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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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Nachtübung. Ich schlief. Er hat den Reißverschluss meines Schlafsacks geöffnet und ist hinter mir reingeschlüpft. Willst du Details?«
    »Ich …«
    »Er hat mich gezwungen, ihm einen runterzuholen. Dazu musste ich nach hinten langen.« Sie zuckte die Achseln. »Das war’s. Als er weg war, hab ich saubergemacht. Ich dachte immer, dass Cora irgendwas geahnt hat. Vielleicht hat sie ihn gerochen. Würde mich nicht überraschen. Ich konnte es gar nicht erwarten, am nächsten Morgen unter die Dusche zu kommen. Die ganze Sache hat mich geschockt. Nicht so sehr der Sex selbst, ich war ja keine Jungfrau mehr. Aber alles, was er für mich getan hatte, war beschmutzt.«
    »Und von da an ging es so weiter.«
    »Ich hab keine andere Möglichkeit gesehen. Er hatte echte Macht über mich. Ehrlich gesagt, ich dachte, ich kämpfe um
mein Leben. Und der Sex war mir egal. Harry hat mich einfach nur angewidert. Er hat mich gern angefasst, und ich musste die Hände oder den Mund benutzen. Ich glaube, Jungs waren ihm lieber, wenn du die Wahrheit wissen willst. Er hat mich eher wie einen Jungen benutzt. Vielleicht hat ihm auch bloß die Macht einen Kick gegeben.«
    »Und das ging so bis zu seinem Tod?«
    »Zum Teufel, nein. Ich schätze, es hat ein paar Jahre gedauert. Dann hab ich die Wahrheit über die ethnische Selektionspolitik der Sozialingenieure rausgefunden.«
    »Nämlich?«
    »Es gibt keine. Ihr Mantra ist genetische Diversität in der ersten Generation und auch danach. Sie werden eher eine regenbogenfarbene Crew auswählen als eine weiße. Ich habe sogar rausgefunden, dass es tatsächlich eine Lobby gab, aber nicht für eine weiße, sondern für eine ausschließlich afroamerikanische Crew, weil die Diversität bei Afrikanern größer ist als irgendwo sonst; die Menschheit kommt schließlich aus Afrika. Harry hat also die ganze Zeit gelogen.
    Als ich das entdeckte, hab ich ihm in die Eier getreten, wenn du’s wissen willst.« Ihr Blick verhärtete sich bei der Erinnerung daran. »Ich war inzwischen alt genug, um zu wissen, dass ich ebenso viel Macht über ihn hatte wie er über mich. Projektmitarbeiter ist ein heiß begehrter Job, selbst wenn man kein Kandidat ist, und Harry wollte kein Eye-Dee werden. Er hatte es gern gemütlich, der gute alte Harry. Aber ich bin so richtig ungemütlich geworden. Am Ende hat er geweint, weißt du, und nicht nur wegen des Tritts in die Eier. Er hat mich gefragt, warum ich ihn nicht mehr liebte. Vielleicht hat er wirklich geglaubt, ich hätte ihn geliebt. Oder vielleicht hat er sich selber in die Tasche gelogen. Ist mir, ehrlich gesagt, egal, was in seinem Kopf vorging.«
    »Hast du Harry Smith getötet?«
    »Nein«, sagte sie geradeheraus. »Warum sollte ich?«
    »Er hat dich missbraucht. Dich belogen. Er hat seine Macht über dich missbraucht.«
    »Ach, weißt du, es gibt einen Haufen Leute auf dieser Welt, die zu viel Macht besitzen. Das hast du doch bestimmt auch schon bemerkt. Harry mit seinem schmierigen, erbärmlichen Gefummel war auch nicht schlimmer als viele andere. Letztendlich habe ich die Kontrolle erlangt. Ich brauchte ihn nicht zu töten. Er war schon lange vor seinem Tod aus meinem Leben verschwunden.« Sie sagte das ausdruckslos, sehr gefasst. »Glaub’s oder lass es bleiben. Ich könnte nichts davon beweisen. Hast du sonst noch Fragen?«

33
    Holle kam Grace im Restaurant abholen und brachte sie zu einem wartenden kleinen Konvoi von Panzerfahrzeugen hinaus. »Wir fahren mehrmals am Tag nach Gunnison und zurück. Dies ist die nächste Tour.«
    Zane Glemp war ebenfalls da, etwas jünger als Holle und Venus, dünn, blass und ernst unter seinem schwarzen Haarschopf. Er trug keine Kandidatenuniform und sah aus, als wäre er darin ohnehin fehl am Platz gewesen. Er hatte einen Laptop dabei. Holle hatte vorgeschlagen, dass er mit Grace nach Gunnison fuhr – er hatte dort zu tun – und unterwegs mit ihr redete.
    So saß Grace schließlich allein mit Zane in einem selbst gesteuerten Fahrzeug mit dicken Glasfenstern und geschlossener Klimaanlage, eingeklemmt zwischen zwei schweren, waffenstarrenden Trucks. Die Fahrzeuge fuhren in lebhaftem Tempo los, so schnell, dass Grace in den Sitz gedrückt wurde. Sie hielt sich an einem Haltegriff fest.
    Zane hatte seinen Laptop aufgeklappt. »Alles in Ordnung?«
    »Ich bin bloß nicht an hohe Geschwindigkeiten gewöhnt. Ich habe den größten Teil meines Lebens auf Wanderschaft verbracht, und die letzten sechs Jahre auf einem

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