Die letzte Eskorte: Roman
vierzehnten Loch verließen ihn die Kräfte. Eine nicht enden wollende Zeit stand er sinnierend über seinem Ball, als wüsste er nicht, wo er eigentlich war oder was er auf dieser Weide machte. Kaum war Saint-Denis vorgetreten, um den Pfarrer zu stützen, da riss Smosh seinen Schläger in die Höhe, traf den Ball mit gewohnter Präzision, vollführte dann jedoch eine unfreiwillige Pirouette, stürzte und landete mit dem Gesicht nach unten im Gras, wo er reglos wie ein Toter liegen blieb.
Man weckte Mr Ariss, der Smosh noch zu den Lebenden zählte, doch sosehr die Männer sich auch bemühten, sie konnten den Geistlichen nicht mehr aus der Bewusstlosigkeit holen. Schließlich trug man den Pfarrer zu einem Baum und setzte ihn an den Stamm. Ein Diener hatte darauf zu achten, dass Smosh nicht an seinem eigenen Erbrochenen erstickte.
Nach achtzehn Löchern war das Spiel zu Ende, die Spieler waren zu erschöpft oder desillusioniert, um noch weiterzumachen. Worthing packte seine Schläger zusammen und stolzierte in Richtung Stadt, offensichtlich beleidigt von all den Vorgängen rund um das Match.
Saint-Denis erklärte derweil jedem, der es hören wollte, er hätte viel besser gespielt, wenn er von der Krankheit nicht so geschwächt gewesen wäre. Doch er gratulierte Wickham, dass er so schnell gelernt habe. Der Leutnant wurde nicht müde zu betonen, dass eine solide Unterweisung der Schlüssel zum Erfolg beim Golfspielen sei.
»Und wie hat Ihnen das Match gefallen?«, fragte Hayden den Leutnant der Seesoldaten auf dem Rückweg zur Stadt.
»Nicht ganz so interessant wie eine Hinrichtung, aber abwechslungsreicher, als alten Frauen beim Kartenspielen zuzusehen.« Hawthorne wurde nachdenklich, lächelte dann aber. »Lassen Sie mich Ihnen einen kleinen Scherz erzählen, den mir meine Golffreunde mit auf den Weg gegeben haben. Ist schon ziemlich abgegriffen, aber vielleicht kennen Sie ihn ja noch nicht. Also, zwei Gentlemen gehen eines Morgens auf die Anlage, um ein Match zu genießen. Beim dritten Loch erleidet einer der Herren, mit Namen Herald, eine Herzattacke und fällt auf der Stelle tot um. Als der zweite Gentleman am Abend nach Hause kommt, möchte seine Frau wissen, wie das Spiel gelaufen ist ...«
Griffiths kehrte zu ungewöhnlich später Stunde zum Schiff zurück. Sowie er an Deck kam, schaute er zunächst im Lazarett vorbei, tauschte sich kurz mit Mr Ariss über die Fälle von exzessiver Trunkenheit nach dem Genuss von billigem Fusel aus und meldete sich dann bei dem wachhabenden Seesoldaten vor der Kapitänskajüte an. Der Schiffsarzt wurde sofort vorgelassen und trat zu Hayden und Hawthorne, die in ein Gespräch vertieft waren.
»Ich bitte um Verzeihung, Kapitän, für mein spätes Erscheinen«, sagte er förmlich.
»Nichts für ungut, Dr. Griffiths. Ich gehe davon aus, dass Sie Mr Ariss alle notwendigen Instruktionen hinterlassen haben. Zu welcher Stunde Sie aufs Schiff zurückkehren, ist allein Ihre Sache.«
Hayden vertraute seinen Offizieren, auch den Deckoffizieren, sich selbst im Zaum zu halten. Und da ein jeder von ihnen stets verantwortungsbewusst war und immer seine Pflicht tat, erwies sich dieses System als tauglich.
»Mr Hawthorne und ich haben soeben beschlossen, einen heißen Kaffee zu genießen, Doktor. Möchten Sie sich zu uns setzen?«
»Danke, Sir.«
Als die drei es sich an Haydens Tisch bequem gemacht hatten, herrschte eine Weile unangenehmes Schweigen. Hayden wartete darauf, dass der Schiffsarzt das Schweigen brechen würde, als ein Klopfen an der Tür den Kaffee ankündigte.
Der Diener servierte das dampfende Getränk, und der Duft des frisch aufgebrühten Kaffees verteilte sich in der Kajüte.
»Hat Ihnen das Golfmatch gefallen, Doktor?«, fragte Hawthorne schließlich.
»Soweit ich es verfolgen konnte, ja. Wer hat übrigens gewonnen?«
»Wickham«, antwortete Hayden. »Aber auch nur, weil sich Smosh bis zur Besinnungslosigkeit betrunken hat. Saint-Denis war noch zu geschwächt von der Krankheit und hätte vorzeitig abbrechen sollen, denke ich. Und unser stolzer und eingebildeter Reverend wurde für seinen Hochmut bestraft.«
»Selbst Geistliche unterliegen Gottes Unmut«, erklärte der Schiffsarzt. »Ja, die Eitelkeit ist oft unser Verderben.« Jetzt wirkte Griffiths noch grüblerischer. Offensichtlich war er gedanklich bei einer ganz anderen Sache – bei einer ernsten Angelegenheit. Er holte tief Luft, zögerte und wagte dann den Vorstoß. »Sie haben ja gewiss gesehen, dass
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