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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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wolltest du mir denn sagen?«, fragt Patrick. Seine Stimme ist nicht mehr so knurrig, und es wäre mir lieber, ich könnte ihm etwas anderes erzählen. Patrick erinnert mich ein bisschen an Sir Alex Ferguson, nur dass Patrick statt grob und schottisch eher vornehm und englisch ist. Sir Alex schreit die Spieler von Manchester United ständig an – sie sagen dazu, er föhnt sie zu –, aber es scheint zu funktionieren.
    Nur, wenn Wayne Rooney zugeföhnt wird, dann gibt es ganz bestimmt auch Tage, an denen Sir Alex ihn tierisch lobt und Sachen sagt wie: »Gut gemacht, Wayne, du hast im Finale der Champions League ein Bombenspielgemacht«, aber so etwas hat Patrick noch nie zu mir gesagt.
    »Ich … hmm … möchte … äh … was beichten.«
    Seine Augenbrauen hüpfen ein bisschen hin und her.
    »Soll ich Pater Delaney anrufen?«, erkundigt er sich.
    »Nein …« Jetzt komme ich mir echt blöd vor. Natürlich meine ich nicht so eine Beichte. Ich hab ganz vergessen, dass sie bestimmt auch katholisch sind. »Ich wollte dir etwas sagen. Ich habe mir Helens Handy geliehen, ohne um Erlaubnis zu fragen. Und ich habe Archie an den Haaren gezogen.«
    Er zieht sein Taschentuch hervor und hustet ein bisschen. Vielleicht hat er eine Erkältung.
    »Wann hast du das Handy genommen? Und warum?«
    »Erst vorhin … Ich wollte es gleich wieder zurücklegen, ehrlich, aber dann hat es in meiner Tasche geklingelt und sie hat es gemerkt.«
    »Also direkt nach unserem Gespräch darüber, dass du um Erlaubnis fragen sollst, wenn du den Computer benutzt, ziehst du los und nimmst einfach ihr Handy.«
    »Äh … es ist nur … Also ich musste ganz dringend jemanden anrufen.«
    Er zeigt mit dem Finger auf mich. »Warum hast du nicht gefragt? Was ist mit deiner Sicherheit?«
    »Ich dachte mir, dass du bestimmt Nein sagst … eigentlich habe ich überhaupt nicht nachgedacht, aber wenn ich nachgedacht hätte, hätte ich bestimmt das gedacht.«
    »Beim nächsten Mal denkst du vorher nach. Und fragst. Wen hast du angerufen?«
    »Nur einen Freund«, antworte ich. Er zieht eine Augenbraue nach oben, aber ich halte die Klappe und er fragt nicht näher nach.
    »Mach das nicht noch mal«, sagt er. »Du musst an unser aller Sicherheit denken, auch wenn dir die deine egal ist.«
    Ich seufze schwer. Ich bin fast fünfzehn. Ich habe seit vier Jahren ein eigenes Handy. Jetzt frage ich mich, ob ich mich zurück- statt weiterentwickele.
    »Darüber reden wir später noch«, sagt er, »aber jetzt will ich wissen, wieso meine Enkel einander an den Haaren ziehen. Zu meiner Zeit haben das nur Mädchen gemacht.«
    Niemand nennt mich ein Mädchen. »Ich hätte ihn schlagen können, aber als ich das letzte Mal jemanden geschlagen habe, hab ich ihm die Nase gebrochen«, erwidere ich und werde ein bisschen lauter. »Aber beim nächsten Mal schlage ich gerne wieder zu.« Meg stößt mir mit der Schnauze gegen die Hand, damit ich sie zwischen den Ohren kraule.
    »Du musst nicht so brüllen. Ich bin nicht taub«, sagt Patrick. »Leider wird es bestimmt ein nächstes Mal geben. Versuche trotzdem, Schlägereien aus dem Weg zu gehen. Sonst regt sich Helen zu sehr auf und das möchtest du bestimmt nicht. Wem hast du denn die Nase gebrochen und wie ist die Sache ausgegangen?«
    »Äh … also das war Carl … ein Junge in meiner letzten Schule. Ich wurde suspendiert und dann mussten wir gemeinsam den Schrank mit den alten Fundsachen im Sporttrakt aussortieren. So ein Schlichtungsprogramm war das.«
    Patrick interessiert sich brennend für das Schlichtungsprogramm und fragt mir Löcher in den Bauch. Dann fragt er mich: »Warum hast du ihn geschlagen?«
    »Er hat versucht, mich im Schwimmbad zu ertränken …«, und dann muss ich ihm die ganze Geschichte mit den Kontaktlinsen erklären, die ich als Teil meiner Tarnung als Joe getragen habe, und warum es so gefährlich war, als Carl mich unter Wasser gedrückt hat, und dass er mir außerdem noch die Rippen gebrochen hatte.
    »Und Archie? Welche Freveltat hat er begangen, dass du ihn zur Strafe an den Haaren ziehen musst?«, erkundigt er sich, als ich zwischendrin mal Luft hole.
    Meg liegt jetzt auf dem Boden und rollt sich auf die Seite, damit ich sie am Bauch kraulen kann. Sie hat seidenweiches Fell und ich denke überhaupt nicht mehr an Bazillen und so was.
    »Er hat alles von meinem Bett genommen und auf das Etagenbett geworfen. Er hat meine Sachen angefingert, Sachen, die ihn nichts angehen.«
    »Ich rede mit ihm«, sagt

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