Die letzte Flucht
dass ich die Akten des Falls studiere – und dass ich den Fall übernehme. Das kann dauern.«
»Was möchtest du?«
»Ich möchte mit dir in deinem Bett liegen.«
Ihm war, als könnte er Olga lächeln sehen.
Er hörte sie auf einer Computertastatur klappern.
»Wir können beides verbinden«, sagte sie.
»Wie das?«
»Ich komme nach Berlin. Es gibt eine Überraschung.«
»Eine Überraschung? Was für eine Überraschung?«
»Wenn ich’s jetzt verraten würde, wär’s ja keine mehr. Ich bin heute Abend in Berlin. Hast du ein großes Bett in deinem Hotel?«
»Französisch. King Size.«
»Perfekt! Ich freue mich, es kennenzulernen.«
Er ging zurück ins Café.
»Ich werde die Akten lesen«, sagte er.
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12. Zweiter Tag
Assmuss lag auf dem Bett und wartete, dass sein Entführer erschien. Er hatte schlecht geschlafen, meist hatte er wach gelegen, gegrübelt, erst in den frühen Morgenstunden, als es schon hell wurde, war er unruhig eingeschlafen, immer wieder unterbrochen von fürchterlichen Albträumen, bis er sich davor fürchtete, erneut einzuschlafen. Er war fast froh, als er das Drehen des Schlüssels im Schloss der massiven Tür hörte. Der Mann, maskiert wie am Tag zuvor, trug in jeder Hand einen weißen großen Plastikbeutel und stellte sie auf den Tisch.
»Ich hoffe, Sie konnten schlafen«, sagte er.
Dann trat er zum Bett und schloss die Handschelle auf, die am Bett befestigt war.
»Stubendienst«, sagte er. »Tragen Sie den Eimer in die Toilette.«
Assmuss nahm den Eimer und trug ihn zu der immer offen stehenden kleineren Tür. Dahinter lag ein kleines Bad mit Toilette, Badewanne und einer Waschgelegenheit. Auf einem schmalen Bord lagen Seife, eine Zahnbürste und Zahnpasta.
Assmuss kippte den stinkenden Inhalt des Eimers in die Toilette und betätigte die Spülung. Anschließend füllte er den Eimer mehrmals mit Wasser, um ihn zu reinigen.
Der Maskierte zog einige Kleidungsstücke aus einer der weißen Tüten und drückte sie Assmuss in die Hände.
»Ich hoffe, es passt«, sagte er. »Sie können jetzt duschen.«
Assmuss stand eine halbe Stunde unter der heißen Dusche. Er hatte Handschelle und Kette immer noch am Arm. Aber immerhin ließ ihn der Mann hier allein. Es war gar nicht so einfach gewesen, Hemd und Unterhemd auszuziehen, denn er musste die Kette durch die Ärmel ziehen, und auch unter der Dusche scheuerte sie bei jeder Bewegung auf dem Boden der Badewanne.
Ob ich den Kerl umrennen kann? Gewicht gegen Kraft. Der Maskierte hatte die Ausgangstür nicht abgeschlossen.
Er würde es versuchen.
Assmuss holte tief Luft. Er musste den Überraschungseffekt nutzen.
Umrennen und sofort raus.
Das war der Plan.
Er trocknete sich ab.
Der Maskierte hatte ihm Unterwäsche, ein T-Shirt und einen Trainingsanzug mitgebracht. Und dicke Baumwollsocken. Es dauerte ein paar Minuten, bis er die Kette durch den Ärmel der Trainingsjacke gezogen hatte.
Vor der Tür blieb er stehen und konzentrierte sich. Auf in den Kampf!
Dann stieß er die Tür auf.
Und blickte in die Mündung eines Revolvers.
»Versuchen Sie es besser gar nicht«, sagte der Mann.
Assmuss’ Widerstandswille entwich wie die Luft aus einem kaputten Fahrradreifen.
»Gehen Sie zum Bett und schließen Sie die Handschelle um den Bettpfosten.«
Assmuss tat es.
Keine Flucht.
Er würde auf die nächste Gelegenheit warten.
»Mögen Sie Bagels?«
Assmuss nickte resigniert.
»Die besten in der Stadt.«
Assmuss aß.
Er hatte Hunger. Die Bagels waren gut, bestrichen mit Frischkäse, darauf zwei Scheiben Lachs, Meerrettich, eine Zitronenscheibe und zwei Salatblätter. Der Entführer schien Wert auf gutes Essen zu legen.
»Kaffee?«
Assmuss nickte.
Der Mann ging zum Herd und stellte ihn an. Aus dem Kühlschrank holte er eine Dose Espressopulver, nahm eine kleine Espressokanne aus dem Schrank, füllte das Pulver ein und stellte die Kanne auf die Herdplatte.
»Milch?«
»Danke. Lieber schwarz und süß.«
Der Maskierte nickte und hantierte weiter am Herd.
Als Assmuss den ersten Bagel gegessen hatte, war der Kaffee fertig.
»Schmeckt wie beim Italiener.«
Assmuss sah, wie sich unter der Maske die Mundmuskulatur veränderte. Der Entführer schmunzelte.
»Hören Sie«, sagte Assmuss und nahm noch einen Schluck Kaffee, »unsere Firma macht keine illegalen Geschäfte, wenn es das ist, was Sie von mir wissen wollen.«
Der Maskierte sah ihn an und reagierte nicht.
Assmuss sprach schnell weiter: »Wenn Sie meinen, wir
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