Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
Vom Netzwerk:
gesagt habe, ist wahr, Gott sei mein Zeuge.«
    Sie schloss die Finger fester um seine Hand, während ihr ein Schauer den Arm hinablief. »Hier gibt es keinen Gott.«

5
    Aus der umgebenden Dunkelheit konnte Jenna schwaches Hundegebell in der Ferne hören. Doch die Hunde klangen nicht wie irgendwelche, die sie bisher hatte bellen hören. In ihrem Heulen hallte eine ungesunde Nässe nach, als hätten sie Blut im Maul. Jennas Herz setzte einen Schlag aus. Die Kälte schnitt wie mit eisigen Messern durch ihre Jacke.
    Das Zweitschrecklichste? Mason war noch das Harmloseste in den Wäldern.
    »Wir müssen zur Hütte zurück.« Er zog an ihrer Hand. »Du bist nicht für einen Kampf bereit.«
    »Werde ich das je sein?«, murmelte sie, starr vor Kälte und wie betäubt.
    Er schenkte ihr einen ruhigen Blick, aber seine Geheimnisse blieben in der aufziehenden Dunkelheit verborgen. »Ja.«
    Jenna hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie stolperte, als er sie zur Hütte zurückzerrte und dabei etwas Weißes verstreute, das wie Kristall glitzerte. Mason warf einen Blick in ihre Richtung und schien ihre Gedanken lesen zu können, ohne sich auch nur anstrengen zu müssen.
    »Steinsalz«, sagte er, ohne stehen zu bleiben. »Das wird sie von unserer Fährte abbringen.«
    Jenna mummelte sich in ihre Jacke ein und fühlte sich dabei nackt und am Boden zerstört. Die Hunde klangen nun, als wären sie in der Nähe. Sie roch sie auch, einen üblen Gestank, der sie an Friedhöfe erinnerte. Vor ihrem geistigen Auge konnte sie abscheuliche, skelettartige Wesen sehen, deren Fleisch kaum noch an den Knochen hing. Aber das war verrückt. Es waren bloß Hunde, ein paar verwilderte Streuner.
    Aus dem Augenwinkel sah sie Schatten vorbeihuschen. Jenna beeilte sich noch mehr. Das Gefühl, dass es um Leben und Tod ging, traf sie hart. Sie spürte die Bedrohung intuitiv, aus tiefster Seele, und das ließ ihren Fluchtreflex einen Gang höher schalten. Trockene, brüchige Zweige peitschten ihr ins Gesicht, während sie lief. Sie fühlten sich wie knochige Finger an, die ihr die Haut zerkratzten. Sie unterdrückte einen Schrei.
    Ich will jetzt aufwachen. Es wird Zeit aufzuwachen. Die einzige Antwort auf ihre Verzweiflung erfolgte in Form von Masons warmen Fingern, die mit ihren verschränkt waren. Sie erinnerte sich an die warnende Stimme ihres Vaters: Wenn du wegrennst, jagen Raubtiere dich. Geräusche einer Verfolgung brachen durch die Bäume hinter ihnen. Sie hörte, wie einige der Kreaturen zurückblieben, vielleicht verwirrt von dem Salz, das Mason auf ihrer Fährte ausgestreut hatte. Aber die Hunde hielten nicht inne.
    Tiere stürzten sich immer zuerst auf die schwächste Beute. Mason lief nur davon – statt sich umzudrehen und zu kämpfen –, weil sie dabei war. Er versuchte, sie zu beschützen, wie er es eigenen Angaben nach Mitch versprochen hatte.
    Jennas Atem war nur noch ein flaches Keuchen, als sie die Lichtung erreichten. Goldene Lichtstreifen umgaben die geschwärzten Fenster der Hütte und schenkten ihr eine heiße Aufwallung von Erleichterung. Sie hatten es geschafft. Jenna stolperte zur Haustür hinauf. Ihr zitterten die Hände, als sie versuchte, den Türgriff zu drehen. Das Entsetzen und die Kälte machten sie ungeschickt.
    Zwei Kreaturen brachen aus dem Schatten der Bäume hervor. Sie waren einmal Hunde gewesen. Jetzt waren sie etwas ganz anderes. Etwas … Andersartiges . Sie hatte sich ihr Erscheinungsbild völlig zutreffend vorgestellt. Wie ?
    Das Einzige, was ihr entgangen war, war die grausige Art, wie die Luft um ihre hageren Körper herum schimmerte, verschwommen wie das Flirren, das von einem sonnenverbrannten Bürgersteig aufstieg. Das Blut gerann ihr in den Adern, als ihre schaurigen Schnauzen sich ihr zuwandten, während die glasigen Augen im Dunkeln granatrot glommen. So unwirklich, so gespenstisch. Das fürchterliche Funkeln drängte sie, den Blick abzuwenden. Aber wenn sie das tat, würde sie zu ihrem Abendessen werden. Obwohl die Dämonenhunde nichts Natürlichem glichen, blieben die Spielregeln zwischen Raubtier und Beute bestehen.
    Mason baute sich breitbeinig auf, um sich ihnen entgegenzustellen. »Geh rein!«
    Jenna wusste nicht, in was für eine Welt sie hier geraten war, aber sie fühlte sich, als wäre sie auf der Rückseite des Spiegels gefangen. Keine alten Regeln, wenn es überhaupt Regeln gab. Sie stolperte in die Hütte und knallte die Tür zu. Mit pochendem Herzen und verwirrten Sinnen lehnte sie sich

Weitere Kostenlose Bücher