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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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stieg ihr in den Rachen. Aber sie schluckte schwer. Sie nahm ein Taschenmesser und schnitt den Anzug über diesem schwangeren Bauch auf. Dann drückte sie die Handfläche
ihres blutbeschmierten Innenhandschuhs auf die Unterwäsche der Frau und ließ die Pads an den Fingerspitzen als Stethoskop arbeiten.
    Kelly war neben ihr. »Alles okay?«
    »Ja. Eine Sekunde lang hat’s mich echt erwischt.«
    »Diese Sim-Designer sind Scheißkerle, was? Versuchen dauernd, uns reinzulegen. Aber du solltest auf keinen Fall in eine dieser Schutzmasken kotzen. Ich muss es wissen; ich hab gestern Morgen im NARC mein Frühstück ausgespuckt.«
    »Wirklich? Wieso?«
    Kelly zuckte die Achseln. »Hab wohl bloß was Falsches gegessen. Die sollten uns keine schwangeren Frauen zum Üben geben. Wenn wir auf dem Planeten landen, wird niemand schwanger sein.«
    Kelly nahm es stets sehr genau mit dem Plan, wie immer er auch gerade aussah. Je nach Lage der Dinge war das eine Stärke oder eine Schwäche. Holle sagte: »Keine Schwangerschaften, wenn jeder sich an die Regeln hält.«
    »Okay, okay. Du klingst wie Harry. Wir müssen uns auf alle Eventualitäten vorbereiten. Hast du da drin einen Herzschlag gefunden?«
    »Nein.« Und Holle war dankbar dafür, dass ihnen die grausige Prozedur erspart blieb, den Körper in eine aufblasbare Unterkunft zu schleppen und einen Notkaiserschnitt auszuführen.
    »Dann hilf mir lieber mal bei diesem Kleinen da drüben. Mein Arm, weißt du – typisch, dass ich mir die verdammten Gräten gebrochen habe …« Sie führte Holle zu einem weiteren »Opfer« hinüber, einer der kindergroßen Puppen.
    In ihren Übungen kamen nun auch Kinder vor, weil die Sozialingenieure plötzlich verfügt hatten, dass Frauen, die zum Startzeitpunkt schwanger waren, an Bord der Arche gehen durften.
Sinn der Sache war, die genetische Diversität mit möglichst geringem zusätzlichen Aufwand im Hinblick auf Volumen, Gewicht und Lebenserhaltung beim Start zu steigern; die Geburten konnten während des Fluges zum Jupiter mit Fernunterstützung der Ärzte auf der Erde erfolgen. Als Endresultat würden sie, sofern sie dem offiziellen Missionsplan folgten, eine kleine Gruppe Sieben- oder Achtjähriger dabei haben, wenn sie zur Erde II gelangten. Diese einschneidende neue Regelung, die aus heiterem Himmel kam, während es nur noch zwei Jahre bis zum Startdatum waren, hatte zu wilden Spekulationen und sexuellen Rangkämpfen unter den Kandidaten geführt.
    Der Kinder-Dummy lag über einer Hüllenstrebe. Sein Rückgrat war zweifellos gebrochen, und sein Oberkörper wurde von einer wirren Masse von Wrackteilen zu Boden gedrückt. »Bei dem armen Kind sind die Sim-Designer richtig in die Vollen gegangen«, sagte Kelly. »Sie sollten ein paar echte Achtjährige in diese Sims einbauen; die werden bei der Landung ja nicht alle ums Leben kommen.«
    Holle lachte. »Wer würde uns schon seine Kinder anvertrauen? « Sie hockte sich neben den »Jungen«. Seine Brust war zerquetscht, und das Becken schien ebenfalls gebrochen zu sein. Sie begann mit dem grässlichen Ritual der Suche nach Lebenszeichen.
     
    Schließlich waren sämtliche Körper überprüft. Die Leichen wurden aus den Trümmern getragen und ein paar Meter vom Zentrum der Bruchlandung entfernt nebeneinander auf den Boden gelegt und mit einer Plane zugedeckt.
    Diesmal übernahm Mel die Führung. Er ließ den Blick über die konturlose Wolkendecke schweifen. »Wenn die Zeitmessung hier auf der Erde II der irdischen entspricht, ist es jetzt später
Nachmittag, und wir sollten daran denken, unsere Unterkünfte zu errichten. Morgen früh können wir die Leichen entkleiden und die sterblichen Überreste beseitigen. Möchte jemand freiwillig die Grabrede halten?«
    »Ich mache das«, sagte Susan Frasier sanft.
    Kelly schaute sich um. »Ich würde sagen, wir sollten in der Nähe des Wracks bleiben. Hier sind wir vor dem Wind geschützt, und wir müssen unsere Ausrüstung nicht durch die Gegend schleppen – das Wasser, den Luftaufbereiter, die Kisten mit Nahrungsmitteln. Hast du das Feuer gelöscht, Matt?«
    »Ja. Keine giftigen Lecks, kein ausgelaufener Treibstoff – wir sind hier ziemlich sicher.«
    Mel nickte. »Dann stellen wir hier die Unterkünfte auf. Ich führe eine Gruppe – Venus, übernimmst du die andere?«
    »Klar.«
    Sicherheit durch Redundanz: Das galt auf dem Boden ebenso wie im Weltraum. Obwohl eine der großen aufblasbaren Unterkünfte in der Fähre für die jämmerliche Handvoll

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