Die letzte Eskorte: Roman
undankbaren Ball, der sich so vehement seiner Autorität widersetzte. Abermals wurde der Boden einer ausgiebigen Inspektion unterzogen. Schließlich zupfte Saint-Denis ein paar Grashalme aus und warf sie hoch, um die Richtung und die Stärke des Windes zu prüfen – eine Maßnahme, die manch einen der Zuschauer zum Schmunzeln brachte, da seit den frühen Morgenstunden Windstille vorhielt.
Beim zweiten Schlag gab der Ball nach und rollte bis auf sechs Fuß zum Loch.
Wickham lochte nach zwei Schlägen aus zehn Fuß Entfernung ein, Saint-Denis traf beim nächsten Schlag. Das erste Loch ging an Mr Smosh, der nirgends zu finden war, dann aber doch nach vorn gebracht wurde. Seinen Mantel hatte er irgendwo verloren, sein Kollar fehlte, sein Kragen war offen. Ein Hauch von Puder haftete auf seiner Wange – eine kreideähnliche Schicht – und eine Spur Rouge klebte an seinem Mund.
In diesem Aufzug griff der Geistliche nach einem Schläger, sprach den Ball an, den der Diener bereits auf das Tee gelegt hatte, und schickte den Featherie mit erstaunlicher Präzision zum nächsten Loch –, obwohl Smosh beim Schlag beträchtlich schwankte.
Und so nahm das Spiel seinen Lauf. Worthing und Saint-Denis waren immer mehr darauf bedacht, nicht ins Hintertreffen zu geraten, setzten sich dabei jedoch so stark unter Druck, dass schon bald die Konzentration nachließ. Wickham hingegen wirkte das ganze Spiel über entspannt und schien das Match zu genießen, denn er hatte keine Ansprüche an sich selbst und glich manch eine Unsicherheit mit seinem athletischen Körper aus. Smosh war von Loch zu Loch betrunkener, traf den Ball aber weiterhin erstaunlich genau und schickte ihn dorthin, wo er ihn haben wollte, wobei es ihm indes immer schwerer fiel, das jeweils nächste Loch zu sehen.
»Mr Smosh – Sie zielen in die falsche Richtung. Nein, mehr nach backbord – weiter. Ja, so. Schlagen Sie.«
Beim siebten Loch hatte sich Smosh einen unglaublichen Vorsprung erkämpft. Doch beim achten Loch trat er an den Ball, bückte sich und erbrach sich furchtbar auf den »Featherie«. Dann richtete er sich auf, holte zum Schlag aus und schickte den besudelten Ball in einem Nieselregen aus halb verdautem Frühstück los.
Unweigerlich landeten die Bälle bisweilen in Fladen aus weichem Kuhdung. Dr. Worthings Ball suchte sich als Erster ein solches Nest. Der Reverend erreichte seinen Ball, stemmte die Hände in die Seiten und betrachtete die Misere mit zusammengepressten Lippen, ehe er nach dem New-Cleek rief. Die Zuschauer tuschelten, hier und da war ein aufgeregtes Schwatzen zu hören.
»Jetzt schlägt er mit dem Niblick aus der Scheiße, ihr werdet’s ja sehen!«, hörte man jemanden sagen. Dann verstummten die Zuschauer in gespannter Erwartung.
Worthing umfasste den Griff des Schlägers, stellte sich hin und bewegte den Niblick in Richtung des Balles, der wie ein Eigelb in der Mitte des Fladens lag. Dreimal setzte er langsam zum Schlag an, wobei er achtgab, den Schläger nicht in dem Dung zu beschmutzen. Dann, zum Erstaunen der Zuschauer, holte er weit aus, führte den Schlag aus und schickte den Ball in einer Wolke aus grünlich-grauem Mist auf die Reise, der sich erst im Rollen des schmierigen Dungs entledigte. Der Niblick erfüllte dann doch nicht ganz die Erwartungen seines Besitzers, was die Reinlichkeit der Stiefel und der Breeches anbelangte, doch er trieb den Ball zufriedenstellend voran.
Im Verlauf der Partie musste jeder Spieler ein- oder zweimal den Ball aus Kuhfladen schlagen, was mal mehr, mal weniger sauber verlief, je nachdem, wie lange der Dung schon getrocknet war. Wickham erwies sich bei diesen Herausforderungen als besonders begabt, doch Smosh verlor einmal das Gleichgewicht und setzte sich voll in einen Fladen, ohne es überhaupt richtig wahrzunehmen.
Beim zehnten Loch hatten sich alle Zuschauer längst in den Schatten verzogen und lagen fast alle schlafend im Gras – ein paar berüchtigte Schnarcher spielten den Rindern auf. Allein die Offiziere verfolgten nun noch das Match.
Wetten wurden abgeschlossen, entweder auf Smosh oder auf Wickham, je nachdem, ob die Männer es dem Geistlichen zutrauten, das Spiel zu Ende zu bringen. Obwohl Smosh fürchterlich betrunken war und überhaupt nicht mehr zu wissen schien, dass er überhaupt Golf spielte, verblüffte er die Zuschauer zum wiederholten Male mit seinen sauberen Schlägen. Nach wie vor war er derjenige, der die wenigsten Schläge pro Loch benötigte.
Doch am
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