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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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vom Neuen Bund, die behaupten, dass Gott die Sünder ertränkt. Als Gegenreaktion werden wir säkular.« Der dunkelhäutige, aufgeweckte, stämmige Wilson war ein Neuzugang aus den Flüchtlingslagern; man hatte ihn wegen seiner scharfen Intelligenz und seiner starken Persönlichkeit ausgewählt. Holle hatte
den Eindruck, dass er Don und Kelly die informelle Führung der Gruppe streitig machte.
    »Ihr zwingt die Leute, eine Wahl zu treffen«, sagte Kelly Kenzie. »Wir haben ein paar gute Leute verloren, deren Eltern den anderen Weg gewählt und Gott eurem Ausleseverfahren vorgezogen haben.«
    »Also, mein Verfahren war das nicht«, sagte Howe. »Der Theorie der Sozialingenieure zufolge …«
    »Die Theorie spielt gar keine Rolle«, unterbrach ihn Venus Jenning, die in einem vergilbenden Taschenbuch blätterte. Sie war ein schlankes, hochgewachsenes, ruhiges und stilles Mädchen, fasziniert von Astronomie, was möglicherweise von dem Namen herrührte, auf den sie getauft worden war. Und sie mochte Science-Fiction, Bilder verschwundener Zukünfte. »Hey, schaut euch das an«, sagte sie jetzt. Ihr Buch trug den Titel Die Tür in den Sommer ; der Autor hieß Robert Heinlein. »Hier drin wird Denver auch zur Bundeshauptstadt. Nach dem Sechswöchigen Krieg 1970!«
    »Sie wollten gerade etwas zum Thema Theorie und Praxis sagen, Miss Jenning?«, soufflierte Howe in ruhigem Ton.
    »Ach ja. Entschuldigung. Also, wegen des Religionsverbots haben wir Juden, Hindus und Muslime verloren. Barry Eastman. Juri Petrow. Miranda Nikolski! Sie war unsere beste Mathematikerin. Obwohl sie ein Jahr jünger ist als ich, hat sie mir interstellare Navigation beigebracht! Man kann sich’s nicht leisten, solche Leute zu verlieren. Sogar Zane hätte beinahe aufhören müssen.«
    Die Aufmerksamkeit der Gruppe richtete sich auf Zane Glemp. Nach drei Jahren auf der Akademie gehörte der zwölfjährige Zane noch immer zu den Schüchternsten der Gruppe, und er schaute zu Boden.

    »Zane?«, sagte Magnus Howe aufmunternd.
    »Ja, stimmt. Die Vorfahren meines Vaters waren Juden. Wir üben unsere Religion nicht aus. Aber meinem Vater gefiel der Gedanke nicht, dass wir unsere gesamte Tradition wegwerfen sollten. Und ich glaube, es gefiel ihm auch nicht, dass die Sozialingenieure sich in sein Projekt eingemischt haben.«
    Don Meisel schnaubte. »Jerzy Glemp war zwar von Anfang an dabei. Aber ganz egal, welche Ideen er eingebracht hat, es ist nicht sein Projekt. Es wird mit dem Geld meines Vaters finanziert, und mit dem Geld von deinem und deinem und deinem.« Er zeigte auf die Kinder der Superreichen: Kelly, Susan Frasier, Venus Jenning, Cora Robles, Joe Antoniadi, Holle. Cora, ein reiches Mädchen, das mit Angriffen auf den Reichtum ihrer Eltern aufgewachsen war, ließ nur ein reizendes Lachen vernehmen.
    Magnus Howe wandte sich wieder an Zane. »Und warum bist du dann noch hier?«
    Zane zuckte die Achseln. »Auf die Arche zu kommen, war uns wohl wichtiger. Was nützt die Religion, wenn die Familie ausgelöscht ist? Und Mr. Smith hat uns ein paarmal besucht. Er hat meinen Dad gedrängt, mich im Projekt zu lassen.«
    Daraufhin trat eine seltsame Stille ein. Harry Smith, ihr pädagogischer Betreuer – groß, schroff, kompliziert –, spielte eine wichtige Rolle in ihrer aller Leben. Er stand seinen Schützlingen nahe und verbrachte einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner dienstfreien Zeit mit den Kandidaten. Er war sogar dazu übergegangen, sich wie die Schüler zu kleiden, und trug eine Variante ihrer farbenfrohen Lycra-Uniformen. Und manchmal sah er einen mit einem strengen, harten Blick irgendwie herausfordernd an. Besonders Zane Glemp sah er so an. Es war also keine große Überraschung, dass Harry Smith bei Zanes Vater gewesen war und ihn gedrängt hatte, seinen Sohn im Projekt zu lassen.
Holle hätte wetten können, dass die anderen jetzt darüber nachdachten. Keiner sagte jedoch ein Wort. Das tat nie jemand. Auf der Akademie herrschte knallharter Wettbewerb, und die Leitung suchte ständig nach einem Grund, jemanden hinauszuwerfen. Niemand wollte sich Ärger einhandeln. Wenn Harry Smith für Zane ein Problem darstellte, war es Zanes Sache, damit fertigzuwerden.
    Falls Magnus Howe merkte, dass seinen Schülern etwas dergleichen durch den Kopf ging, so ließ er es sich nicht anmerken. »Kommen wir zum Punkt. Was glauben Sie, weshalb wir die Religion aus diesem Projekt herauszuhalten versuchen?«
    »Um Konflikte zu vermeiden«, sagte Wilson. »Ein

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