erlaubt, ihn holen zu gehen …«
    Es gab nichts, was Holle tun konnte, bevor diese Raumfähre nicht entladen war. Sie schätzte, dass sich vierzig Personen darin drängten, hineingestopft von Helen Gray und ihr selbst, vierzig Personen in einem reduzierten Einweg-Landegleiter mit minimaler Masse, der für höchstens fünfundzwanzig Passagiere ausgelegt war. Holle konnte sich kaum bewegen; all die Menschen um sie herum drückten ihr gegen den Rücken und den Bauch, klemmten ihr die Beine ein, und sogar

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