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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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bleiben.
    Alonzo starrte Kelly an, die ihm die Frage gestellt hatte. Und dann zeigte er auf Don Meisel, der neben ihr stand. »Du. Rotschopf. Pack deine Sachen. Du nimmst ab sofort Matts Platz bei der Polizei ein.«
    Don zitterte. »Ich? Sie wissen doch gar nichts über mich. Sie kennen nicht mal meinen Namen! Und ich habe gar nichts gesagt …«
    »Genau. Die Kleine neben dir hatte den Mumm, den Mund aufzumachen.« Als Don sich nicht rührte, sagte er mit Unheil verkündender Gelassenheit: »Bist du immer noch da?«
    Don drehte sich um und ging davon. Er schob sich mit rotem Gesicht an Holle vorbei. Seine Augen brannten vor Demütigung und Zorn.
    »Morgen früh«, sagte Alonzo, »suche ich den zweiten aus, der fliegt. Und jetzt an die Arbeit.« Er machte auf dem Absatz kehrt und ging hinaus.
    Holle verspürte nur kaltes Entsetzen. Seit dem Tag ihrer Aufnahme in die Gruppe war Don Meisel einer der offensichtlichen Anführer gewesen. Sie hatte sogar geglaubt, er könnte Kapitän werden. Und jetzt war er fort, einfach so. Wenn schon Don Meisel seinen Platz durch eine solch willkürliche Entscheidung verlieren konnte, wer würde dann morgen wohl gehen müssen?

17
    Keine halbe Stunde nach Gordo Alonzos Ansprache wurde Don Meisel vor der Tür des Polizeipräsidiums in der Delaware Street abgesetzt.
    Er betrat eine überfüllte Eingangshalle. Cops in schäbigen Uniformen und Zivil gingen dort ein und aus; manche riefen etwas ins Leere oder lauschten geistesabwesend einem Angel. Schwere, geschlossene Sicherheitstüren führten tiefer ins Gebäude hinein. Viele der Cops hielten Pappbecher in der Hand; ein starker Kaffeegeruch lag in der Luft. Die Neonröhren wirkten matt, die Wände waren in einem schlammigen Gelb gestrichen. Der Geräuschpegel und das trübe Licht erweckten den Anschein, als begäbe man sich in eine Höhle hinein. Nichts davon kam ihm real vor. Er konnte nicht glauben, dass er hier war. Ein stämmiger Latino saß auf einem Plastikstuhl, die Hände vor dem Leib gefesselt. Seine Nase sah aus, als wäre sie plattgeschlagen worden; in den Nasenlöchern steckten blutige Papiertaschentuchpfropfen. Er starrte Don in seiner farbenfrohen Kandidatenuniform an, grinste höhnisch und zeigte dabei einen Mund voller abgebrochener Zähne. Don schreckte nervös zurück.
    Eine uniformierte Polizistin kam auf Don zu. Sie war vielleicht fünfzig, mit dichtem, ergrauendem Haar, das sie auf dem Hinterkopf zu einem Knoten gebunden hatte. Ihr Gesicht war eine Maske; um den Mund und die kleine Nase lagen tief eingegrabene Falten, und die Augen waren von Müdigkeit verschattet.
Auf der rechten Wange hatte sie eine kleine Narbe, vielleicht von einem Schlag mit beringten Fingern. Sie hielt ein Klemmbrett und einen Handheld in der Hand. »Du bist Don Meisel, aus der Akademie?« Sie sah ihn bei diesen Worten nicht an.
    Er schwieg.
    Das veranlasste sie, zu ihm hochzuschauen. »Don Meisel«, sagte sie in energischerem Ton.
    »Ja.«
    »Ja, Ma’am.« Sie musterte ihn eingehender und konzentrierte sich auf sein Gesicht. »Trotziger Bursche, was? Du wirst schon merken, dass das hier nicht gut ankommt. Okay, Meisel, wir wollen dich hier nicht haben.«
    »Und ich will nicht hier sein.«
    »Dann sind wir uns ja einig. Dass wir uns gegenseitig nicht leiden können.« In ihren Augen blitzte Humor auf. »Hör zu, ich erklär dir einmal und nie wieder, wie dein Leben von jetzt an aussehen wird. Danach bist du auf dich selbst gestellt. Okay?«
    Er nickte steif.
    »Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst. Wirklich. Aus deiner kuscheligen Koje, dem tollen, teuren Programm, das sie da drüben laufen haben, rausgeworfen und hier auf der Delaware in diese Grube geschmissen zu werden. So fühlt es sich an, stimmt’s? Und ich weiß, wie du dir dein künftiges Leben vorstellst. Hungeraufstände niederschlagen, sich mit tuberkulösen Eye-Dees rumprügeln.
    Aber das ist nicht alles. Denver ist immer noch eine Großstadt und wird immer noch von amerikanischen Bürgern bewohnt, die von Rowdys, Schwarzhändlern, Zuhältern, Drogendealern und dem ganzen Pack in die Mangel genommen werden. Und wir sind immer noch Cops von Beruf. Ich rede von ganz normaler, altmodischer Polizeiarbeit, deren Aufgaben
mit den Flüchtlingswellen, die über diese unsere Stadt hinwegspülen, nur schwieriger geworden sind.« Sie schaute ihm tief und herausfordernd in die Augen. »Was meinst du, könntest du in dieser Art von Arbeit eine gewisse Befriedigung finden? Du bist ein

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