Die letzte Expedition
„ich denke, wir sollten am besten erst einmal zurück auf Manjucs Quartier gehen und dort unsere unvollständig geleerten Gläser austrinken. Danach können wir ja immer noch ausgiebig trauern.“
„Ja, Morina“, bestätigte Esrun deren Vorschlag. „Und ich glaube, dass ich jetzt auch erst mal einen richtigen Schluck Alkohol brauche!“, bekräftigte Esrun, zur völligen Verblüffung der beiden anderen, die Meinung der jungen Radaroffizierin. „Auch wenn mir dieses fürchterliche Zeug überhaupt nicht schmeckt und es zudem sehr ungesund sein soll, Alkohol zu trinken, so denke ich doch, dass vor allem meine Seele solch eine ungewöhnliche Medizin jetzt dringend braucht!“
Manjuc allerdings bekam einen gewaltigen Schreck und machte dabei erst einmal ziemlich große Augen! „ Du , Esrun, du willst freiwillig meinen Met trinken?!“, staunte er und bekam sich bei diesen Worten fast nicht mehr ein! „Dass ich das noch erleben darf?! – Na los, dann wollen wir hier bloß mal keine weitere Zeit mehr verschwenden! – Auf, zu meinem Quartier!“, meinte Manjuc plötzlich etwas froh gelaunt, sprang als erster wie von einem stechwütigen Insekt in sein ehrenwertes Hinterteil gepiesackt auf und eilte schließlich zum Ausgang.
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DER LETZTE HEIMFLUG DER „OMIKRON“
In der Unterkunft von Manjuc herrschte dann jedoch nur noch tiefste Schweigsamkeit. Weder Morina, noch Esrun oder gar Manjuc selbst fanden nach den Offenbarungen des Commanders und auch denen des wissenschaftlichen Leiters jene, für diesen traurigsten und zugleich tragischsten Augenblick, den es jemals in der Geschichte der cromatinischen Zivilisation gegeben hatte, passenden Worte, um wenigstens ein einigermaßen vernünftiges Gespräch in Gang zu setzen. Manjuc füllte unterdessen stillschweigend die vom zuvor abrupt abgebrochenen Umtrunk auf dem Tisch noch herum stehenden Gläser neu auf und führte das Seinige anschließend, und dabei wie in Zeitlupe agierend, an seinen Mund. Schließlich nippte er nur ein bisschen daran, um es gleich danach wieder auf den Tisch zu stellen. Irgendwie hatte sich wohl sein Appetit auf diesen köstlichen Met schlagartig verflüchtigt, als seine Gedanken dem Raumschiff vorauseilten und sich die bevorstehende Katastrophe wie ein Film vor seinen Augen abzuspielen schien.
Morina hingegen nahm ihr frisch aufgefülltes Glas erst einmal nur in die Hand, schwenkte es ein paar Mal hin und her, so dass der leckere, goldig glänzende Inhalt darin kräftig zu kreisen begann, roch ab und zu einmal an diesem köstlichen, so ganz und gar nicht cromatinischen Getränk, starrte dabei jedoch unentwegt unsichtbare Löcher in die gläserne Tischplatte und nahm, wie Manjuc, auch keinen einzigen Schluck zu sich.
Esrun schließlich würdigte die frisch nachgefüllten Gläser keines einzigen Blickes, saß zurückgelehnt in einem von Manjucs Sesseln und versuchte, in der galaktischen Weite, welche hinter den Fenstern dieses Quartiers begann, von den unentwegt vorbeiziehenden Sternen Antworten nach dem „Wieso?“ und „Warum?“ dieser wahrhaft galaktischen Katastrophe zu finden.
Nach fast einer halben Stunde Gedanken versunkenen Schweigens fasste sich Manjuc schließlich ein Herz, setzte sich neben Morina auf die Couch, legte vorsichtig seinen linken Arm um ihre Schultern und versuchte dabei mit tröstenden Worten die allgemeine Niedergeschlagenheit, welche hier in diesem Raume herrschte, und natürlich ganz besonders die Niedergeschlagenheit seiner Angebeteten, zu lösen.
„Wisst ihr was, Kinder?“, begann er auf etwas humorige Art die Aufmerksamkeit der beiden zu erlangen. „Für uns als Cromatiner muss das Ende unseres Heimatplaneten doch noch nicht unbedingt bedeuten, dass auch unsere cromatinische Zivilisation am Ende ist! – Wir kennen mittlerweile eine ganze Reihe von Planeten – und ich hoffe, dass es demnächst und durch das Wissen unserer neuen Freunde, der Tauraner, noch eine ganze Menge mehr werden – auf welchen wir uns in Zukunft dann auch ansiedeln könnten! – Da gibt es zum Beispiel als allererstes den Planeten Erde!“ Jetzt merkte er anhand der Blicke seiner beiden Zuhörer, dass er anscheinend nun doch deren Aufmerksamkeit erregt hatte, und setzte daraufhin seine Aufmunterungsrede fort. „Dort wohnt zwar schon die intelligente Spezies ‚Menschen‘, welche uns genetisch so sehr gleicht, dass man sie sogar mit uns verwechseln könnte – außerdem befinden sich diese ‚Menschen‘ noch im
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