Die letzte Aussage
Nic.«
Dann wieder Patrick: »Und was ist mit dem neuen Baby? Du hast doch bestimmt einen Anspruch auf den Nachlass des Vaters.«
Verdammt. Mit einem Mal bemerke ich aus dem Augenwinkel, dass Alistair eng an die Wand gepresst steht und aufmerksam zuhört. Aber als ich mich zu ihm umdrehe, ist er nicht mehr da.
Falls meine Mum etwas geantwortet hat, habe ich es verpasst. Aber Patrick sagt: »Du solltest mit ihnen Verbindung aufnehmen. Sie haben einen Sohn verloren, warum sollten sie auf die Möglichkeit verzichten, ihr Enkelkind kennenzulernen und zu unterstützen?«
Der Zeitpunkt ist so gut wie jeder andere, um in ihre Unterhaltung zu platzen. Ich werfe mir den Rucksack über die Schulter und marschiere ins Wohnzimmer, gerade als meine Mum, ganz rot im Gesicht, sagt: »Hör mal, nur weil ich gesagt habe, dass Ty ein paar Tage bei euch bleiben kann, heißt das noch lange nicht, dass du hier reinkommen und mir sagen kannst, was ich tun muss.«
»Patrick wollte doch nicht –«, wirft Lou ein, aber da reiße ich schon meine große Klappe auf und sage: »Er hat doch recht, Mum.«
»Was?« Meine Mum wirft mir einen giftigen Blick zu.
Wenn es mir gelingt, das durchzudrücken, lässt mich Alistair vielleicht in Ruhe. Endgültig. Für alle Zeiten.
»Du solltest … es ist die richtige Entscheidung … Alistair wollte es bestimmt auch, da bin ich mir sicher. Es ist nicht fair dem Baby gegenüber, wenn du es nicht machst.«
Jetzt sehe ich Alistair direkt neben mir. Ich glaube, er reckt beide Daumen nach oben.
Allgemeines Schweigen. Die Gesichtsfarbe meiner Mum hat von Rot auf Weiß gewechselt. Lou hat die Hand auf den Mund gelegt. Patrick zieht sein Taschentuch raus und putzt sich die Nase. Seine Augen sehen irgendwie komisch aus. Vielleicht ist er allergisch gegen Schimmel.
»Wir fahren besser gleich los«, sagt er. »Ich wollte dir nicht reinreden, Nicki, tut mir leid. Ich wollte mich nicht einmischen.«
»Aha«, erwidert meine Mum. »Na gut.« Sie klingt ein bisschen sauer, aber nicht so, als würde sie in den nächsten fünf Sekunden an die Decke gehen. Ich drücke sie rasch an mich, sage ihnen, dass sie meiner Gran, die immer noch mit ihrem unrechtmäßig erworbenen Zaster unterwegs ist, Tschüss sagen sollen, und dass sie zusehen sollen, dass ich zurück bin, ehe Lou und Em das Land verlassen.
»Aber klar doch«, sagt Mum wieder. »Sie fahren am ersten Januar und du musst dich am dreißigsten Dezember hier bei der Polizei melden.«
Sie machen aus, dass mich Patrick auf dem Rückweg zum Polizeirevier fährt, und das war’s. Wir sind draußen. Flucht aus der Festung der Frauen. Wir gehen runter, wo sein Auto erstaunlicherweise unversehrt steht, doch dann stellt sich heraus, dass er einem Jungen fünf Pfund gezahlt hat, damit er es nicht aus den Augen lässt.
Dann fahren wir los, die Stadt geht in grüne Wiesen und Landstraßen über, und Meg winselt hinten, weil sie raus und loslaufen will. Patrick hält an einem kleinen Weg an und Meg springt aus dem Auto. Sie saust davon, jede Faser von ihr bebt vor Freude, weil sie frei ist und einfach ihrer Nase hinterherrennen kann. Am liebsten würde ich mich in einen Hund verwandeln. So glücklich werde ich wohl nie werden.
Es ist so kalt, dass ich meinen Atem sehen kann. Jemand ist mit einem Traktor diesen schmalen Weg entlanggefahren, jetzt glänzt Eis in den zugefrorenen Furchen und in den Reifenabdrücken. Es tut gut, draußen zu sein und die kalte, frische Luft einzuatmen. Meine Gedanken werden klarer, mein Verstand wird wieder schärfer. Alles wird wieder deutlicher. Die Erinnerungen beißen so empfindlich zu wie die Kälte.
»Wir haben viel zu besprechen«, sagt Patrick, als wir hinter Meg herspazieren. »Du musst mir erzählen, was mit der Polizei und deinem Anwalt gelaufen ist. Ich hoffe nur, dass Danny dir einen guten besorgt hat.«
Er scheint nicht allzu wütend auf mich zu sein, gleichzeitig bin ich auch nicht so blöd und denke, dass Patrick einfach so lässig über das, was ich getan habe, hinweggeht.»Er hat Mr Armstrong angerufen«, erwidere ich. »Der scheint ganz in Ordnung zu sein.«
»Was um alles in der Welt ist denn passiert? Ich dachte, du seist ein Zeuge, kein Mittäter. Penelope zufolge musst du dich auf eine lange Liste ernsthafter Anschuldigungen gefasst machen.«
»Ich weiß auch nicht«, seufze ich. »Ich habe nur … Eins gab das andere. Danny meinte, ich soll es der Polizei erzählen. Dass ich nicht alles gesagt habe, hat mich
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