Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)
nächsten Wegbiegung lag. Eine Art Déjà-vu-Erlebnis, nur hilfreicher. Jenna wusste, wann sie sich ducken musste, wo Zweige zurückschnellen würden und wo sie ausweichen musste, um Unebenheiten im Weg zu umgehen. Jeder Moment bildete ein Echo, als wäre sie die Strecke schon gelaufen. Wie war das möglich?
Die Dämonenhunde bellten in der Ferne, und ihr nasses Heulen klang, als hätten verwesende Lungen sich mit Schleim gefüllt.
»Da kommen welche«, rief sie Tru zu. »Wie weit noch? Kannst du Mason sehen?«
»Er ist da vorne und versucht die Tür aufzubekommen«, rief der Junge zurück. »Knapp dreihundert Meter vor uns. Gleich siehst du das Gebäude.«
Sie bogen um eine weitere Kurve, und in der Tat stand dort ein zweistöckiges weißes Gebäude mitten auf einer Lichtung. Bei seinen Funkübertragungen hatte Dr. Welsh erwähnt, dass es auch einen Keller hatte.
»Abgeschlossen«, sagte Mason, als sie zu ihm rannte. »Darauf hätten wir schon früher kommen sollen, aber wir haben keine Möglichkeit, ihn anzurufen.«
Jenna sah sich rasch um. Alle hatten den letzten Sprint gut überstanden – nur der Trainer nicht. Er krümmte sich auf der Lichtung und schnappte nach Luft. Knapp hundert Meter trennten ihn noch von der Station.
»Los, Bob«, rief Tru. »Komm in die Gänge!«
Endlich richtete Bob sich auf. Er war rot im Gesicht und sah aus, als wäre ihm schlecht, als er auf sie zukeuchte.
»Es sind noch mehr unterwegs«, sagte sie zu Mason, während sie beobachtete, wie Bob näher kam. »Wir müssen schnell hinein. Es lässt sich nicht abschätzen, wie viele wir gegen uns aufgebracht haben.«
Mason fluchte. »Mit Schlössern kenne ich mich nicht aus!«
Angela zog Penny an sich und schloss fest die Augen wie im Gebet.
Gott kann dir jetzt nicht helfen, Mädchen.
»Lasst mich das versuchen«, sagte Tru. »Gebt mir Pennys Haarklammer.« Seine Hände zitterten nicht, als er die Klammer aufbog, die Plastikhülse abpellte und das Metall ins Schloss schob.
Das Heulen kam näher. Jenna konnte die Hunde jetzt riechen und hörte, wie sie durch die Bäume brachen. Sie erschauerte. Doch nicht so. Wir haben doch nicht für nichts und wieder nichts all das durchgemacht – und Edna geopfert.
Edna. Oh Gott.
Die Dämonenhunde stürmten aus dem Wald hervor und holten den Trainer schnell ein. Sie legte sich die Hände um den Mund wie ein kleines Megaphon. »Bob! Lauf !«
Aber das konnte er nicht. Er hatte keine Kraft mehr.
Die Monster waren binnen Sekunden über ihm. Ein Angriff zerfetzte ihm die Kniesehne. Er stürzte und schrie in Todesqual auf. Sie zerfleischten ihn von allen Seiten, schlangen sein Fleisch in blutigen Brocken herunter. Jenna wirbelte herum und hämmerte an die Tür. Sie musste weinen oder schreien oder sich übergeben. Irgendetwas davon.
Mason schüttelte sie ein bisschen. »Vergiss nicht, wer du bist, Barclay. Nimm deine Waffe.«
Richtig. Es würde wie Scheibenschießen sein, während die Hunde sich vollfraßen. Sie richtete ihre Waffe auf den nächstbesten und schoss. Mason feuerte fächerförmig und traf so viele Ziele, wie er konnte. Zwei Hunde wurden in einer Explosion zu Knochenstückchen und grauen Zellen zerfetzt.
Vier wandten sich von Bobs Leichnam ab und griffen an. Mason streckte einen nieder. »Wie kommst du voran, Tru?«
Jenna stählte sich. Sie hatte zu wenig Munition übrig, um ein Sperrfeuer zu eröffnen, also musste jeder Schuss treffen. Sie griff auf das zurück, was Mitch ihr beigebracht hatte, und beruhigte sich durch schiere Willenskraft. Lud durch. Zielte. Und schoss. Ein Treffer landete direkt zwischen den Augen eines Hundes. Die Wirbelsäule zu durchtrennen oder das Gehirn schwer zu verletzen schien am besten zu funktionieren. Alles andere verstümmelte die Hunde zwar, hielt sie aber nicht auf. Ihr Hund stürzte und versuchte, wieder aufzustehen. Abscheulicher roter Schaum quoll ihm aus dem Maul und lief ihm den Hals hinab.
»Scheiße, ich muss nachladen. Gib mir Deckung.« Mason wühlte in seiner Patronentasche herum, um ein neues Magazin zu finden.
»Ich hab’s!« Tru trat die schwere Tür auf und zerrte Angela und Penny mit.
»Beweg dich, Barclay!«
»Ohne dich gehe ich nirgendwohin«, sagte sie.
Der dritte Hund stürzte herbei, nur Schmutz und schillernde Verwesung. Er fiel Mason an. Mason hatte noch nicht nachladen können und kämpfte stattdessen mit bloßen Händen gegen das Ding. Er hielt die schnappenden Kiefer mit roher Gewalt von seiner Kehle fern,
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