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Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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rechnete, dass es ihr in den Händen explodieren würde. Mason hatte ihr das kleinste Kaliber gegeben, über das er verfügte, eine kleine 22er, die Sorte, mit der Kinder auf Eichhörnchen schossen. Alles in allem verhieß das nichts Gutes für die Mission. Der Himmel war zugezogen, und es drohte zu schneien, ein grauer Tag für ein Himmelfahrtskommando. Die Bäume standen als stumme Wächter da, kahl unter der Bedrohung des ersten schweren Wintersturms. Tru konnte in der beißenden Luft Feuchtigkeit schmecken, die nicht als Regen fallen würde. Bald würde alles unter einer weißen Decke liegen.
    Jenna hatte aus einem alten Bettlaken eine Rückentrage nach Indianerart gebastelt, sodass Bob das Kind tragen konnte. Tru marschierte voll ausgerüstet mit den anderen mit. Alle schleppten Vorräte aus der Hütte. Die Thompson fühlte sich wie eine Verlängerung seines Arms an. Er machte sich keine Sorgen. Sein ganzes Leben war ohnehin ein Glücksspiel gewesen. Entweder würde er durchkommen, oder er würde mit einem Rucksack voller Thunfischdosen beladen sterben.
    Dann schrie Edna auf. Die Monster knurrten in der Ferne. Geheul erfüllte die eisige Luft.
    Sie kommen.
    Und, heilige Scheiße, er wollte weg von Edna. Sofort. Sie zuckte wie die Kinder, die in der Schule verrückt geworden waren. Mason lehnte sie an einen Baum und hüllte ihren von Krämpfen geschüttelten Körper in eine Decke. Er hatte eine ganze Anzahl von Plastiktüten mit einer Mischung verschiedenen Haushaltschemikalien gefüllt, die ordentlich hochgehen würden. Dann zog er um sie herum eine kreisförmige Benzinspur, die er dann Richtung Wald verlängerte.
    Sie schlug stärker um sich.
    »Zurück!« Mason scheuchte sie fort. »Weg jetzt! Sofort!«
    Bob sah aus, als ob er sich gleich übergeben würde, und konnte den Blick nicht von Ednas epileptischem Anfall abwenden. Tru konnte auch nicht wegsehen, aber er senkte sein Gewehr keinen Augenblick lang. Ihr Anfall ließ die Decke Falten schlagen – zumindest dachte er, dass das der Grund wäre –, bis sie sie von sich warf.
    Ange schrie auf.
    »Oh mein Gott«, hauchte Jenna.
    Tru war sprachlos.
    Edna war kein Mensch mehr. Sie sah aus, als wäre das Innerste nach außen gestülpt worden. Aber das war noch nicht das Schlimmste. Neue Gliedmaßen ragten aus ihrem Torso hervor, bedeckt von dünnem schwarzem Haar. Sie schlugen alle gleichzeitig um sich, und ihre runde Mitte schwoll unter seinem entsetzten Blick weiter an. Ihr haftete ein schwacher Schimmer an wie den Hunden, auf dieselbe Weise verderbt. Tru wollte den Blick abwenden, aber er konnte es nicht, weil ihre hervortretenden, glasigen Augen ihn an Ort und Stelle bannten. Er hatte das Gefühl, dass er sich in die Hosen machen würde.
    Die Hunde kamen näher, da sie die Schwäche rochen. Edna würde ihr Futter werden. Scheiße, das wollte er nicht sehen.
    » Sofort habe ich gesagt, Leute!«, rief Mason.
    Diesmal hörten alle auf ihn und rannten auf den Wald zu. Tru kämpfte gegen den Drang an, sich umzuschauen, als die Hunde Edna erreichten, ihr erstes Opfer. Er hörte, wie sie sie zerfleischten. Es war auf eine Art schrecklich, die er in seinen kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten hätte. Gott wusste, dass er die Frau nie gemocht hatte, aber niemand hatte es verdient, ein solches Ende zu finden.
    »Jenna, nimm sie mit«, sagte Mason. »Geht jetzt.« Er riss am Rande der Lichtung ein Streichholz an und setzte die Benzinspur in Brand.
    Die blonde Frau ging voran in den Wald, aber Tru war sich nicht sicher, ob sie der Aufgabe gewachsen war. Unmittelbar bevor er um eine Kurve bog, zerfetzte eine Explosion die Luft, und ein milder, warmer Windstoß traf ihn im Rücken. Edna schrie in Todesqual auf. Dann war sie still.
    Tru schluckte kräftig. Jetzt würde ihm schlecht werden.
    »Tru!«, rief Jenna. »Beweg deinen Arsch hier rüber – du fällst zurück.«
    »Schon gut, ich komme.«
    Sie eilten etwa zehn Minuten weiter. Tru konnte Edna nicht aus seinem Kopf verscheuchen. So könnten wir alle enden. Hundefutter. Oder von innen her zerrissen, wenn wir gebissen werden. Seine Gedanken kehrten immer wieder zu der Art und Weise zurück, wie sie Edna benutzt hatten. Ein kranker, unanständiger, praktischer Plan. Einer, den sich nur Mason hatte einfallen lassen können. Tru wusste nicht, ob er ihn bewunderte oder fürchtete. Vielleicht beides gleichzeitig.
    »Hört auf damit«, knurrte der große Kerl schließlich. »Ich weiß, was ihr denkt, allesamt!

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