Die letzte Fahrt des Tramp Steamer
Geschäften zu schaden. Iturri würde nach Abzug der Spesen und der Steuern über die Hälfte der Gewinne verfügen. Der Vorschlag war interessant, aber bevor er eine Entscheidung treffen konnte, galt es zwei Grundbedingungen zu erfüllen: das Schiff kennen zu lernen und mit der Eignerin zu sprechen. Als er diese erwähnte, bemerkte der Kapitän einen Schatten im Blick des Gaviero. Mehr als ein Schatten, war es eigentlich eine vorweggenommene, dunkle Neugier angesichts dessen, was diese Begegnung jemandem wie diesem Fremden bescheren würde, der von den verborgenen Gehöften eines Landes stammte, in dessen Bergen ein unberechenbarer Menschenschlag wohnt. Dass dies alles im Blick des Gaviero lag, konnte eine nachträgliche Interpretation meines Reisegefährten sein – und war es sicherlich auch. Vorsichtiger ist die Annahme, was in den Augen von Bashurs Teilhaber zu lesen war, sei ein ›Du wirst schon sehen‹ voll ungewisser Versprechen gewesen.
Bashur war mit den Bedingungen einverstanden. Die Kosten für die Reise nach Pola würden zu Lasten der Tramp-Steamer-Eignerin gehen. Iturri musste in Antwerpen noch einige unerledigte Angelegenheiten in Ordnung bringen, und man vereinbarte, eine Woche später nach Italien abzureisen. Diese Zeit verbrachte er damit, Angaben über Bashur und seine Teilhaber zusammenzutragen. Ich sagte bereits, welches die Ergebnisse dieser Nachforschungen waren. Der Geschäftsführer einer spanisch-französischen Bank, mit dem Iturri gut befreundet war und ab und zu einige Partien Billard spielte, fasste seine Meinung in Worte, die das Paar sehr genau charakterisierten: »Sehen Sie, das sind Leute, die ihr Wort halten und versuchen, mit ihren Verpflichtungen à jour zu sein. Sie haben zusammen bei vielen Dingen die Hand im Spiel. Nicht alle davon würden genau in den Rahmen des Gesetzes passen. Dieser Gaviero beispielsweise ging mit einer Triesterin, die auch Geliebte von Bashur war, ohne dass deswegen die Freundschaft der beiden Schaden genommen hätte. Der Einfallsreichtum dieser Dame, was die erstaunlichsten und gewagtesten Finanztransaktionen anging, reichte ins Unglaubliche. Sie überstanden alles gut, und schließlich lachten sich die drei beinahe tot. Ich glaube nicht, dass Bashurs Brüder ihm so weit folgten. Sie sind vernünftiger, seriöser, deswegen aber nicht weniger unerbittlich, wenn ein Gewinn winkt. Von der Schwester weiß ich nicht sehr viel. Mir scheint, bis dahin haben sie sie verborgen gehalten. Sie wissen ja, wie das bei den Moslems ist. Wenn sie sich jetzt unabhängig machen will, muss sie eine fantastische Charakterstärke haben. Sie müssen eben hingehen, sie sehen und sprechen.«
So tat er. Hier werde ich mich gezwungen sehen, meiner Erinnerung so genau wie möglich zu folgen, um Iturris Worte wiederzugeben. Wenn die Begegnung mit Warda auf der Alción nicht mit bestimmten Elementen erzählt wird, die er ganz besonders hervorhob, läuft sie Gefahr, in die abgedroschene Belanglosigkeit der Regenbogengeschichten abzugleiten. Nichts könnte die Schilderung so sehr verfälschen, ihr das Verhängnisvolle, Unerträgliche nehmen, wie wenn sie diese Tönung erhielte. Ich werde also versuchen, mich mit größter Genauigkeit auf die Worte meines Freundes zu beschränken.
Sie kamen abends in Pola an, nach einer fast zweitägigen Reise mit häufigem Umsteigen und langen Wartezeiten auf Bahnhöfen, die wegen der endemischen Streiks halb paralysiert waren. Bashur und der Gaviero gingen auf die Mole, da sie auf dem Schiff schlafen wollten. Der Kapitän übernachtete lieber in einem Hotel am Hafen. Außerdem hatte er den Eindruck, sie wollten zuerst ohne Zeugen mit der Besitzerin der Alción sprechen. Jon fiel wie erschlagen ins Bett und schlief bis zum andern Morgen um neun. Als er das Fenster öffnete, sah er, dass er sich gegenüber den Molen befand. Man brauchte nur die Straße zu überqueren, und schon war man dort. Von allen Schiffen, die im Hafen geladen und gelöscht wurden, sah er keins, das genau die Eigenschaften dessen aufwies, welches in Kürze seines sein konnte, wenn auch nur zum Teil. Er erinnerte sich daran, dass man ihm gesagt hatte, es liege für einige unbedeutende Reparaturen in der Werft. Als er hinunterging, erwarteten ihn Bashur und sein Freund auf der Straße. Sie spazierten vor der Hoteltür auf und ab, in ein Gespräch vertieft, das nichts mit dem Grund der Reise zu tun hatte. Diese beiden Schlaumeier müssen wesentlich verwickeltere und
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