Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)
zielen. Er verlagerte sein Körpergewicht, bis mehr davon auf dem Ballen seines rechten Fußes ruhte. Die Wölfin duckte sich zu einer wilden, kraftvollen Zusammenballung aus Muskeln und Sehnen. Sie sprang nach links. Mason feuerte und erledigte den rechten Dämonenhund mit einem einzigen Schuss in den Schädel.
Als der Pulverdampf sich verflüchtigt hatte und das Winseln verklungen war, stand die Wölfin mit einer toten Bestie zwischen den Kiefern da. Sie ließ sie fallen, setzte sich hin und hob die Schnauze zu den Wolken. Ihr wildes Heulen durchbrach die stille Waldluft – nicht der klagende Laut, den ein verhungerndes Rudel ausstieß, und auch nicht das gespenstische, warnende Geheul der Monster auf der Jagd.
Nein, das hier war ein Triumphschrei.
Mason ließ sich zu Boden gleiten. Er landete neben den beiden schweren Rucksäcken, die er abgeworfen hatte, als die Hunde ihn umzingelt hatten.
Die Wölfin richtete den Blick ihrer grünen Augen auf ihn. Ihr Brustkorb hob und senkte sich, als sie hechelte. Sie öffnete die langen, hundeartigen Kiefer und wirkte selbstgefällig, fast so, als würde sie lächeln. Und warum nicht? Sie war vom Maul bis zu den Vorderbeinen mit Blut bedeckt, dem Blut eines hart erkämpften Sieges.
»Danke«, murmelte Mason.
Sie neigte den Kopf und lief dann ohne jeden Anschein von Furcht an seine Seite. Mason runzelte, hypnotisiert von ihrem Blick, die Stirn. Erst dann erkannte er, dass eine silbrige Aura um ihren Körper herum schimmerte, wenn auch nicht so offensichtlich wie bei den monströsen Bestien. Sein hektischer Herzschlag verlangsamte sich.
Zaghaft streckte er in der Erwartung, dass sie jeden Augenblick fliehen würde, die Hand aus und rieb ihr das seidige Fell hinter den aufgerichteten Ohren. Aber sie lief nicht davon, sondern schmiegte sich an seine Hand. Ihre vertrauensvolle Reaktion, die Wohlbehagen verriet, ließ ihn an den Körper einer Frau denken, der mehr verlangte.
Jenna.
Er sprang auf. Die Wölfin wich zurück. Mit dem Gewehr in der Hand joggte Mason zurück, suchte einen Weg, auf dem er hinaufklettern konnte. Wo zur Hölle steckte sie? Nachdem er einen Einschnitt in dem steilen, baumgesäumten Abhang gefunden und sich hineingezwängt hatte, nutzte er die Wurzeln, um sich hochzuziehen. Aber als er auf einer Ebene mit dem Rest des Waldes war, sah er nur Bäume. Zahllose Stämme und Äste und Schatten.
Keine Spur von seiner verletzten Geliebten.
»Jenna!« Zum Teufel mit den Hunden und dem Wald. Er musste sie wieder bei sich haben. Sie hatten nicht viel Zeit. Die Dunkelheit wartete schon … Und das war’s dann. »Schätzchen, wo bist du?«
Keine Antwort. Kein Vogelgezwitscher. Noch nicht einmal der Wind. Sein Herz trommelte einen hektischen Rhythmus gegen sein Brustbein. Er hielt den Atem an und lauschte, aber das ließ nur das Blut lauter in seinen Ohren rauschen.
Mason verließ sich nicht länger auf seine fünf Sinne, sondern benutzte das Einzige, was ihm noch blieb. Er schloss die Augen und stellte sich ihr Gesicht vor – nicht so, wie er es zuletzt gesehen hatte, traurig und schmerzverzerrt. Nein, er erinnerte sich daran, wie ihr angespannter Lippenbogen erschlafft war, als das Erschauern ihres Orgasmus verklungen war und ihr Gesicht weich und rosig hinterlassen hatte. Er griff durch Zeit und körperlichen Abstand nach ihr, über die Verbindung, die zwischen ihnen bestand.
Und sie stand direkt hinter ihm.
Mason wirbelte herum und sah die Wölfin, die dasaß und ihn beobachtete. Ihr Fell funkelte, als wäre es von innen beleuchtet.
»Weg mit dir. Verschwinde!«
Sie rührte sich nicht, blinzelte nur. Nach einem großen, klaffenden Gähnen ließ sie sich auf dem Boden nieder, eine Pfote über die andere gelegt, um ihr blutiges Kinn darauf zu betten.
Mason schüttelte den Kopf und versuchte, das Schädelbrummen daraus zu vertreiben. Irgendetwas war gerissen. Er war an einen sehr falschen Ort gelangt – noch falscher als die Hölle der letzten paar Wochen. Die Hölle gehorchte wenigstens noch gewissen Regeln. Töten oder getötet werden. Das hier ergab überhaupt keinen Sinn.
Aber eine logische Möglichkeit nagte an ihm. Was, wenn noch ein Rudel da gewesen war? Was, wenn Jenna zugelassen hatte, dass sie sie töteten, weil sie sich in ihr Schicksal ergeben hatte? Er hatte alles bei sich getragen, sogar ihr Gewehr – in dem Versuch, ihr die Reise zu erleichtern. Jetzt …
»Jenna!« Die Bassschwingungen seines Gebrülls hallten unter dem Kronendach
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