Die Letzte Arche
»Überlebender« dieser simulierten Bruchlandung mehr als ausreichend gewesen wäre, legten sie also inmitten der simulierten Wrackteile pflichtbewusst zwei davon nebeneinander aus und zogen Stifte heraus, damit die Streben sich aufbliesen und geräumige, rechteckige Kuppeln formten. Die Unterkünfte waren leuchtend orangefarben, wie ihre Schutzanzüge, und bestanden aus widerstandsfähigem Kevlar über einer luftdichten Innenhülle. Es dauerte nicht lange, dann hingen die Unterkünfte an Stromaggregaten, Luftreinigern und Wasseraufbereitern, die sie aus dem Trümmern geborgen und auf Schäden überprüft hatten.
Mel entschied, dass Felshaken in den steinigen Boden geschlagen und die Kuppeln zum Schutz vor dem Wind mit Zeltschnüren gesichert werden mussten, aber die simulierten
Strahlungs- und Ultraviolettwerte, die seine Sensoren lieferten, deuteten darauf hin, dass sie keine weitere Strahlungsabschirmung wie etwa eine Schicht Erdreich über den Hüllen brauchten. Also beschloss er, dass die Unterkünfte der Moral halber miteinander verbunden werden sollten; einlagige Reißverschlussklappen führten zu einer gemeinsamen Luftschleuse.
Nachdem die Absturzstelle gesichert und die Unterkünfte befestigt waren, krabbelten die Besatzungsmitglieder mit Nahrungspäckchen und Kleidung zum Wechseln hinein. Don gesellte sich zu ihnen, womit er strenggenommen die Regeln der Simulation brach. Die beiden Paare – Mel und Holle, Don und Kelly – nahmen Alpha, wie Mel seine Kuppel genannt hatte, Zane, Venus, Susan und Matt Beta. Wegen Zanes Pseudo-Beinbruch musste er durch die Luftschleuse hineingehievt werden.
Holle und Mel krochen vergnügt in ihrer Unterkunft herum und verloren Kelly und Don bald aus den Augen. Mit ihrem geräumigen Innern war die Kuppel ein Meisterstück aufblasbarer Architektur. Zwischenwände unterteilten sie in keilförmige Sektoren, und in einer zentralen Säule konnte man einen Duschraum und eine Kombüse einrichten und die wissenschaftliche Arbeit bei der Erforschung der planetaren Umgebung erledigen, in der sie ihr Leben verbringen würden.
Doch all das konnte warten. Fast aufs Geratewohl entschieden sich Holle und Mel für einen Keilsektor, der ihnen als Wohnraum dienen würde. Das schräg abfallende Dach war in der Mitte gerade so hoch, dass man stehen konnte. Für Licht sorgten dicke Doppelscheibenfenster und ein hellleuchtendes Wandelement.
Sie warfen ihre Decken- und Kleiderbündel auf den Boden und sahen sich an. Mit dem Ratschen von Klettverschlüssen schob Mel seine Kapuze nach hinten, nahm die Schutzbrille
ab – sie hinterließ rote Panda-Ringe um die Augen – und zog die Maske vom Mund; sie löste sich mit einem saugenden Geräusch von seiner Haut. Er strich sich mit der Hand über das kurzgeschorene Haar. »Gott sei Dank, endlich.«
»Du stinkst.«
»Und du schälst dich mit einem tollen, langsamen Strip aus einem Schutzanzug.«
»Perversling.« Sie packte ihn am Brustelement des Anzugs und zog; es löste sich widerstandslos, und dann schob sie seine Weste hoch.
Er machte sich bei ihr ans Werk, öffnete Reißverschlüsse, Schnallen und Schließen und riss Klettbänder auf. Sie waren darauf trainiert, schnell aus ihren Anzügen herauszukommen, wenn es sein musste, und binnen Sekunden waren sie nackt. Sein Glied war bereits hart, als er die Arme nach ihr ausstreckte, und sie kreischte auf und sprang an ihm hoch. Mit einem Stoß war er in ihr, und schon hatte sie die Arme um seinen Hals geschlungen, seine starken Hände lagen unter ihren Schenkeln, und er ging hin und her, bewegte die Füße, und die Schwerkraft ließ sie noch mehr verschmelzen. Dann fanden sich ihre Lippen, und sie sanken gemeinsam zu Boden.
Wie bei so vielen anderen Aspekten ihres Lebens war es auch beim Liebesspiel: Sie hatten fleißig geübt und beherrschten es nun aus dem Effeff.
Obwohl sie Mel seit ihrer beider dreizehntem Lebensjahr kannte, als Gordo Alonzo ihn und Matt Weiss in die Kandidatengruppe hineingedrückt hatte, waren sie erst vor kurzem, in den letzten paar Monaten, ein Paar geworden. Holle wusste immer noch nicht so recht, weshalb aus dem Strudel kurzer, intensiver Beziehungen, die wie ein Feuersturm in der Kandidatengruppe getobt
hatten, als sie fünfzehn, sechzehn, siebzehn gewesen waren, ausgerechnet Mel als ihr Partner hervorgegangen war. Ihre Beziehung war nie so augenfällig gewesen wie die von Thomas und Elle, die schon von Kindesbeinen an ein Paar bildeten, oder die von Mike
Weitere Kostenlose Bücher