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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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nach: »Wenn deine Schlampe da nix gegen hat.«
    Tess stöckelt aus der Küche raus. Mein Dad wirft mir einen Blick zu … einen ziemlich verwirrten Blick … und folgt ihr. Ich muss innerlich lachen. Er hat keine Ahnung. Er lässt mir alles durchgehen.
    Sie gibt sich keine Mühe zu flüstern. »Hast du etwa vor, ihn hier einziehen zu lassen?«, fragt sie. »Deinen so lange vermissten kleinen Kapuzenjungen? Ich habe nämlich keine Lust, meine Wohnung mit einem frechmauligen Kleinkriminellen zu teilen.«
    »Jetzt mach aber mal halblang, Tess, er ist mein Sohn. Ich bin jetzt zum ersten Mal mit ihm zusammen, seit er zwei war.«
    »Also ein Baby ist er eindeutig nicht mehr«, sagt sie und ihre Stimme wird ein bisschen piepsig. »Warum hast du mir nichts von ihm erzählt? Ich dachte, du hast keine Geheimnisse vor mir … ach … Danny …«
    Ich schiele durch die fast geschlossene Tür. Mein Dad hat die Arme um sie geschlungen, und sie sind mit einem langen, ziemlich komplizierten Kuss beschäftigt. Er hat ihren strengen Pferdeschwanz gelöst und streichelt ihre blonden Haare. Sie drückt ihn fest an sich.
    Mein Dad ist eine Art Entschärfungsspezialist für menschliche Bomben. Ein erstaunliches Talent! Wie es aussieht, ist er auch beim Küssen nicht gerade talentlos.Tess hat die Augen hinter ihrer Brille geschlossen, drückt sich gegen ihn und seufzt: »Danny, ach, Danny … du hättest es mir sagen sollen … du musst ja so darunter gelitten haben …«
    So geht es noch eine Zeit lang weiter, dann halte ich es für besser einzugreifen, ehe sie ihn in ihre Höhle schleppt.
    Ich hüstele gekünstelt, was sich aber sofort in einen echten Hustenanfall verwandelt, der mich volle zehn Minuten brutal durchschüttelt. Als ich mich endlich einkriege, stehen die beiden wieder in der Küche.
    »Meinst du, er hat TB?«, will Tess wissen. Sie holt mir ein Glas Wasser. »Ich habe gehört, dass diese Krankheiten bei Obdachlosen wieder auftreten.«
    »Er ist nicht obdachlos«, sagt mein Dad. »Es gibt mehrere Leute, die sich um das Vergnügen streiten, mit ihm zusammenwohnen zu dürfen.«
    »Oha«, meint Tess. »Und du bist wahrscheinlich einer davon.«
    »Selbstverständlich«, erwidert er. »Hör mal, vielleicht sollten wir heute noch hierbleiben. Wir holen uns was zu essen, quatschen ein bisschen, du kannst dich richtig ausschlafen und morgen früh hauen wir hier ab.«
    Ich weiß nicht genau. Es wäre sicherer, woanders hinzugehen. Aber dann stelle ich mir vor, wie seine Handynummer zerknittert in Sylvias Papierkorb liegt. Ich möchte wirklich sehr gerne hierbleiben. Ich bin erschöpft, und ich bin jetzt bei meinem Dad. Es wäre so was von unfair, wenn mir das gleich wieder weggenommen würde.
    Außerdem möchte ich wirklich nicht, dass er mich für paranoid hält.
    »Was ist mit ihr?«, frage ich und werfe Tess einen letzten finsteren Blick zu.
    »Weißt du, er sieht dir wirklich ein bisschen ähnlich, Danny«, sagt sie.
    »Tess macht es bestimmt nichts aus … Aber du lässt uns noch ein bisschen Zeit für uns zwei, ja?«, fragt er sie.
    Sie sieht nicht begeistert aus, antwortet aber trotzdem: »Klar. So viel, wie ihr braucht. Ich wollte sowieso noch ins Fitnessstudio.«
    Mein Dad holt einen Stapel Speisekarten und wir bestellen Curry. Tess verzieht sich und mein Dad räumt die Kuchenreste weg. »Du solltest Frauen nicht Schlampen nennen«, sagt er.
    Ich zucke die Achseln und antworte: »Mir hat nicht gefallen, wie sie mit mir geredet hat«, und er meint: »Ja, das ist ziemlich deutlich geworden.«
    Er kehrt die restlichen Krümel in ein Kehrblech und sagt: »Ich hab nicht gewusst, dass Lucy ihn extra für jemanden gebacken hat. Aber ich bin sicher, dass sie das versteht. Sie kann hervorragend kochen und hat garantiert im Handumdrehen einen neuen Kuchen gezaubert.«
    Dann kommt das Essen und wir nehmen es mit nach oben in sein geniales Zimmer. Dort essen wir und schauen dabei aus dem Fenster. Es ist jetzt dunkel draußen, mehrere Feuerwerke erleuchten den Nachthimmel über London. Die Aussicht auf den Alexandra Palace ist fantastisch.Ich weiß noch, wie ich einmal mit meiner Mum dort hingegangen bin, wie wir nass und kalt in der Menge gestanden und in den Himmel geschaut haben. Das hier ist eindeutig besser.
    Das Curry schmeckt richtig gut und mein Dad macht eine Dose Bier auf und reicht sie mir. Mir hat Bier noch nie geschmeckt und meiner Mum würde es auch nicht gefallen, deshalb trinke ich nur ein paar kleine Schlucke und freue

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