Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Chance - Final Jeopardy

Titel: Die letzte Chance - Final Jeopardy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
Vom Netzwerk:
einen Augenblick war ich erleichtert und glaubte, vielleicht wolle sie mich doch nicht erschießen, aber dann schloß ich vor Entsetzen die Augen beim Anblick eines Messers mit einer 15 Zentimeter langen Klinge, das sie aus seiner Scheide zog und gleich wieder zurückschob.
    Sie holte aus ihrer Hosentasche ein Stück Schnur. »Strecken Sie die Hände aus«, verlangte sie, während sie sich hinkniete, die Schnur um meine Handgelenke wand und sie mit einem Knoten sicherte, der verdammt professionell aussah - von der Art, wie man ihn vielleicht als Rekrutin einer Spezialeinheit gelernt hat.
    Rede, sagte ich mir immer wieder. Du hast doch schon von Opfern gehört, die sich aus ihrer verzweifelten Lage herausgeredet haben. Von Tätern, die sich vernünftigen Argumenten zugänglich zeigten, vor dem Äußersten zurückschreckten und ihre Beute unversehrt zurückließen.
    »Ellen, ich laufe nicht davon, Sie brauchen mich nicht zu fesseln. Sagen Sie mir doch bitte, was Sie wissen wollen.« Ich versuchte, energisch zu wirken und mir die Verzweiflung, die ich empfand, nicht anmerken zu lassen.

    »So hätte es Harold McCoy getan, nicht wahr? Das ist seine >Signatur<, um Sie zu zitieren. Er bringt seine Opfer in den Park, abseits der Fahrstraßen, stets in die Nähe eines Gewässers, gefesselt wie die Schweine, die sie sind, und dann schlitzt er sie auf.«
    Ich konnte nicht zurückweichen, als sie mit dem Messer durch meine Jeans schnitt, direkt entlang der Falte, an der der Oberschenkel in die Hüfte überging. Die gut geschliffene, scharfe Klinge drang durch den kräftigen Stoff wie durch Butter. Wie bei einem Papierschnitt spürte ich gar nicht, wie sie in meine Haut schnitt, bis mich ein stechender Schmerz durchfuhr und ich nach unten schaute und das Blut aus der Wunde sickern sah.
    Ellen Goldman lachte, als sie sah, wie sich der rote Flecken auf dem gebleichten Jeansstoff ausbreitete. »Ich will Sie noch nicht aufschlitzen. Dazu hab’ ich noch genug Zeit.«
    Rede mit ihr, dachte ich wieder. Aber mir fehlten die Worte, und ich wollte ihr nicht die Freude bereiten, ihr meine Schmerzen zu zeigen.
    »Merken Sie, wie leicht ich es so aussehen lassen könnte, als ob Harold McCoy Ihnen das angetan hätte?« fuhr sie fort. »Daß er, nachdem er über Funk erfuhr, daß Sie auf dem Revier sind, dort auf Sie gewartet und Sie dann mit Gewalt in den Park gebracht hat. Die Leute würden das glauben, nicht wahr? Für die Presse wär’s ein gefundenes Fressen.«
    Hatte sie das vor? Es wie eine Nachahmungstat aussehen lassen? Goldman hatte meine Fälle studiert und wußte, daß Harold McCoy aus dem Gefängnis raus war. Sie konnte es so aussehen lassen, als ob er mich - seine Anklägerin, seine Nemesis - verfolgt, zu seinem Lieblingsplatz im Park gebracht und dort ermordet hätte.
    »Kein Mensch würde das glauben, Ellen. Man hat mich mit Ihnen in den Wagen einsteigen gesehen.« Ich betete darum, daß dies wahr wäre, auch wenn ich nicht mehr Grund hatte als sie, daran zu glauben.
    »Niemand hat es gesehen-niemand, der mich kennt«, fuhr sie mich an.
    »Klar, aber die Typen, die mich kennen, haben uns gesehen. Das würde Ihr Spiel durchkreuzen - jemand würde eine Verbindung herstellen.«

    »Aber diesmal zumindest würden sie Jed nicht die Schuld geben. Ich hatte nie vor, daß dies passiert, aber Sie haben ihn ja in so viele Schwierigkeiten gebracht - wahrscheinlich wird er wegen eines Mordes angeklagt, den er gar nicht begangen hat.« Jetzt tobte Ellen Goldman vor Wut, und plötzlich wurde mir alles klar.
    »Isabella Lascar?« fragte ich sie ungläubig. »Ist das wegen Isabella?«
    »Nein, nein, nein. Überhaupt nicht. Sie war nichts. Das ist wegen Jed Segal.«
    Kristallklar. Die Final-Jeopardy-Antwort von heute abend lautete: Erotomanie, und nun kannte ich die Frage: »Wer und was hat Isabella Lascar umgebracht?«
    Vor mir saß die Person, die Iz durch den Kopf geschossen hatte, und sie hatte es getan, weil sie von einem Mann besessen war, der sie kaum kannte: Jed Segal. Ellen Goldman mußte die Frau sein, die Jed in Kalifornien verfolgt hatte, eine Frau, deren Wahn sie schon einmal dazu gebracht hatte, zu töten. Ich würde ihr nächstes Opfer sein, darum bemühte ich mich verzweifelt, mir all die Dinge in Erinnerung zu rufen, die ich über ihre Geisteskrankheit - Erotomanie - gestern nacht kurz vor dem Einschlafen gelesen hatte. Ich hoffte inständig, mir würde irgend etwas einfallen, wie ich mit diesem ansonsten intelligenten,

Weitere Kostenlose Bücher