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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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erschien ihm dieses Widerstreben merkwürdig. Gewiss waren Moore und Kochler fähige Befehlshaber, aber sobald Flotten ins Gefecht eingriffen, reihten sich die Admiräle mit ihren Flaggschiffen in die Formation ein und standen mit ihren Offizieren gemeinsam auf dem Quarterdeck.
    Den Rest des Tages verbrachte man damit, die »verfluchten« Kanonen zurück zum Strand zu zerren, was Hayden und seine Seeleute nach Mitternacht zum Abschluss brachten. Die meisten Matrosen fielen kraftlos in den Sand und schliefen augenblicklich ein. Selbst Hayden war wie gelähmt nach all diesen Strapazen und wachte erst auf, als die Sonne am Himmel stand und sich der Donner von Kanonen in der Ferne in seine Träume drängte.
    Sich auf einem Ellbogen abstützend, rieb er sich die Augen mit sandigen Fingern und fluchte, da sein rechtes Auge heftig zu tränen begann.
    Die Armee war in Bewegung, das Essen wurde zubereitet und ordentlich eingenommen. Bei seinen eigenen Leuten ging es weniger gesittet zu – ein zu Tode erschöpfter, abgerissen aussehender Haufen war es, um ehrlich zu sein –, aber auch die Matrosen mussten antreten und fanden sich für die Frühmahlzeit in ihren alten Backschaften zusammen.
    Derweil sorgten die Leutnants und Midshipmen für Ordnung, um ein Chaos zu verhindern. Allerdings war das Durcheinander nicht so schlimm, wie man hätte befürchten können, denn an Land wirkten die Seeleute ein wenig desorientiert, da sie ihre gewohnte Routine an Bord vermissten.
    »Es gibt Neuigkeiten, Sir«, sagte Wickham und brachte eine Tasse mit einer trüben schwarzen Flüssigkeit mit, die entfernt nach Kaffee roch. »Die Fortitude und die Juno waren gezwungen, abzudrehen, Sir. Auf der Fortitude brach aufgrund des Beschusses mit erhitzten Kugeln Feuer aus, in dem sechzig Mann ihr Leben ließen. Die Juno wurde nicht so arg beschädigt, musste sich aber auch in Sicherheit bringen. An dem Festungsturm entstand, wie es scheint, nur geringer Schaden.« Wickham nahm auf einem kleinen Schemel Platz. »Ich hätte nicht damit gerechnet, dass die einen Ofen zum Erhitzen der Kugeln haben, Sir. Das war vorher nicht so.«
    »Fest steht, dass die Franzosen diesmal besser vorbereitet waren«, antwortete Hayden und schaute sich im Kreis der Soldaten um, enttäuscht, dass die Navy versagt hatte. Dann probierte er den Kaffee, der bitterer schmeckte, als er es für möglich gehalten hatte.
    Nach einem spartanischen Frühstück griff Hayden nach seinem Fernrohr und eilte einen nahe gelegenen Hügel hinauf, um die französischen Stellungen zu inspizieren. Wie nicht anders zu erwarten, traf er auf der Anhöhe auch Moore und Kochler im Kreise ihres Offiziersstabs, die alle den Turm von Mortella vor ihren Linsen hatten. Rauch stieg von der leichten Erhebung jenseits des Festungsturms auf, und ein Stück des Putzes oder Steine wurde aus der Festung gerissen.
    »Die haben eine Batterie an der Küste errichtet«, sagte Hayden und erkannte etwas zu spät, dass er nur das aussprach, was ohnehin schon jeder wusste.
    »Ja«, sagte Moore, halb zu ihm gewandt, »leider ohne Wirkung. Wir haben vielleicht einen Vorteil. Selbst wenn unsere Geschütze kaum großen Schaden anrichten, so können die Franzosen zumindest nicht mit ihren Kanonen auf unsere Stellungen dort unten feuern. Ein kleiner Trost.«
    »Ist General Dundas inzwischen bereit, an Land zu kommen?«, erkundigte sich Hayden.
    »Wir hoffen, dass er heute Morgen kommt«, erwiderte Kochler. »Wenn wir Ihnen eine Stellung gleich hier in der Nähe zeigen, Kapitän Hayden, könnten Sie uns dann Ihre aufrichtige Meinung sagen, ob Sie glauben, dass große Geschütze bis hierher geschafft werden könnten?«
    »Von wie großen Geschützen reden wir hier?«, fragte Hayden zurück.
    »Von Achtzehnpfündern.«
    Hayden war verblüfft. »Sie meinen, Achtzehnpfünder der Navy?«
    »Die Armee hat keine Geschütze dieser Größe, Kapitän«, teilte Kochler ihm mit.
    »Es war schon kaum zu schaffen, einen Sechspfünder und eine Haubitze durch diese gottverlassene Landschaft zu ziehen.« Schon die Vorstellung, Achtzehnpfünder bis zum Fuße des Hügels zu schaffen, erschien Hayden absurd, ganz zu schweigen von der Idee, die Geschütze bis ganz nach oben zu transportieren: eine Kanone wog 40 Zentner! Doch Haydens Stolz überlagerte die anfänglichen Bedenken. »Aber versuchen wir es, warum auch nicht?«
    Die von Kochler angesprochene Stelle lag zwar nicht weit entfernt, doch in der schroffen Gegend kamen sie nur langsam voran.

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