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Die letzte Eskorte: Roman

Die letzte Eskorte: Roman

Titel: Die letzte Eskorte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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ihre Ziele wie wir alle auch.«
    Mit stiller Befriedigung verfolgte Hayden, wie Smosh den arroganten Dr. Worthing quälte, und er staunte über die geistige Wendigkeit des kleinen Klerikers. Worthing fiel offenbar keine passende Antwort ein, vermutlich weil er noch nie mit Argumenten dieser Art konfrontiert worden war. Und als es ihm dann doch gelang, ein Gegenargument zu finden – allerdings ein äußerst wackliges –, entkräftete Smosh es mit Leichtigkeit.
    In diesem Moment fand Griffiths Haydens Blick und lächelte fröhlich. Eine Bestätigung mehr für den Kapitän, dass nicht nur er die Qualen des Dr. Worthing genoss.
    Hayden verließ die Offiziersmesse, ein wenig benebelt von dem Wein. Wickham hatte sich bereits vor ihm verabschiedet und saß nun am Tisch der Midshipmen. Hayden blieb stehen, als er merkte, dass der stellvertretende Dritte Leutnant in ein furchtbar ernstes Gespräch vertieft zu sein schien.
    »Ist irgendetwas nicht in Ordnung, Mr Wickham?«, erkundigte er sich.
    Die jungen Männer am Tisch sahen einander an.
    »Ich fürchte, ja, Sir«, erwiderte Wickham leise, schien aber nicht mehr dazu sagen zu wollen.
    Hayden schaute sich kurz um – wenige Schritte hinter ihm befand sich die Offiziersmesse, die Tür stand offen. Weiter vorn hängten die Männer ihre Hängematten auf und fanden sich zur jeweiligen Backschaft zusammen.
    »Kommen Sie bitte gleich nach oben in meine Kajüte«, sagte Hayden leise, nickte den jungen Herren zu und kletterte über die Leiter aufs Batteriedeck.
    Seine Kajüte wirkte freundlich, wenngleich kühl. Unten in der Offiziersmesse war es schon allein aufgrund der Anzahl der Leute warm gewesen, doch leider hatte der Stimmung jeglicher Frohsinn gefehlt.
    Er entzündete noch ein paar Kerzen, und einen Moment darauf öffnete der Seesoldat die Tür und hieß Wickham und die anderen Midshipmen eintreten. Madison und Hobson ließen Wickham den Vortritt und blieben einen halben Schritt zurück.
    »Irgendetwas scheint Ihnen Sorgen zu bereiten«, begann Hayden und sah einen nach dem anderen an. »Mr Wickham, Sie sind offenbar zum Sprecher erkoren worden.«
    Wickham sicherte sich mit einem Blick bei seinen Kameraden ab, ehe er sich Hayden zuwandte. »Es geht um Mr Gould, Sir. In der Crew geht das Gerücht um, dass er ein Jude ist, Sir, und sich weigert, das Sakrament zu empfangen.«
    Hayden schloss die Augen. Sollte Griffiths letzten Endes doch recht behalten?
    »Und was fängt die Crew damit an?«, fragte Hayden nach und öffnete die Augen wieder.
    »Ich denke, den meisten ist es gleich, aber die Männer sind – aufgewühlt, Kapitän. Der Groll wird ...«, er suchte nach dem passenden Ausdruck, »... regelrecht geschürt.«
    »Und wer steckt dahinter?«
    Die Midshipmen tauschten betretene Blicke. »Schwer zu sagen, Sir, aber alles scheint mit Dr. Worthing angefangen zu haben. Er hat sich mit einigen der Männer angefreundet – wenn man das so sagen darf –, und im Gegenzug verbreiten sie seine – Predigten nun bei den anderen. Das führt unweigerlich zu einer Spaltung der Mannschaft, Sir.«
    Hayden hörte sich selbst seufzen. »Verflucht sei der Mann!«, brummte er. »Und wie steht es um Gould? Wie nimmt er das Ganze auf? Wo ist er jetzt überhaupt?«
    »Er hält Wache, Sir«, antwortete Hobson.
    »Noch hat sich keiner geweigert, Befehle von ihm entgegenzunehmen, Kapitän, aber einige Männer gehorchen, wie es scheint, nur widerwillig.«
    »Wir werden ein oder zwei von ihnen auspeitschen lassen müssen, Mr Wickham. Sobald Sie sehen, dass ein Mann einem Befehl von Gould nur zögerlich Folge leistet, notieren Sie sich seinen Namen. Lassen Sie die Mannschaft wissen, was es bedeutet, Dr. Worthing und dessen Ideen zu unterstützen. Ich werde mal mit einigen der älteren Matrosen reden. Sie sollen versuchen, die anderen zur Vernunft zu bringen. Und mit Worthing werde ich mich auch unterhalten.« Hayden spürte, wie Ernüchterung von ihm Besitz ergriff. Smosh mochte sich über Dr. Worthing amüsieren, doch Hayden hielt diesen Mann für einen gefährlichen Unruhestifter. »Ich werde gezwungen sein, ihn in seinem Quartier festzusetzen. Danke, dass Sie mir die Sache mitgeteilt haben.«
    Die Midshipmen schienen jedoch noch nicht gehen zu wollen. Unruhig traten sie von einem Bein aufs andere und wirkten nervös.
    »Ich vermute, Sie haben noch etwas auf dem Herzen?« Er hob eine Braue und suchte Wickhams Blick.
    Der Dritte Leutnant zögerte, straffte sich und sah Hayden direkt in die Augen.

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