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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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ehrlich.«
    »Ich würde dir gerne glauben«, sagt er und hört sich dabei nicht wütend an, bloß traurig. Auch ich bin traurig, weil ich möchte, dass Patrick mir vertraut.
    »Du kannst mir glauben. Es stimmt wirklich.«
    »Tja«, sagt er. »Mal sehen, was sie im Krankenhaus dazu sagen.« Er knallt die Tür zu und kommt um das Auto herum, um mir beim Aussteigen zu helfen.
    »Stütz dich auf mich … ja, so ist’s gut«, sagt er und zieht mich vom Beifahrersitz. Wenn einen nur eine Person stützt, ist es viel schwieriger zu gehen, und ich muss beide Arme um ihn legen. Wir torkeln voran, aber wir müssen eine Pause machen und uns ausruhen, ehe wir an der Haustür sind. Sie haben wirklich eine lange Auffahrt.
    Wir stehen im Dunkeln und ich sage: »Vielen Dank, dass du mich gefunden hast«, und er erwidert: »Eigentlichist es Meg gewesen. Wir haben ihr eins von deinen T-Shirts gegeben und sie hat deine Fährte aufgenommen. Dazu kam, dass Mrs Baverstock, die ein paar Häuser weiter wohnt, die Leute vom Verein für sichere Nachbarschaft angerufen und durchgegeben hat, dass sie einen seltsamen Jungen hat vorbeirennen sehen.«
    »Ich bin nicht seltsam …«, erwidere ich.
    Er hält mich fest und meint: »Weiß ich doch. Ist schon gut. Ich bin nur froh, dass wir dich gefunden haben.«
    Es ist ein komisches Gefühl, so von meinem Großvater umarmt zu werden. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mich je ein Mann umarmt hätte. Es kommt mir vor, als würde ich von Superman oder Spiderman oder Batman gerettet. Grumpy der Riese hat mich gerettet.
    Die Haustür geht auf und Archie kommt rausgerannt und schnappt sich meinen anderen Arm. »Komm«, sagt er, »komm sofort rein … Du musst ihm erklären, dass ich nicht du bin.«
    »Was?«, frage ich und Patrick sagt: »Verflixt und zugenäht. Das ist ja wieder typisch.«
    Erst an der Haustür wird mir klar, worüber sie reden. Dieser gammelige Typ mit den löchrigen Jeans und den langen, ungepflegten Haaren hinter Helen kann nur einer sein. Er ist so groß wie Patrick und hat das gleiche spitze Kinn wie ich.
    Mein Dad ist endlich aufgetaucht.

Kapitel 10
Enthüllungen
    Niemand hat mir je viel über meinen Dad erzählt. Was mich nicht daran gehindert hat, mir vorzustellen, wie er wohl sein mag.
    Ich wusste, dass er an der Uni Jura studiert hat, und ich wusste, dass er ein Fan von Manchester United war. Deshalb dachte ich, vielleicht ist er einer von diesen Anwälten, die für einen Fußballclub arbeiten, Verträge und Transfers und so was ausarbeiten. So bin ich auf die Idee gekommen, in der Ersten Liga als Dolmetscher zu arbeiten. Ich dachte mir, so wären wir uns näher.
    Wenn mich die Leute nach meinem Dad gefragt haben, habe ich immer gesagt: »Er ist Sportanwalt.« Manchmal habe ich noch ein bisschen dazugedichtet: »Er ist momentan sehr beschäftigt, weil er sich um die Transfers im Januar kümmern muss.«
    Es hat sich immer besser angehört als: »Ich habe meinen Dad nie kennengelernt, keine Ahnung, was er macht.« Es musste ja niemand wissen, dass es nicht hundertprozentig stimmte.
    Manchmal habe ich mich ein bisschen hinreißen lassen und mir vorgestellt, dass ich ihm später einmal irgendwobegegne. Vielleicht würde ich zu einer hochwichtigen Sitzung wegen der neuesten Spielerankäufe nach Brasilien mitgenommen, und dann kommt der Anwalt rein und auf einmal wird mir klar, dass es mein Dad ist.
    Er würde es auch irgendwann merken, aber wir würden nicht sofort etwas sagen, wir würden bis nach der Sitzung warten, und er wäre echt beeindruckt davon, wie ich alles simultan vom Portugiesischen ins Englische übersetze, sogar juristische Fachausdrücke und Fußballsprache. Wir würden beide in unseren Anzügen und Krawatten richtig elegant aussehen, und nach der Sitzung würden wir uns die Hände schütteln und begrüßen, und vielleicht würden wir einander ein bisschen besser kennenlernen.
    Stattdessen bin ich klitschnass und dreckig, ich stinke nach Kotze und Dünger, kann nicht mehr allein gehen und fühle mich unglaublich mies. Zumindest habe ich eine Entschuldigung. Er sieht wie ein Penner aus, und dafür fällt mir überhaupt kein Grund ein, außer, dass er offensichtlich kein besonders erfolgreicher Anwalt ist.
    Es ist so, als wäre jemand gestorben, jemand, den ich sehr gemocht habe. Wie blöd kann man sein, dass man seinen eigenen Lügen glaubt? Ich wünschte mir bloß, ich würde besser aussehen. Und er auch.
    »Was ist denn mit ihm passiert?«, fragt er und

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