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Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Dämmerung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Connor
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des Waldes wider. Ihm tat der Hals weh, aber er rief noch einmal.
    Die Wölfin winselte. Mit erhobenem Kopf neigte sie ein Ohr in die eisige Winterluft. Lauschte. Dann stand sie auf und kam wieder zu ihm. Mit der kalten, schwarzen Haut ihrer feuchten Schnauze schnüffelte sie an seiner verletzten Hand und begann dann, seine Wunden zu lecken. Gezielt. Um sie zu reinigen. Seine Finger zuckten beim Kitzeln ihrer glatten Zunge. Er griff mit der anderen Hand um sie herum und rieb ihr das glänzende Fell. Die Wölfin stieß einen kameradschaftlichen Laut aus und stupste dann sanft mit der Stirn gegen sein Bein.
    Mason kniete sich hin und nahm ihre lange, geschmeidige Schnauze zwischen die Hände. Grüne Augen sahen ihn seinerseits an.
    Das Herz drehte sich ihm in der Brust um.
    »Oh nein. Nein. Nein.« Er sprang auf und wich zurück. Während er herumwirbelte und Ausschau nach irgendeiner anderen Antwort hielt, kämpfte er gegen eine Flutwelle schwindelerregender Schwärze an. »Jenna! Nun komm schon, Barclay. Wo zur Hölle steckst du?«
    Die Wölfin wirkte ruhelos. Sie setzte sich hin und rollte sich zusammen. Sie leckte sich den rechten Hinterlauf, säuberte ihn so, wie sie seine Wunden ausgewaschen hatte. Erstarrt kniete Mason sich neben sie, während sein Atem rasselte. Er stieß ihr sanft gegen die Schnauze und rechnete immer noch damit, dass sie ihn beißen oder davonlaufen würde. Aber sie blieb und ließ zu, dass er ihr Bein berührte.
    Unter dem Fell verunzierten Bisswunden ihre Haut. Sie war gebissen worden. Wie Jenna.
    Die Wölfin schnupperte an der Seite seines Halses. Mason öffnete seinen Verstand und fand Jenna dort, neben sich, einen urtümlichen Teil ihrer Seele im Körper eines Tiers.
    Ein Schrei entrang sich seiner Brust. Er stieß die Wölfin von sich und rannte davon. Tränen drohten ihm aus den Augenwinkeln zu strömen, als er die Rucksäcke fand. Nachdem er seine AR-15 mit einem neuen Patronenstreifen geladen hatte, hob er sich die schweren, vollgestopften Bündel wieder auf den Rücken. Schwarze Trauer überlagerte alles andere, aber er schob sie in eine dunkle Ecke seines Verstands.
    Eine halbe Stunde später fand er einen Weg, auf dem er mit dem Gewicht, das er trug, vorankommen konnte. Mason kam in der Nähe eines einen Meter zwanzig hohen Tunneleingangs aus dem Wald, wo Wasser aus einem Bach unter der Erde verschwand. Nach seiner Position zu urteilen war das hier wohl die Stelle, an der die Monster unter die Erde krochen und geradewegs zur Hintertür des Stationskellers spazierten.
    Aber er hatte keine Zeit, um Nachforschungen anzustellen, und durfte nicht unter der Erde in eine Falle geraten, wenn er belastet, müde und allein war, schon gar nicht, wenn er die Vorräte bei sich hatte. Stattdessen würde er zurück zur Lichtung gehen, wie sie es geplant hatten. Mehr als erpicht darauf, diese Reise endlich hinter sich zu haben, ließ er seine Beine wie Kolben pumpen. Keine Gefühle. Kein Zwischenhalt. Sogar das Dickicht des Unterholzes gab seinem Ansturm nach. Äste, Schnee, Eiseskälte – nichts davon spielte noch eine Rolle. Er versuchte nicht einmal, unauffällig zu bleiben.
    Kommt nur, ihr Scheißer.
    Die Lichtung lag in Sichtweite vor ihm, aber er hielt den Blick auf die Tür zur Forschungsstation gerichtet. Er feuerte einen Schuss in die Luft ab und wusste selbst nicht recht, ob er es tat, um jemanden im Beobachtungsturm auf sich aufmerksam zu machen oder um das Rudel zu provozieren.
    Aber er würde nicht so verrecken wie Bob. Stattdessen würde er feuern, bis schnappende Kiefer diesem Albtraum ein Ende setzten.
    Monster kamen von den Rändern der Lichtung her angeschlichen. Mason blieb in Bewegung. Eis brach unter seinen Füßen. Die untergehende Sonne überzog den Schnee mit kaltem gelbem Licht.
    Die Außentür schwang auf. Welsh steckte den Kopf heraus. Dann kam Tru, das Gewehr im Anschlag, wie das letzte Mal, als Mason ihn gesehen hatte. Allerdings ging er diesmal langsam. Keine Eile. Keine Jenna.
    Völlig distanziert bewunderte er Trus Haltung. Der Junge zielte mit müheloser Bereitschaft. In seinem Kopf fragte Jenna: Wer soll Tru beibringen, was er wissen muss?
    Er zuckte zusammen. Dann erhöhte er das Tempo.
    Der Junge beschattete sich die Augen, kniff sie zusammen und winkte zur Warnung. Mason drehte sich um. Die Wölfin. Sie folgte ihm in respektvollem Abstand. Ihr glänzendes Fell fing die letzten Sonnenstrahlen auf.
    »Feuer einstellen!«, rief er Tru zu.
    Die Wölfin

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