Die letzte Fahrt des Tramp Steamer
Vertragsbedingungen der Bashurs annahm. Noch heute kann ich mich nicht mit absoluter Sicherheit an sämtliche Klauseln erinnern. Das Einzige, was mir noch deutlich im Gedächtnis haftet, sind die wenigen, aber bestimmten Bemerkungen von Abduls Schwester über die Art, wie das Schiff unter geschäftlichem Gesichtspunkt betrieben werden sollte: ›Ich will nicht, dass Sie sich verpflichten, eine Ladung zu transportieren, die irgendein Risiko bedeutet. Auch die kleinste Reibung mit den Versicherungsgesellschaften und Zollbehörden muss vermieden werden‹, erklärte sie und schaute dabei den Gaviero und ihren Bruder mit überdeutlicher Absicht an. Die beiden waren in Handeln dieser Art offenbar Experten, denn sie lächelten sich zu, machten aber keine Bemerkung. Eine weitere Bedingung, die Warda ebenfalls nachdrücklich stellte, werde ich nie vergessen können, Sie werden später sehen, weshalb: ›Ich wünsche die geschäftliche Seite des Unternehmens in regelmäßigen Abständen persönlich zu überwachen. Deshalb werden Sie mich über Ihre Routen bitte auf dem Laufenden halten, Kapitän, und ich teile Ihnen dann mit, in welchem Hafen wir uns sehen müssen. Es versteht sich von selbst, dass Sie bei allem, was Unterhalt, Anheuern von Personal und Fahrten der Alción betrifft, vollkommen freie Hand und absolute Autonomie haben.‹«
Iturri stimmte sogleich zu, ohne darauf zu achten, was diese künftigen Begegnungen und die Verantwortung bedeuten konnten, die es mit sich brachte, wenn er über seine Arbeit Rechenschaft ablegte. Man vereinbarte, die notarielle Regelung des Vertrags und den entsprechenden Eintrag beim Hafenamt in Pola so rasch als möglich vorzunehmen. Warda stand als Erste auf, um sich zu verabschieden. Sie wolle etwas ausruhen, sagte sie, denn sie habe die ganze Nacht von Wien hierher in einem abscheulichen Zug verbracht. Als sie Iturri die Hand gab, sagte sie halb im Ernst, halb lächelnd zu ihm: »Ich bin sicher, die Alción wird einen ausgezeichneten Kapitän haben und Sie eine Partnerin, die Ihnen keine Schwierigkeiten bereitet. Sagen Sie, stammte Ihr Vater oder Ihre Mutter aus England?« – »Nein«, antwortete er amüsiert, denn er kannte den Grund der Frage. »Alle meine Vorfahren sind Basken und haben seit Jahrhunderten in derselben Gegend gelebt. Wenn Sie mich wegen des Namens fragen, so ist es ein schlichter Zufall. Jon ist ein ebenso baskischer Name wie Iñaki. Er schreibt sich ohne das h des englischen Namens.« –»Sehr gut. Ich werde daran denken. Ich hätte ihn mit h geschrieben und mich dann blamiert.« Jon machte nur eine Bewegung mit dem Kopf, um anzudeuten, dass das ohne Bedeutung sei. Die drei Männer blieben noch eine Weile sitzen, um einige Details des Vertrags zu bereinigen. Dann gingen sie in eine Hafenkneipe essen. Die Unterhaltung drehte sich um Seegeschichten, die fast alle vom Gaviero stammten, dessen Erfahrung auf diesem Gebiet anscheinend unerschöpflich war. »Mein erster Eindruck von Bashurs Teilhaber änderte sich vollkommen«, sagte der Baske. »Ich sah, dass meine provinziellen und nationalen Vorurteile mich daran gehindert hatten, auf den ersten Blick den enormen Erfahrungsreichtum und die tiefe, warme Menschlichkeit dieses Mannes wahrzunehmen, dessen Nationalität ich nie herausfand, ebenso wenig wie die Aussprache seines Namens, der entfernt etwas Schottischem verwandt war, aber auch türkisch oder iranisch hätte sein können. Später erfuhr ich, dass er einen zypriotischen Pass hatte. Aber das will nichts besagen, denn er selbst deutete an, ich solle der Echtheit des Dokuments nicht trauen.«
Am nächsten Tag kehrten Bashur und sein Freund nach Antwerpen zurück. Warda sagte, auch sie werde nach Wien zurückfahren, sobald die Papiere bereit wären, die sie gemeinsam mit Jon zu unterzeichnen hatte. Das geschah einen Tag nach Bashurs Abreise. Iturri brachte seine Siebensachen aufs Schiff und richtete seine Kajüte mit musterschülerhafter Genauigkeit ein. Dort würde er eine unbestimmte Zeit verbringen, jedoch nicht weniger als zwei Jahre, wie es im Vertrag hieß. Dann hatte er ein Treffen mit vier Maschinisten und einem Obermaat, die man ihm auf dem Hafenamt empfohlen hatte, und suchte schließlich auf einigen an den großen Eingangstoren zu den Molen angeschlagenen Listen mit freiem Personal den Rest der Mannschaft. Als er eine der Listen studierte, überraschte ihn Warda Bashurs Stimme, die ihm von hinten fast direkt ins Ohr sagte: »Ich würde diesen Listen
Weitere Kostenlose Bücher