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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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Ich hoffe nur, dass ich Meningitis habe, was das auch sein mag. Dann kapiert er wenigstens, dass er keine falschen Schlüsse ziehen sollte.
    Beim Krankenhaus angekommen, einigen sie sich darauf,dass Danny mit mir zur Aufnahme gehen soll, während Helen das Auto irgendwo parkt. Wir sind zum ersten Mal allein. Ich bin so angespannt, dass ich, als er den Arm um mich legt, um mich beim Gehen zu stützen, in die andere Richtung ziehe. Er hält nach dem nächstbesten Stuhl Ausschau und drückt mich darauf. Wir vermeiden es, einander anzusehen.
    »Ich geh dich rasch anmelden«, sagt er und steht auf, und dann fällt mir ein, dass er den Leuten vom Krankenhaus nicht meinen richtigen Namen angeben darf.
    »Joe Andrews«, sage ich. Zum Glück sitzt niemand in der Nähe.
    »Was?«
    »Gib ihnen diesen Namen an.«
    »Wieso? Nicki hat nicht … sie hat dir doch keinen neuen Namen gegeben, oder?«
    Er scheint nicht den geringsten Schimmer zu haben, was in meinem Leben passiert ist. Er kapiert nicht, dass ich mit einer Pistole am Kopf lebe, von früh bis spät.
    »Egal. Sag ihnen einfach, ich heiße Joe Andrews. Mein Geburtstag ist der 5. September und ich bin gerade vierzehn geworden.«
    Er sieht mich total verwirrt an.
    »Was redest du da? Ich weiß doch, wann du auf die Welt gekommen bist. Herrje, diesen Tag werde ich wohl nie vergessen.«
    Es hört sich nicht an, als sei es eine besonders glückliche Erinnerung für ihn. Ich winke ab. »Sag einfach Joe Andrews und fertig. Mein Bein tut höllisch weh.«
    Er runzelt die Stirn und murmelt etwas davon, Archies Namen zu nehmen, marschiert aber davon. Ich habe keine Ahnung, was er da geredet hat. Idiot.
    Als er zurückkommt, was eine halbe Ewigkeit dauert, hat mich Helen längst gefunden. Ich lehne mich an sie, und sie streichelt mir über den Kopf, als wäre ich ein kleines Hündchen oder ein Baby, und es ist wirklich sehr tröstlich. Meinen Dad scheint es echt abzunerven, er geht schon bald im Wartezimmer auf und ab.
    Es dauert ungefähr eine halbe Stunde, bis wir in ein Zimmer gerufen werden, wo eine Schwester auf mich wartet. Helen erzählt ihr die ganze Geschichte, auch die Sache mit dem Halluzinieren, und ich muss in einen Becher pinkeln – nicht gerade die einfachste Aufgabe, wenn man einen kaputten Knöchel hat. Die Schwester misst noch einmal meine Temperatur und schüttelt den Kopf, als sie auf das Thermometer schaut. Dann sagt sie, dass sie eine Röntgenaufnahme vorbereiten und einen Arzt holen geht.
    Helen zieht los, einen Kaffeeautomaten suchen. Mein Dad lässt sich neben meinem Bett auf einen Stuhl plumpsen. »Hör mal … Ty …«, sagt er. »Das alles ist nicht gerade einfach für mich.«
    Mir doch egal.
    »Bitte glaub nicht, dass ich nichts mit dir zu tun haben wollte«, sagt er. »Nicki hat mich total auf Eis gelegt, sie wollte nicht einmal, dass ich in deine Nähe komme. Ich weiß nicht, was sie dir über mich erzählt hat, aber ich wollte immer ein richtiger Vater für dich sein.«
    Hau einfach ab , würde ich am liebsten sagen. Hau ab. Lass mich in Ruhe. Geh weg. Halt die Klappe, das interessiert mich alles nicht. Ich brauche dich nicht und habe dich nie gebraucht, ich werde dich nie brauchen und ich will nichts davon hören. Du kommst zu spät. Du bist nicht für mich da gewesen und die Gründe dafür will ich jetzt auch nicht mehr wissen.
    »Ach ja«, sage ich stattdessen. Meine Kopfschmerzen sind so heftig, dass ich nicht mal mehr wütend werde.
    Er weint. Er weint echt. Herrgott noch mal, ich könnte hier liegen und an Meningitis oder sonst was sterben, und ihm fällt nichts Besseres ein, als zu heulen. Was hab ich denn für ein Weichei als Vater?
    »Ich habe jeden Tag an dich gedacht … jeden Tag …«, sagt er und wischt sich mit dem Handrücken über die Augen.
    Wo bleibt Helen bloß? Sie sollte mich doch vor derlei Blödsinn beschützen. Ich drehe den Kopf weg, blinzele in die grellen Krankenhauslichter und dann sehe ich Alistair. Er sitzt am Ende des Bettes und lacht uns aus.
    »Tja«, sagt er. »Da hast du deinen Daddy ja endlich gefunden. Wie rührend.«
    »Geh weg«, sage ich matt.
    »Du solltest das Beste draus machen«, höhnt er. »Genieße es. Mein Kind wird keinen Vater haben, wie du weißt. Meine Eltern werden mich nie wiedersehen. Und Rios Vater kriegt seinen Sohn auch nicht mehr zu sehen.«
    »Geh weg … lass mich in Ruhe … geh weg …«
    Mein Dad steht auf. »Was ist mit dir, Ty?«, fragt er. Aberich kann nur an Alistair denken. Ich weiß

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