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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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wurden diplomatische Noten mit Utah ausgetauscht; Mormonenführer in Salt Lake City weigerten sich nun, Steuern an den Bund abzuführen. Präsidentin Vasquez würde dazu demnächst eine Erklärung abgeben. Meerwasser, das sich von Alabama aus durchs Tennessee-Tal vorarbeitete, löste eine neue Evakuierungswelle aus und produzierte weitere Bilder durchnässter Menschen, die in prasselndem
Regen dicht gedrängt auf Landstraßen dahinstapften. Die Regierung erwog, Truppen in die Friedmanburgs zu schicken, die von Unruhen geplagten neuen Städte auf den Great Plains, wo Einwohner gegen die Ausbeutung durch die Reichen protestierten, die das Land ursprünglich aufgekauft und einen großen Teil der Erschließungskosten bezahlt hatten. Holle wusste, dass ihr Dad irgendetwas damit zu tun hatte. Noch aktive Aufklärungssatelliten meldeten mutmaßliche Atombombenexplosionen in Tibet, dem Kulminationspunkt der Spannungen zwischen Indien, China und Russland.
    Zugleich erzitterte die Erde unter dem Gewicht des Wassers, das immer schwerer auf den Kontinenten lastete und weitere Tsunamis, Erdbeben und Vulkanausbrüche auslöste. Eine Übersichtskarte im Hintergrund zeigte, dass rund vierzig Prozent der weltweiten Landfläche aus der Zeit vor der Flut verlorengegangen und rund vier Milliarden Menschen vertrieben worden waren.
    Holle hasste die Nachrichten. All diese Schalen aus Schrecknissen, Elend und Konflikten, die sich um die Blase der Sicherheit legten, in der sie aufgewachsen war – und die, wie ihr allmählich klarwurde, eine sehr besonderer Ort war. Und obwohl Wissenschaftler manchmal behaupteten, dass die Flut bald ein Ende nehmen und das Wasser zurückweichen würde, schien es nicht sonderlich viel zu geben, worauf sie sich stützen konnten, und ihr Vater reagierte nie auf die leisen Hoffnungen, die sie weckten.
    »Können wir nicht zu Friends umschalten, Dad?«
    Patrick schreckte zusammen. Er hatte nicht gemerkt, dass Holle da war. »Oh, hallo, Schätzchen.« Er schaltete zu einer Konferenzschaltung um; Holle erkannte Edward Kenzie, einen sonnengebräunten Nathan Lammockson und andere. Ihre tiefen Stimmen dröhnten. Patrick hob den Arm und machte ihr
Platz. Sie setzte sich auf den Teppich neben ihn und kuschelte sich an ihn. Er war warm, müde und verschwitzt. Sein Geruch war ungeheuer beruhigend. »Entschuldige«, sagte er, »ich habe gerade ein bisschen geschwänzt. Eigentlich soll ich an dieser Konferenz teilnehmen. Friends – später vielleicht. Das läuft ja Tag und Nacht.«
    Holle war mit den alten Fernsehserien aus der Zeit vor der Flut aufgewachsen. Sie waren tröstlich, weil sie in einer Welt spielten, die für sie so irreal war wie die eines Märchens. »Worum geht’s bei der Konferenz?«
    »In einem Observatorium in Chile läuft gerade eine astronomische Durchmusterung. Ein Ort namens La Silla, sehr hoch gelegen. Das ist in Südamerika, weißt du? Gehörte früher mal den Europäern, aber jetzt erhält Nathan Lammockson, der in Peru sitzt, für uns dort den Betrieb aufrecht. Nicht dass er wüsste, was genau wir da oben eigentlich tun.«
    »Bestimmt nach Planeten suchen.«
    »Ja, darum geht es. Irgendein Ziel für die Arche zu finden. Und sobald das neue Raumfahrtzentrum fertig und einsatzbereit ist, wollen wir eine Sternenschirm-Mission durchführen.«
    »Eine was?«
    »Ich weiß nicht genau, ob ich’s verstehe, aber es ist interessant. Man schickt eine riesige Plane hoch, die in Rotation versetzt und dadurch stabilisiert wird. Das Ding sieht wie eine Blume mit Blütenblättern aus. In mehreren Tausend Kilometern Entfernung befindet sich ein konventionelles Teleskop – wir benutzen das Hubble. Der Schirm soll das Licht des Sterns blockieren, damit das Teleskop etwaige Planeten aufspüren kann. Mit diesem Arrangement sollte es uns gelingen, Kontinente auf einem erdähnlichen Planeten bis in dreißig oder vierzig Lichtjahren Entfernung auszumachen. Vor Jahren hat sich ein Astronom
an der University of Colorado in Boulder sehr für dieses Projekt eingesetzt. Dadurch konnten wir es ausgraben.«
    »Und eine Pause zu machen bedeutet für dich also, die Nachrichten zu gucken? Die sind immer schlecht.«
    »Ich weiß.«
    »Manchmal denke ich, alle haben Angst.« Es stimmte: Die Menschen hatten Angst vor der Flut, die noch weit von der Stadt entfernt war, Angst vor den Eye-Dee-Wellen, weil sie Schmutz, Krankheiten und Hunger mit sich brachten und Raum beanspruchten, und Angst voreinander, denn in Zukunft würde es

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