Die letzte Eskorte: Roman
miteinander auskommen, Moore, ohne dass der eine auf den Bemühungen des anderen herumhackt«, bot Hayden an.
»Ja, so sehe ich das auch. Lassen Sie es uns versuchen, Hayden.« Moore wandte sich ihm zu. »Es ist sehr wichtig, dass man sich unter Freunden keine Feinde macht.«
»Dann geben wir uns die Hand darauf«, schlug Hayden vor, worauf die beiden einander die Hand schüttelten, herzlich, wie Hayden fand.
»Habe ich Ihnen schon erzählt, dass mein Bruder Graham in der Navy ist?«, fragte Moore.
»Nein, noch nicht. Graham Moore?«
Moore betrachtete ihn erstaunt. »Ja.«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihm begegnet bin – in Halifax, vor einigen Jahren. Ich glaube, er erwähnte einmal in meinem Beisein, er habe einen Bruder namens Jack.«
Moore lachte. »So werde ich in der Familie genannt. Der Dienst ist groß und klein zugleich, finden Sie nicht?«
»So ist es.« Das erklärte einiges. Moore hatte einen Bruder in der Navy. Hayden spürte, dass sich auch das letzte Quäntchen Misstrauen dem Mann gegenüber in Luft auflöste, ganz so, als wären sie zwei Brüder.
Die Barkasse des Kapitäns ging mit der seichten Dünung, der Meeresgrund war in den glasklaren Wassern zu sehen. Rozza Island, eigentlich eine Halbinsel, lag zwischen den französischen Stellungen in Calvi und der Bucht von San Fiorenzo und befand sich den Berichten zufolge unter der Kontrolle von General Paoli. Sowohl Moore als auch Hayden hofften, dass dies stimmte. Denn es war denkbar, dass der alte General es falsch darstellte, wie viel er von der Insel wirklich kontrollierte, sodass sich die Vertreibung schwieriger erweisen würde als anfangs vermutet. Ohne britische Hilfe in Form von Kanonen, Pulver und Soldaten würde Paoli es allerdings nicht schaffen, so viel stand fest.
Die Küste war ein Flickenteppich aus ausgehöhlten Klippen, lang gezogenen felsigen Untiefen und sandigen Strandabschnitten. Diese Strände, wie auch die Mündungen einiger kleiner Flussläufe, boten sich als Landeplätze geradezu an, aber bei ruhiger See würden sich auch einige flache Stellen aus monolithischem Gestein eignen. Die Gezeiten spielten im Mittelmeer kaum eine Rolle, was das Vorhaben gehörig vereinfachte. Wie oft hatte Hayden schon erlebt, dass Armeen zu einer bestimmten Zeit an Land gebracht werden wollten, nur um mit ansehen zu müssen, wie die Pläne im letzten Moment durch die Flut durchkreuzt wurden.
Als das Boot eine felsige Spitze umrundete, öffnete sich eine kleine Bucht vor ihnen – die vorgesehene Landestelle. Hayden konnte Menschen an der Küste ausmachen, aber die Entfernung war zu groß, um Einzelheiten erkennen zu können.
»Wickham, haben Sie Ihr Glas zur Hand?«
»Tut mir leid, Sir«, erwiderte der Junge betreten, »aber ich habe es weggepackt.«
Moore, Sir Gilbert, Major Kochler, Hayden und Wickham waren in die Barkasse gestiegen, und obwohl Hayden sicher war, dass jeder der Herren, selbst Sir Gilbert, ein Fernrohr besaß, so hatte niemand daran gedacht, eins zur Hand zu haben – eine peinliche Situation, die jedoch auch amüsant war.
»Und wir bezeichnen uns als professionelle Soldaten«, meinte Moore und schüttelte lächelnd den Kopf.
Die Ruderblätter tauchten in die ruhige See, stiegen auf und beschrieben Bögen in der Luft, ehe sie wieder ins Nass glitten.
Wickham erhob sich plötzlich und schaute angestrengt zur Küste. »Sir – diese Männer tragen, glaube ich, die französische Nationaluniform.«
»Sind Sie sicher?« Hayden stand auf, aber seine Augen waren nicht so scharf wie die des jungen Lord Arthur. Auch die anderen vermochten Wickhams Einschätzung nicht zu bestätigen.
Kochler verfrachtete einige Gepäckstücke von einer Seite auf die andere und kramte sein Fernrohr hervor, das er gleich auf den Küstenabschnitt ausrichtete. Hayden hielt ihn nicht für einen Mann, der sich einer groben Sprache bediente, aber Kochler entwich ein Fluch. Schnell wanderte das Glas zu Moore, dann zu Sir Gilbert, und beide bestätigten Wickhams Vermutung. Ehe Sir Gilbert das Fernrohr Hayden reichen konnte, verlangte Kochler es zurück.
Ähnlich gekleidete Männer wie dort an der Küste tauchten nun rechterhand entlang der Klippen auf, sehr zur Beunruhigung der Bootsinsassen, denn die Fremden trugen Musketen.
»Aber genau hier sollten wir doch auf Paolis Stellvertreter treffen ...«, protestierte Sir Gilbert entrüstet.
»Wir können nicht viel tun«, antwortete Moore mit bemerkenswertem Gleichmut. »Wenn wir
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