Die letzte Aussage
»Er sieht so friedlich aus«, sagt meine Mum. »Langsam geht es ihm wieder besser, findest du nicht auch?«
Mein Dad erwidert etwas, das ich nicht verstehen kann. »Murmel-murmel schläft …«, dann sagt sie: »Hab ich dir schon mal erzählt, wie er damals fünf war? Er hat sich für Emmas altes Puppenhaus interessiert und hat stundenlang damit gespielt. Er hat zwei Waldfamilien gehabt – eine mit Dachsen und die andere mit kleinen Hasen.«
Ich öffne abrupt meine Augen. Was hat sie da gesagt? Beide lachen und er sagt: »Da habe ich ja recht gehabt«, und sie sagt: »Ich wusste, wie ich ihn wach kriege.« Ich tue so, als sei ich ganz durcheinander und verschlafen – herrje, ich hab ein Messer in die Leber gekriegt und den beiden ist das völlig egal!
Sie streicht mir über die Haare und sagt: »Wie geht’s dir, mein Liebling? Hast du gut geschlafen?«
»Ja. Bis du reingekommen bist und lauter Lügengeschichten über mich erzählt hast.«
Ihre Augen werden ganz groß, aber sie muss wieder lachen. »Ach soooo … Lügengeschichten? Das glaube ich eher nicht … aber stimmt, es waren gar keine kleinen Häschen, du hast recht! Es waren süße kleine Eichhörnchen.«
»Sei still!« Sie sieht unglaublich zufrieden aus, das muss ich sagen. Ich weiß auch nicht, warum. Sie sieht eigentlichnicht besonders gut aus. Ihre Kleider scheinen ihr überhaupt nicht mehr zu passen, wahrscheinlich hat sie ihre Diät total vergessen, seit sie in Archies Haus wohnt. Sie hat sogar einen kleinen Bauch bekommen. Vielleicht würde ihr eine kleine FDH-Kur guttun.
Dann fällt mir wieder ein, dass sie schwanger ist. Na super. Zumindest heißt das, dass sie auf keinen Fall daran denken, noch mal etwas miteinander anzufangen, denn das wäre einfach zu widerlich und falsch und womöglich sogar illegal.
»Ty«, sagt mein Dad, »wir müssen mit dir über etwas reden.«
Wir? Seit dreizehn Jahren haben sie kein einziges Mal miteinander geredet, und auf einmal heißt es ›wir‹ und ›uns‹. Als hätte mein ganzes Leben vorher überhaupt nicht stattgefunden.
»Vielleicht möchte ich nicht mir dir reden«, sage ich, »oder mit ihr. «
Er sieht mich ein bisschen schockiert an. Sie mustert mich mit zusammengekniffenen Augen und sagt: »Ich dachte, du freust dich, dass wir uns wieder verstehen. Jetzt fang um Himmels willen nicht wieder mit deiner Schmollerei an!«
Mit meiner Schmollerei? Unglaublich. Wie dreist sie lügt. Ich lasse mich auf mein Kissen zurückfallen und mache die Augen zu.
»Hör mal«, sagt sie, »wir haben über deine Zukunft nachgedacht. Darüber, was geschehen soll, wenn du aus dem Krankenhaus kommst.«
Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Ich mache ein Auge auf.
»Du solltest zunächst mal wissen, dass der Junge, der dich angegriffen hat, in Untersuchungshaft sitzt«, sagt mein Dad.
Ich mache das andere Auge auch auf. »Wieso war er überhaupt draußen?«
»Er ist gegen Auflagen aus der U-Haft entlassen worden«, antwortet mein Dad. »Der verantwortliche Polizist … DI Morris heißt er, stimmt’s? … also er kommt jedenfalls bald hierher, bringt dich auf den aktuellen Stand und unterhält sich mit dir.«
DI Morris und seine kleinen Unterhaltungen können mir gestohlen bleiben.
»Wieso vertragt ihr zwei euch wieder?«, will ich wissen. »Wieso hasst ihr euch nicht mehr?«
Meine Mum beugt sich vor. »Ty, wir dachten, du stirbst. Du warst stundenlang in diesem Operationssaal. So etwas … macht einem klar, was wirklich wichtig ist. Danny hat dir das Leben gerettet, das kann ich nicht abstreiten. Wir haben beschlossen, die Vergangenheit hinter uns zu lassen. Wir wollen das tun, was für dich am besten ist.«
»Wir sind beide in den vergangenen Wochen viel erwachsener geworden«, sagt mein Dad. »Das, was passiert ist, können wir nicht mehr ändern. Wir müssen jetzt vor allem nach vorne schauen.«
Beide sehen schrecklich selbstzufrieden aus. Ich mache die Augen wieder zu.
»Ty, hör mal«, sagt mein Dad. »Wie würde es dir gefallen, eine Weile in Frankreich zu leben? Meine Eltern haben dort ein Häuschen, in einem kleinen Dorf in der Provence. Sie würden dich und Nicki und deine Gran dort so lange wie nötig wohnen lassen. Du magst doch Fremdsprachen? Alle sind der Meinung, dass du Französisch schnell so gut lernen würdest, dass du in der Schule mitkommst. Wahrscheinlich ist das die beste Lösung, bis hier alles geregelt ist. Ich komme dich dort auch besuchen.«
Hoppla! Nicht schlecht! Ich will
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