Die letzte Eskorte: Roman
Master der Protest in der Kehle. Enttäuschung und Frustration machten sich auf seiner Miene breit.
Als die Offiziere die Kajüte verlassen hatten, holte Hayden Henriettas Briefe aus einer Schublade und las sie alle noch einmal durch – ein unverzeihlicher Zeitvertreib, wenn man die Umstände in Betracht zog. Er konnte sein Versprechen, zu ihr zurückzukehren, nicht vergessen. Schon als er es ausgesprochen hatte, wusste er, dass er ein solches Versprechen nicht hätte machen dürfen. Und Henrietta war nicht so naiv, ihm aufs Wort zu glauben – sie wusste um die Gefahren.
Hayden verschnürte die Briefe mit einem roten Band und legte sie zurück in die Schachtel. Danach nahm er Federkiel und Tinte zur Hand und schrieb Henrietta einen langen Brief, in dem er von all seinen Hoffnungen berichtete, aber all seine Ängste verschwieg. Sodann versiegelte er das Schreiben und übergab es Perseverance Gilhooly, mit dem Auftrag, ein Offizier der Themis solle den Brief Henrietta Carthew persönlich überreichen, falls er, Hayden, die Reise nicht überlebte. Der junge irische Bursche sah daraufhin ganz erschrocken aus, Hayden hingegen fühlte eine große Erleichterung. Die Pflicht des Herzens abgegolten, versuchte er, sich voll und ganz auf das bevorstehende Enterkommando zu konzentrieren.
In dem einzigen Boot, das man nicht schwarz gestrichen hatte, ließ er sich rasch an Land rudern und begab sich auf die Suche nach Dundas und Moore. Als er dann erfuhr, die beiden Offiziere seien bei der Batterie, machte er sich auf den Weg dorthin.
Auf den Stränden nördlich des Mortella-Turms drängten sich Soldaten und Seeleute, die Proviant und Ausrüstung an Land brachten. Selbst die Versorgung eines vergleichbar kleinen Heeres erforderte Koordination, und an dem ganzen Unterfangen waren mehr Männer beteiligt, als Hayden für möglich gehalten hatte.
Seeleute trotteten in einer langen Schlange hintereinander die Anhöhe hinauf, fast bis zu der Stelle des Bergrückens, an der Hayden Wickhams Batterie vermutete. Die Männer schleppten entweder Pulversäcke oder Kugeln auf den Schultern und legten ihre Fracht in ein großes Netz am Fuße des Steilhangs. Mit Flaschenzügen beförderte man die Munition bis ganz nach oben, wo die Männer der Artillerie die Netze schnell entluden.
Hayden nahm den direkten Weg bis nach oben und erklomm die Felswand schließlich mithilfe der Seile, die eigens für diesen Zweck gespannt worden waren. Der Rauch der Geschütze wallte über die Felskante, trieb mit der Brise weiter und brannte Hayden in den Augen. Kurz darauf war er oben angelangt, eingehüllt in eine beißende schwarze Wolke. Mit angehaltenem Atem lavierte er nach steuerbord und stieß schließlich, als er wieder klarer sehen konnte, auf Moore, Dundas und General Paoli. Sie alle standen etwas oberhalb der Batterie, die Fernrohre in der Hand – Moore deutete gerade mit einer Hand in die Ferne und beugte sich wegen des Lärms zu Paoli hinüber.
Einer von Dundas’ Beratern entdeckte Hayden und informierte gleich den General, der nur kurz in Haydens Richtung sah und dann wieder die französischen Stellungen durch sein Fernrohr inspizierte.
»Kapitän Hayden!«, begrüßte Moore ihn. »Jetzt können Sie sich endlich selbst davon überzeugen, welche Auswirkungen Ihre Geschütze auf den Feind haben. Sie werden gewiss nicht enttäuscht sein.«
Moore bot Hayden sein Fernrohr an, nachdem Hayden den korsischen General begrüßt hatte. Es bedurfte keiner langen Prüfung, um zu erkennen, wie beträchtlich die Schäden bereits an der Konventsschanze waren. Niemand war bei den Erdwällen zu sehen, und eine Kanone lag am Boden, die Lafette zerschmettert.
Während Hayden durch das Fernrohr spähte, wühlte sich eine Kanonenkugel in einen Schützengraben und warf eine schwarze Wolke korsischen Bodens in die Luft. Wohin er auch blickte, überall entdeckte er Einschusslöcher, die stellenweise Krater in den Stellungen hinterlassen hatten.
Mit einem kurzen Schwenk zur Bucht vergewisserte sich Hayden, dass die Fregatten noch vor Anker lagen, doch von diesem Punkt aus konnte er bloß die Mastspitzen ausmachen.
»Sind die Stellungen bereits vollständig aufgegeben worden?«, erkundigte er sich bei Moore.
Bei dieser Frage sah der Oberst etwas beunruhigt aus. »Nein. Die Franzosen haben sich regelrecht eingegraben, aber uns gelingt es immer noch, einige zu töten, und gewiss erkennen sie längst, dass wir ungehindert weiterfeuern können. Wir werden ihren
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