Die letzte Chance - Final Jeopardy
widersprachen seiner Story eines zärtlichen Liebesspiels. Die internistische Untersuchung hatte eine Rötung und Schwellung im Vaginalbereich ergeben, mit mehreren kleinen Abschürfungen, die auf der beigefügten Skizze festgehalten waren - auch das paßte nicht zu seiner Version von einvernehmlichem Sex, wo sich normalerweise eine schützende Feuchtigkeit in der Vagina bildet.
Mich beeindruckte der Aufbau von Marks Argumentation und die Art, wie er die Geschworenen mit den unangenehmen Details konfrontierte, die die Elemente des Verbrechens bewiesen. Dies war einer von den Fällen, die wenig mit der Routine einer polizeilichen Ermittlung zu tun hatten, sondern deren Ausgang ganz von der Offenheit und Glaubwürdigkeit der Klägerin
abhing. Er legte dies alles vor den zwölf Geschworenen dar, und einige nickten zustimmend, als er seine starken Punkte mit allem Nachdruck vortrug. Andere saßen mit steinernem Gesicht da oder schienen während des ganzen Plädoyers ein Nickerchen zu machen. Mit unerbittlicher Präzision gelangte er zu seinem Schlußappell: »... und ich fordere Sie auf, den Angeklagten des Verbrechens der Vergewaltigung ersten Grades für schuldig zu befinden. Ich danke Ihnen vielmals.«
Mark hatte für sein Schlußplädoyer über eine Stunde benötigt, und ich lächelte ihm beifällig zu, als er zu seinem Platz am Tisch der Anklagevertretung zurückkehrte. Der Richter würde nun mit der Rechtsbelehrung der Geschworenen beginnen und ihnen die verschiedenen Gesetze erläutern, die auf die Fakten in diesem Fall angewendet werden müßten. Es war bereits nach zwölf, daher verließ ich den Gerichtssaal leise und kehrte zu meinem Büro zurück. Es würde noch Stunden dauern, bis die Geschworenen ihre Beratung abschließen und in einem Fall wie diesem zu einem Urteilsspruch gelangen würden.
»Rod hat angerufen. Er will wissen, ob Sie mit ihm zum Lunch gehen«, rief Laura mir entgegen, als ich mein Büro betrat.
»Bitte sagen Sie ihm, daß es meine Zeit nicht erlaubt - wir sollten das nächste Woche nachholen. Und würden Sie mir einen Salat und ein Mineralwasser kommen lassen?«
»Sicher. Rufen Sie Mercer bei Special Victims an. Und Lieutenant Peterson im Morddezernat.«
Ich war aufgeregt, als ich zum Hörer griff, um Mercers Nummer zu wählen. Eine Wende im Fall des Serienvergewaltigers war überfällig, und ich hoffte, sie war gekommen.
»Special Victims. Wallace.«
»Glück gehabt? Ich hab’ gehört, du hättest einen Notruf bekommen.«
»Alles für die Katz. Nichts.« Mercer war die Enttäuschung anzuhören. »Jedesmal, wenn ein pickelgesichtiger Klempner an einer Wohnungstür auf der Upper West Side klingelt, wählt irgend jemand die 911. Das ist nicht unser Typ, nicht mal annähernd. Schlechter Monat für Handwerker - dieses arme Schwein hat sich vor Angst fast in die Hosen gemacht. Hat mich zwei Stunden gekostet, ihn wieder zu beruhigen. Dann mußte ich
seine Frau anrufen und die Situation erklären - vor allem mußte ich ihr klarmachen, daß alles nur ein Versehen war. Tut mir leid, es war falscher Alarm. Wir sprechen uns noch.«
Peterson war Mikes Boß im Morddezernat, ein harter alter Fuchs, der den größten Teil seiner Karriere im Morddezernat verbracht hatte und seinen Job besser beherrschte als jeder andere. »Hey, Loo, wie geht’s denn immer so?«
»Recht gut für einen alten Knaben, Alex. Kann mich nicht beklagen.«
»Was kann ich für Sie tun?«
»Es geht um den Fall Lascar. Mike kommt um vier. Ich hab’ ihn eben angerufen, um ihm zu sagen, was sich so tut, und ich dachte, Sie sollten es auch wissen. Wir hatten eine Idee, bei der Sie uns vielleicht helfen könnten.«
»Schießen Sie los.
»Chief Flanders hat vor kurzem angerufen. Ich kenne den Fall zwar nicht so gut wie Sie, aber Mike sagt, Sie würden schon wissen, wovon ich rede. Zunächst einmal hat Flanders mit der Fotoidentifizierung von diesem Segal bei den beiden Schwestern im Restaurant einen Volltreffer gelandet. Werden Sie daraus schlau? Mike meint, ja.«
In meinem Magen begann es zu kribbeln, und meine Stimmung sank auf ein neues Tief. Ich konnte es nicht verstehen. »Ja, ich werde daraus schlau. Fahren Sie fort.«
Nun war es keine Spekulation mehr. Und nun ging es auch nicht mehr nur um Untreue. Mike hatte also doch recht. Jed war mit Isabella zusammengewesen, und zwar keine Stunde, bevor sie ermordet worden war. Ungeachtet aller Anzeichen hatte ich weiterhin gehofft, er wäre früher weggefahren. Ich hatte
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