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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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echt dringend pinkeln, aber ich kann keinen Schritt machen.
    »Danny«, sagt Helen. »Dieses Mädchen … diese Frau … deine Freundin. Sie scheint alles zu wissen. Jede Einzelheit, alles, was vorgefallen ist. Sie hat so nebensächlich davon erzählt. Ist sie … seid ihr …?«
    »Was hat sie gesagt?«, will er wissen.
    »Was hat sie nicht gesagt?« Ich wusste nicht, dass Helen so verbittert klingen kann.
    »Ich verstehe das nicht«, sagt er. »Ich habe keine Ahnung, wie sie das herausgefunden hat. Ich rede mal mit ihr, das krieg ich schon raus. Sag ihr, dass sie kein Wort davon gegenüber Ty erwähnen soll. Nicki und ich sind uns darüber einig, dass es besser ist, wenn er nie etwas darüber erfährt, dass ich … du weißt schon … dass ich sie habe einweisen lassen.«
    Einweisen. Diesen Ausdruck habe ich schon einmal gehört. In irgendeiner Krankenhausserie …
    »Ach, Danny«, sagt Helen, »ich glaube, dass Ty … ich denke mir, dass er vielleicht …«
    Wahrscheinlich hat sie auf den Wäscheraum gezeigt, denn auf einmal geht die Tür auf, und er sieht mich an, als wäre ich ein Geist.
    »Ach herrje«, sagt er. »Was hast du alles gehört?«
    Eingewiesen. Nervenklinik. Das bedeutet es. Es bedeutet, dass er sie in die Irrenanstalt eingeliefert hat. Meine Güte! Er hat sie weggesperrt!
    »Was hast du ihr angetan?«, frage ich ganz langsam.
    »Was?«
    »Meiner Mum. Was hast du ihr angetan?« Winzige Bruchstücke fallen mir wieder ein. »Das Krankenhaus. Patrick hat gesagt … er hat gesagt … Sie musste in ein … Sie hasst Krankenhäuser.«
    Was ist mit ihr passiert? Wie konnte er das nur tun?
    »Sie war krank«, antwortet er. »Richtig krank. Sie musstebehandelt werden. Sie konnte nicht mehr richtig für dich sorgen. Sie war nicht gut für dich.«
    Was? Was sagt er da? Meine Hand schließt sich um das heiße Bügeleisen. Die Stimme bleibt mir im Hals stecken. »Du kannst nicht … Du darfst nicht …«
    Dann hole ich mit dem Bügeleisen weit aus, damit ich es ihm voll ins Gesicht werfen kann.

Kapitel 39
Helen
    Ich schleudere ihm das Bügeleisen mit voller Kraft entgegen. Aber der Stecker ist immer noch in der Steckdose. Es gibt einen komischen Ruck, und einen Augenblick rechne ich voller Entsetzen damit, dass das Bügeleisen auf mich zurückschnellt. Dann knallt es auf den Boden. Der Stecker reißt aus der Dose und peitscht über meine Schulter, wobei er mir im Vorübersausen einen heftigen Schlag ins Gesicht verpasst.
    »Aua! Verdammt!«, jammere ich.
    Mein Dad sieht mich erschrocken an. Hinter ihm steht Patrick. »Was ist hier los?«, poltert er. Er muss gerade in dem Moment in die Küche gekommen sein, als es mit mir durchgegangen ist. Wieder sammeln sich verräterische Tränen in meinen Augen, die Kehle zieht sich zusammen, die Augenlider kribbeln. Ich bohre mir die Fingernägel in den Arm und beiße mir auf die Lippen.
    Dann drängt sich Helen zwischen die beiden Männer. »Lasst mich mit Ty reden«, sagt sie mit erstaunlich ruhiger und sanfter Stimme. »Danny … Patrick … Geht mal kurz rüber ins andere Zimmer. Ist ja alles gut jetzt. Ty braucht nur ein paar Minuten, um wieder klarzukommen.«
    Die beiden gehen raus. »Ty –«, sagt mein Dad noch, und ich hebe den Kopf und werfe ihm einen, wie ich hoffe, wütenden Blick hinterher. Allerdings weiß ich nicht, wie gut er mir gelungen ist, weil ich mich darauf konzentrieren muss, den Mund zuzulassen, damit keine peinlichen Geräusche entweichen. An seinem Gesicht kann ich nichts ablesen. Bei ihm geht das nicht so einfach wie bei Mum.
    Dann bin ich mit Helen allein. Mir wäre es am liebsten, wenn sie auch weggehen würde. »Möchtest du dich zu mir in die Küche setzen?«, fragt sie, aber ich schüttele den Kopf. Meine Beine fühlen sich an wie aus Gummi, sodass ich mich gegen die Waschmaschine lehne und langsam auf den Boden rutsche. Jetzt sitze ich mit dem Rücken an den Trockner gelehnt. Das Geräusch der beiden Maschinen dröhnt in meinen Ohren. Ich drücke die Hand an die Stelle am Unterkiefer, gegen die der Stecker geknallt ist. Sie pulsiert vor Schmerz.
    Helen hebt das Bügeleisen auf und stellt es weg. Sie nimmt das Hemd, das ich gebügelt habe, und sagt: »Das hast du richtig gut gemacht.« Sie klappt das Bügelbrett zusammen und sieht den Brandfleck. »Halb so wild. Das Brett ist sowieso schon uralt.« Sie ist so verständnisvoll. Mir wäre es lieber, sie würde mit mir schimpfen und mich dann in Ruhe lassen.
    Aber sie setzt sich neben mich

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