Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
Vom Netzwerk:
Möbelstücke zur Kenntnis. Der altersschwache Tisch bot einen starken Kontrast zu der üppigen Einrichtung der Admiralskajüte auf der Victory .
    Winter erhob sich von seinem Stuhl, als Hayden eintrat. Eine wahre Flut von Papieren bedeckte den Tisch. Der Mann lächelte nicht und schien von Haydens Ankunft nicht sonderlich erfreut zu sein.
    »Entspricht es nicht mehr den Gepflogenheiten, sich zuvor mit einer Nachricht anzukündigen, Kapitän Hayden?«, fragte Winter gereizt.
    »Da ich davon ausging, dass wir beide unsere Befehle von Lord Hood erhalten haben, glaubte ich, Sie würden mit meinem Besuch rechnen, Kapitän.«
    Winter trug eine Uniform, die schon bessere Tage gesehen hatte. Sie war zwar in tadellos sauberem Zustand, doch an den Epauletten, den fadenscheinigen Ellbogen wie auch den Manschetten sah man deutlich, dass der Stoff mehrfach genäht worden war.
    »Ich soll eine beträchtliche Anzahl meiner Männer unter Ihr Kommando stellen, wie ich hörte.« Der Unmut des Mannes schien von Minute zu Minute zuzunehmen.
    »Wenn Sie erlauben ...«
    »Ich bin alles andere als begeistert!«, schnaubte Winter. »Warum man ein solches Kommando einem Mann überträgt, der noch nicht einmal Vollkapitän ist, und einen erfahreneren Offizier übergeht, bleibt mir ein Rätsel.« Einen Augenblick lang schien Winter sich für diesen Wutausbruch zu schämen, doch dann wurde er erneut von einer Woge des Zorns erfasst. »Warum gewährt man Ihnen diese Gunst, Hayden? Sind Sie ein Neffe des Admirals?«
    »Nicht im Mindesten, Sir«, entgegnete Hayden kühl. »Ich denke, man gab mir das Kommando als Belohnung für meine jüngsten Bemühungen – es ist uns gelungen, Geschütze auf die Bergspitze zu transportieren.«
    »Oh, man wird sogar für Taten belohnt, nicht bloß für die Herkunft? Ist so etwas wirklich möglich?«, spöttelte Winter. Er trat nun an die Fenster der Heckgalerie und war sichtlich darum bemüht, die Fassung zu wahren. »Wie viele Männer brauchen Sie?«, erkundigte er sich dann knapp.
    »Achtzig, bewaffnet mit Pistolen und Entermessern. Äxte und Piken sind ebenfalls erforderlich – des Weiteren Boote.«
    »Achtzig? Wie ich hörte, Kapitän, verfügen die französischen Fregatten nicht über die volle Besatzung.«
    »Das ist korrekt, Sir, so heißt es. Wir beobachten die Schiffe seit Tagen und glauben, dass wir es mit sechzig bis achtzig Mann zu tun haben werden.«
    »Nun, dann müssten ja sechzig Engländer für jedes französische Schiff ausreichen. Ich gewähre Ihnen sechzig Mann – und drei Beiboote. Und meine Männer stehen unter dem Kommando meines Leutnants, denn sonst überlasse ich Ihnen überhaupt keine Männer.«
    Hayden war im Begriff zu protestieren, erkannte dann jedoch, dass es keinen Zweck hatte, sich jetzt auf einen Streit einzulassen. Immerhin war der Mann bereit, mit ihm zu kooperieren, wenn auch widerwillig. Das war nicht ungewöhnlich in der Navy, sobald ein Kommandant einen Befehl erhielt, den er eigentlich ablehnte. Hayden hatte selbst schon mit Befehlen gehadert – insbesondere unter Kapitän Josiah Hart.
    »Also sechzig Mann unter dem Kommando Ihres Leutnants«, wiederholte Hayden. »Wir haben unsere Boote schwarz gestrichen, damit man sie in der Nacht nicht so leicht erkennen kann.«
    Winter schien sich regelrecht beleidigt zu fühlen. »Noch nie habe ich meine Beiboote schwarz streichen lassen – nicht in zwanzig Dienstjahren. Und ich hege nicht die Absicht, es jetzt zu tun. Sie bleiben weiß.«
    »Wir werden höchstwahrscheinlich Mondlicht haben«, gab Hayden zu bedenken.
    »Weiß, das ist mein letztes Wort.« Als Winter ihn nun mit einem so unnachgiebigen Blick fixierte, wusste Hayden, dass der Mann seine Entscheidung nicht rückgängig machen würde.
    »Ich vermute, dass der Angriff kommende Nacht stattfinden wird, doch das hängt noch von der Armee ab. General Dundas hat sich indes noch nicht auf eine Uhrzeit festlegen wollen.«
    »Meine Männer sind schnell einsatzbereit.«
    »Ich benachrichtige Sie, sobald ich mehr weiß.«
    Winter starrte ihn bloß an. Auf Haydens Worte ging er nicht weiter ein. Nach einer kurzen Verbeugung verließ Hayden die Kapitänskajüte und ballte die Hände zu Fäusten, da er einen sengenden Zorn in sich verspürte.
    Als er wieder in seinem Boot saß und sich über die ruhige Bucht rudern ließ, machte er sich bewusst, dass er in einigen Jahren genau wie Winter sein könnte: ohne Gönner in der Admiralität, ohne Halt im Kreis der Flaggoffiziere. Ob

Weitere Kostenlose Bücher