Die Letzte Arche
Konstruktion …«
»Und so ein Ding hat Harry Smith getötet.«
Zane zögerte. Offenkundig fühlte er sich bei technischen Themen wohler. »Harry hat ein paar Kandidaten beaufsichtigt, die an dem Test beteiligt waren. Es sollte eine kontrollierte Detonation mit konventionellen Sprengstoffen geben, um einige der Prinzipien zu demonstrieren. Irgendwer hat eine Ladung von der zehnfachen Stärke eingesetzt. Die Art, wie die Explosion geformt war – sie hat den Bunker, in dem sie sich befand, weit aufgerissen. Sie hat Harry und einen weiteren Mann getötet.«
»Du denkst also, es war Absicht?«
»O ja. Jemand hat es so arrangiert, um Harry zu töten. Dass es noch einen anderen erwischt hat, war bestimmt reiner Zufall. «
»Aber kein Unfall.«
»Nein.«
»Wie viele Leute aus dem Projekt hätten so was hingekriegt?«
Zane hob die Schultern. »Eine Handvoll Bodentechniker. Aber keiner von denen kannte Harry gut, und das ist der springende Punkt, oder? Von den Kandidaten Matt Weiss oder ich,
ohne fremde Hilfe. Viele der anderen hätten es mit Unterstützung von außen tun können, sie kennen die Prinzipien.«
»Venus Jenning vielleicht.«
»Die hätte Hilfe bei den Details gebraucht.«
»Dann bleiben also nur Matt und du.«
»Sieht so aus.«
»Venus hat mir von ihrer Beziehung zu Harry erzählt.«
Zanes Miene wurde ausdruckslos. »Und nun willst du dasselbe von mir hören?«
»Ich weiß, es ist schwer. Erzähl mir einfach, wie es angefangen hat.«
Es war am Tag des Unfalls im Jahr 2036 geschehen, bei dem Zanes Vater fast ums Leben gekommen wäre. »Das war der Tiefpunkt. Die Gelegenheit für ihn.« Er erzählte ihr etwas über diese erste sexuelle Begegnung. Es glich dem, was Harry Venus beim ersten Mal angetan hatte – eine erprobte Technik, wie es schien. Aber Zane erzählte es auf merkwürdige Weise; er beschrieb die Vorfälle und Handlungen mit passiven Verben, völlig unpersönlich.
»Hat er dir gesagt, dass er dich liebt?«
»Diese Bemerkung fiel.«
»Hat er dich gefragt, ob du ihn liebst?«
»Diese Frage wurde gestellt.«
» Hast du ihn geliebt?«
»Da gab es ein Problem zu lösen.«
Grace starrte ihn an. Sie hatte im Lauf ihres Lebens viele verletzte Menschen getroffen; es war eine verletzende Welt. Aber Zane war außergewöhnlich. »Glaubst du, einer der anderen hat ihn geliebt?«
»Matt hat ihn geliebt, glaube ich, Matt Weiss. Er hat es mir mal erzählt, als er betrunken war.«
»Habt ihr irgendwen um Hilfe gebeten? Habt ihr jemandem erzählt, was da vorging?«
»Er hat den Vater gefragt«, sagte er seltsamerweise. Dann, etwas verzögert: »Ich habe meinen Vater gefragt.«
»Und?«
»Er hat gesagt, ein Kandidat für die Arche-Crew sollte solche Dinge selbst regeln. Er meinte, ein Opfer solcher Taten sei schmutzig und unwürdig.«
Sie versuchte, ihm weitere Details zu entlocken, und er antwortete auf dieselbe entrückte, unpersönliche Art.
Bei Zane hatte es keinen jähen Bruch seiner Beziehung zu Harry gegeben, keine ans Licht gekommenen Lügen, keinen Krach, keine Zurückweisung wie bei Venus. Zane hatte nie die Kontrolle erlangt. Die Beziehung war immer weitergegangen, der Sex auch. Dennoch hatte es zuletzt eine Krise gegeben.
»Harry hat gesagt, er würde dich beschützen. Aber am Ende hat er versagt, nicht wahr? Du bist ausgesiebt worden.«
»Es war ein Psychotest. Zane Glemp ist technisch begabt, aber ihm fehlt die emotionale Intelligenz. Das haben die Ärzte gesagt.«
»Letztendlich hat Harry also die Abmachung nicht eingehalten. All der Sex, die ganze Herumschleicherei, der Zorn deines Vaters – die Scham, die du empfunden haben musst. Trotz all dem hat er dir das Einzige, was du wolltest, nicht beschafft: einen Platz in der Crew.«
»Vielleicht war das gar nicht möglich. Sein Einfluss war immer eher negativ als positiv – er konnte jemanden durch ein nachteiliges Gutachten stoppen, aber niemandem einen Platz sichern.«
»Dann war also alles eine Lüge. Du hast ihn dafür gehasst«, sagte sie provozierend. »Du hast ihn gehasst, weil er dich erpresst
hat, weil er dir keinen Platz auf der Arche verschafft hat. Du hattest die Mittel und das Motiv, ihn zu töten.«
»Da war kein Hass. Da war nichts. Mord war nicht nötig.«
Und instinktiv glaubte sie ihm. Zane war ein Opfer, kein Täter; er hätte nie die Kontrolle an sich reißen können, wie Venus es getan hatte, und wie es der Mörder allem Anschein nach auch getan hatte.
»Wenn du ihn nicht getötet hast, wer
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