Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
Vom Netzwerk:
da?«
    »Ähm … Brian. Es geht um unsere Englischhausaufgabe.«
    »Ach, hallo, Brian, ich ruf sie gleich«, sagt Ellie und eine Weile ist alles still, und mir kommt in den Sinn, wie seltsam es doch ist, dass Claire noch vor ein paar Monaten überhaupt keine Freunde gehabt hat und dass es jetzt absolut normal ist, dass sie Anrufe von Jungs kriegt.
    Ellie hat es einfach als normal hingenommen, dass Brian Claire anruft. Wenn diese Geschichte mit ihm und Emily überhaupt nicht stimmt? Ehrlich gesagt, klingt sie nicht besonders plausibel, und wenn stattdessen er und Claire zusammen sind und sie es mir nur nicht sagen will? Was, wenn … Aber da ist sie schon.
    »Hallo, Brian?«, sagt sie, und ich will ihr antworten, kriege aber vor Eifersucht und Liebe keinen Ton heraus.
    »Brian?«, sagt sie noch einmal und ich krächze: »Ich bin’s, Joe.«
    »Oh!«, quiekt sie, und ich frage mich, ob sie schockiert darüber ist, dass ich das mit Brian und ihr herausgefunden habe.
    »Ich dachte nur … deine Mail …«
    »Wir müssen uns unterhalten«, sagt sie. »Ich will dich sehen.«
    Wir müssen uns unterhalten. Hat das nicht auch Ashley gesagt, als sie mit mir Schluss gemacht hat?
    »Das geht nicht … ich darf nirgendwohin gehen.«
    »Ach, Joe … es macht mich fertig, dass ich deine Stimme höre. Geht’s dir gut? Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht.«
    In meiner Kehle steckt ein dicker Kloß, als hätte ich Sonic den Igel verschluckt.
    »Mir geht’s gut. Du musst dir keine Sorgen um mich machen.«
    »Ich schicke dir eine Liste mit allen Rennen von Ellie. Ich kann zu jedem ganz einfach mitfahren. Vielleicht ist ja eins in deiner Nähe und dann können wir uns irgendwo treffen.«
    Ich halte das nicht für sehr wahrscheinlich, da ich keinen blassen Schimmer habe, wo ich mich überhaupt befinde, und weil ich sowieso das Haus nicht verlassen darf.
    »Gut. Ich versuch’s.«
    »Ach, du fehlst mir so sehr«, sagt sie, und ich bin gerade dabei, mich zu beruhigen und mich glücklich zu fühlen und mich daran zu erinnern, wie es ist, in ihre blauen Augen zu sehen und mich absolut geliebt zu fühlen, als ich den Lärm höre. Schritte poltern die Treppe zum Dachboden herauf. Geschrei. Und dann rüttelt jemand … oder etwas? … an meiner Badtür. Verdammt. Wer zum Teufel ist das? Es hört sich nicht nach Patrick an. Oder nach Alistair.
    »Ich muss auflegen«, flüstere ich und sie sagt: »Ruf mich wieder an, wenn’s geht.«
    »Ja, klar.« Dann wird aus dem Rütteln lautes Klopfen,und ich beende den Anruf, ehe wir uns richtig voneinander verabschieden können. Ich stecke das Handy in meine hintere Hosentasche und schließe nervös auf.
    Die Tür fliegt auf. Es ist nicht Patrick. Auch nicht Alistair. Es ist ein Junge. Er muss ungefähr dreizehn sein.
    Und er sieht mir so ähnlich, dass wir Zwillinge sein könnten.

Kapitel 6
Goldlöckchen und Baby Bär
    »Du hast in meinem Bett geschlafen«, sagt er vorwurfsvoll, als wäre ich Goldlöckchen und er Baby Bär. Ein ziemlich schnieker Baby Bär allerdings, der wahrscheinlich auf die Bärenversion von Eton geht und vorhat, Goldlöckchen wegen »antisozialem Verhalten« eine Vorladung zum Jugendgericht aufzutischen.
    »Ähm … ääh …«, erwidere ich überrascht. Der Kerl muss ein Cousin von mir sein. Es sei denn – verflucht noch mal –, mein Dad hat ziemlich schnell nach mir noch ein Baby produziert und der Typ ist mein Halbbruder. Aber wohl eher nicht. Herr im Himmel! Nachdem ich zur Welt gekommen bin, muss er doch endlich gelernt haben, wie man es vermeidet, dass Mädchen schwanger werden. Ich wäre jedenfalls auf Nummer sicher gegangen und hätte dafür gesorgt, dass ich auf diesem Gebiet der absolute Experte werde. Andererseits hat meine Mum auch mit einunddreißig nicht einmal das Allernotwendigste kapiert.
    »Wer bist du?«, will er wissen.
    »Hmm … niemand«, antworte ich schwach. »Ich bin … hmm … hier, um beim Saubermachen zu helfen.«
    »Ach so.« Schon hat er, einfach so, jegliches Interesse an mir verloren. Man sieht förmlich, wie in seinen Augen etwas ausgeknipst wird. Er hat mich unter »Haushaltshilfe« abgelegt und beschlossen, dass es sich nicht lohnt, mich näher kennenzulernen. Soll mir recht sein.
    »Jedenfalls schlafe ich hier drin. Ich schlafe immer hier. Du musst deine Sachen woanders hinbringen. Großmutter bezieht für mich das Bett neu.«
    Kein verwöhnter Rotzbengel sagt mir, was ich zu tun oder zu lassen habe, ob er nun mein Bruder sein könnte

Weitere Kostenlose Bücher