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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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das persönliche Überleben den höchsten Stellenwert besaß. Es entstammte den Kreisen der Superreichen, die sicher in ihren festungsartigen, eingezäunten Nobelsiedlungen und auf ihren riesigen Hochseeschiffen saßen. Im Gegensatz zu seiner Vorgängerin unterstützte Präsident Peery die Weltanschauung der Bündler und baute sie zur Rechtfertigung für den Umgang seines Regimes mit Flüchtlingen in seine Reden ein. Holles Vater meinte, die Menschen suchten nach theologischen Rechtfertigungen für die Grausamkeiten, die sie anderen der
Umstände halber zufügen mussten, und genau die liefere ihnen Peery. Für jemanden wie Don mochte das ein Trost sein.
    Aber Venus sagte: »Alles, was die Bündler sagen, widert mich an.«
    Don trank gelassen einen Schluck von dem Schnaps. »Alles, was du gehört hast, vielleicht. Willst du mal auf eine Patrouille mitkommen?«
    »Hört auf damit«, sagte Zane scharf. »Wir werden zu viel zu tun haben, um uns zu streiten. Sie haben gerade eine Übung für morgen geschickt, die wir durchführen sollen.« Ein Laptop stand zu seinen Füßen. »Ich leite euch die Details weiter.«
    Mel stöhnte. »Was für eine Übung?«
    »Wir sollen eine nochmalige komplette Überprüfung des Startsystems der Orion-Stufe vornehmen. Der bisher getroffenen technischen Entscheidungen. Wir sollen mit einem retrospektiven Bericht über alles zurückkommen: der Einsatz von Polyäthylen gegenüber Aluminium als Belag für die Prallplatte, das zweistufige Stoßdämpfersystem, die nichtlinearen Instabilitäten, die auftreten, wenn sich der Plasmastrom einer Atomexplosion mit den von der vorherigen Explosion übrig gebliebenen turbulenten Abtragungsprodukten mischt. Wie wir die KI-Systeme so reduzieren können, dass sie zur Kapazität der für militärische Anforderungen entwickelten, gegen Strahlungsbelastungen unempfindlichen Chips passen, die wir benutzen müssen …«
    Kelly runzelte die Stirn. »Was hat das mit der Sim zu tun? Die Orion-Stufe wird Lichtjahre hinter uns abgeworfen worden sein, wenn wir zur Erde II kommen.«
    »Ja. Aber auch auf der Erde II werden wir von dem Moment an, in dem wir landen, wissenschaftliche Arbeit bewältigen müssen. Angefangen mit der Wissenschaft, wie man am Leben bleibt. Ich denke, sie wollten uns ein paar sinnvolle akademische
Aufgaben stellen, die man unter diesen Bedingungen abarbeiten kann – scharfes Nachdenken in Bodenanzügen. Ach, und sie haben uns eine Schaukel gegeben. Eine Stunde pro Tag für jeden von uns, obligatorisch, in unseren Schutzanzügen.«
    Noch mehr Gestöhne. Aber man hatte festgestellt, dass eine Schaukel – nichts Komplizierteres als das Gartenspielgerät eines Kindes – eine gute Simulation des Flugerlebnisses mit einer Orion war; alle paar Sekunden gab es einen Beschleunigungsschub von ein paar Ge, wenn eine Bombe unter der Prallplatte explodierte: Schub, Schweben, Schub, Schweben, als würde man immer wieder vor und zurück schaukeln.
    Kelly brachte das Gespräch rasch auf das Thema, das ihre kleine Welt beherrschte, seit die Sozialingenieure es ihnen aufgehalst hatten: dass frisch geschwängerte Frauen in die Besatzung aufgenommen werden durften. Auf ihre ehrgeizige, logische Art hatte Kelly schärfer über dieses Thema nachgedacht als alle anderen.
    »Ist euch klar, was das für uns bedeutet? Überlegt mal. Du strengst dich an, du siehst den Starttag kommen, also suchst du dir zwei, drei Monate vorher aufs Geratewohl irgendeinen Hengst und lässt dir einen Braten in die Röhre schieben. Du glaubst, dass du dadurch deine Chancen verbesserst. Du planst alles so, dass du am Starttag noch im ersten Drittel der Schwangerschaft bist. Aber dann gibt’s einen Aufschub. Sagen wir sechs Monate, nichts Schwerwiegendes. Aber das ist dein Ende, denn wenn die Arche losfliegt, hast du einen Bauch wie ein Ballon, oder noch schlimmer, du hältst ein Kind in den Armen. Mach winke-winke und besuch einen Schwimmkurs.«
    »Du redest vom Gebären«, protestierte Venus. »Vom Band zwischen Mutter und Kind. Den ursprünglichsten Aspekten unseres Menschseins. Wie kannst du so berechnend sein?«

    »Weil uns die Sozialingenieure nun mal in diese Situation gebracht haben«, sagte Kelly grimmig. »Du musst das ernst nehmen, denn wenn du’s nicht tust, spielt irgendeine Schlampe da draußen, die genau weiß, was sie will, das Spiel besser als du und luchst dir deinen Platz ab.«
    »Ganz gleich, was die Soz-Ings sagen, wir müssen doch nicht nach deren Pfeife tanzen

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