Die letzte Eskorte: Roman
mit Bleiabdeckungen, und die Pulverkartuschen wurden eiligst nach unten in Sicherheit gebracht. Es war nahezu unmöglich, luvwärts zu blicken, und Hayden gab es schließlich auf. Er hoffte nur, dass Sturm und Regen bald aufhören würden.
Die stürmische Regenflut dauerte aber doch vierzig Minuten und begann dann endlich nachzulassen. Der Himmel wurde von Minute zu Minute heller.
»Deck!«, rief der Mann im Ausguck. »Ein Segel zwei Strich achtern Steuerbord.«
»Da ist sie, Sir, die Majestic «, sagte Wickham und deutete in die Richtung. Ein Zweidecker mit geöffneten Stückpforten erschien parallel zu ihrem Kurs. Und dann war da noch eine Fregatte nur zwei Schiffslängen davor.
»Ist das Bradley oder der Franzose?«, fragte Barthe. »Ich kann es nicht erkennen.«
»Ich auch nicht, Mr Barthe«, erwiderte Wickham.
»Sie sind jetzt Leutnant, und wir erwarten, dass Sie Dinge sehen, wenn sie gesehen werden müssen«, bemerkte Barthe.
»Entschuldigen Sie, Mr Barthe, ich werde mich bemühen, besser zu sehen.« Plötzlich fuhr Wickhams Hand hoch. »Da ist ein zweites Schiff, eine Fregatte, glaube ich.«
»Wo?«
»Hinter der Majestic , Mr Barthe.«
Einen Augenblick lang sagte niemand etwas, sondern alle blickten besorgt auf die düsteren grauen Nebelschwaden, die Regenschleier und das dunkle, unruhige Meer.
»Nun, das wird den Franzosen überraschen«, bemerkte Hawthorne mit Befriedigung.
»Das Schiff dort scheint für eine Fregatte recht groß zu sein«, sagte Hayden, wobei er versuchte, das Schiff jenseits von Pools Vierundsiebziger genauer zu erkennen. »Das kann doch nicht Bradley sein ...«
»Der Teufel soll mich holen«, rief Wickham und richtete sich zu voller Höhe auf, »das ist ja auch ein Zweidecker!«
Ehe irgendjemand etwas erwidern konnte, feuerte das entfernter befindliche Schiff eine Breitseite auf das näher liegende ab, wobei mehrere Kugeln über die Decks schossen und in die Wellen nahe bei der Themis eintauchten.
»Ist es ein Franzose?«, fragte Barthe unter großer Anspannung. »Meine Güte, Wickham, können Sie es nicht erkennen?«
» Eines der Schiffe ist ein Franzose«, antwortete der junge Mann. Selbst seine scharfen Augen waren bei diesem Nebeldunst unsicher.
Das näher befindliche Schiff feuerte eine Breitseite ab. Unmittelbar danach feuerte die Fregatte in die Nebelschwaden hinein, und umgehend kam aus dem undurchdringlichen Dunst die Antwort.
Und dann donnerte es ziellos von allen Schiffen, ein andauerndes Krachen schickte sein Echo über die rollende See. Auf dem näher befindlichen Schiff wurde eine britische Flagge gehisst.
»Das ist Pool«, verkündete Hawthorne unnötigerweise.
»Ja, und er ist völlig überrascht worden!«, rief Barthe über das Getöse hinweg. »Wo kam dieser verdammte französische Vierundsiebziger denn nun her?«
Ein weiteres Schiff erschien aus dem Nebel und bewegte sich unter lauten Rufen der Bestürzung an Bord der Themis auf das Heck der Majestic zu, gab eine Salve auf sie ab und kam dann längsseits.
»Eine schwere Fregatte«, stellte jemand fest und fluchte dabei.
Das Schiff war in der Tat eine französische Sechsunddreißiger, deren Boote ihr in dem weißen Kielschweif wie kleine Enten nachfolgten.
»Mr Barthe! Setzen Sie Segel! Wir werden eine Wende einleiten.«
»Der Wind ist zu stark zum Wenden, Sir«, rief Barthe über den Kanonendonner hinweg. »Ich fürchte, uns wird einiges weggerissen werden.«
»Wir werden wenden, Mr Barthe! Und dann setzen Sie das Großsegel. Langsam und vorsichtig, Mr Franks! Rufen Sie alle Mann an Deck. Wir leiten die Wende ein, dann zurück an die Geschütze.« Hayden eilte an das Steuer und nahm es dem überraschten Profos aus der Hand. »Die Rahen müssen gebrasst werden! Beeilung!«
Als alle Mann auf ihren Posten waren, steuerte Hayden das Schiff durch den Wind, und alle an Bord blickten besorgt nach oben, ob womöglich Spieren fortgerissen wurden. Das Kreischen und Quietschen – wie ein überlautes Kratzen gigantischer Fingernägel auf Schiefer – der zum Zerreißen angespannten Schoten und das Knarren in der gesamten Takelage übertönten sogar den Wind. Es hielt erschreckend lange an – aber dann war das Schiff glücklich durch das Wendemanöver gekommen, und alle Spieren hatten gehalten.
Das Großsegel blähte sich, und das Schiff neigte sich. Dann aber richtete es sich wieder auf und drängte sich wiegend nach vorn, wobei sich die Wogen backbord voraus brachen.
»Ich bin nicht sicher, ob unsere
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